Organisiert wird die Veranstaltung vom "EU-US Forum", einem erzkonservativen US-Thinktank, der es sich zur Mission gemacht hat, "zu verhindern, dass radikale, linke Ideen aus der EU von der US-Politik übernommen werden". Gegründet wurde es im März von Matt Mowers, ein Politikberater, der einst ebenfalls unter Trump im US-Außenministerium gearbeitet hat.
Auch Mowers ist ins Ritz-Carlton gekommen. Er ist ein gestriegelter Mittdreißiger mit auffällig geraden Zähnen. Es mache ihn stolz, dass rechte Parteien bei der vergangenen EU-Wahl so gut abgeschnitten haben, sagt Mowers. Schließlich habe sein Team im Vorfeld rund eine Million Dollar für "Informationskampagnen" ausgegeben.
Das Geld dafür komme von "privaten Spendern", sagt Mowers, mehr nicht. Warum er das Event ausgerechnet in Wien veranstaltet, ist ihm ebenso wenig zu entlocken: "Unsere letzte Veranstaltung fand in Rom statt, wir sind also nicht immer am selben Ort", sagt er lächelnd. "Und Wien ist einfach eine wunderschöne Stadt."
Harris ist "eine San-Francisco-Radikale", Biden hat "den Nahostkrieg finanziert"
Zurück zum Gespräch auf dem Podium, wo sich Grenell inzwischen auf die Demokratin Kamala Harris eingeschossen hat. Die sei eine "San-Francisco-Radikale", die sich "mit gespitzten Ellenbogen" als Quotenfrau an die Spitze gekämpft habe. Sie wolle rotes Fleisch ebenso verbieten wie Verbrennungsmotoren und sei "mit Abstand die wokeste Demokratin in Kalifornien".
In dieser Tonlage geht es weiter, kein Vergleich zum sanften Jazz zuvor. Grenell sagt, die Biden-Regierung habe "den Nahostkrieg finanziert", indem sie die US-Sanktionen gegen den Iran aufweichte. Das Geld sei direkt an islamische Milizen wie die Hamas und die Hisbollah geflossen.
Auch am Krieg in der Ukraine sei Biden schuld, weil er der deutschen Regierung nicht verbot, die Gaspipeline Nord Stream II zu bauen. Damit hätten die USA Russland gegenüber Schwäche signalisiert: "Ich bin überzeugt, das war der Moment, an dem Putin gesagt hat: 'Jetzt greife ich die Ukraine an'."
Das Publikum lauscht Grenells Erläuterungen gebannt. Lauter wird es erst, als er die Europäische Union ins Visier nimmt. "Ja, genau", ruft ein älterer Herr mit Hornbrille, als Grenell die EU-Spitze als "Feinde der Freien Meinungsäußerung" bezeichnet, weil sie die vom US-Milliardär aufgekaufte Social-Media-Plattform X (früher Twitter) stärker regulieren will.
Journalisten sind "wie Babys": "Ich genieße es, wenn sie sich winden"
Grenell ist jemand, der kein Blatt vor den Mund nimmt, das wird in diesen Minuten deutlich. Er selbst führt das auf seine Krebsdiagnose vor zehn Jahren zurück: "Seitdem denke ich nicht mehr darüber nach, was die Leute über mich denken." Vor allem mit den Medien gehe er nun anders um.
"Journalisten sind wie Babys", sagt er und nimmt Blickkontakt zu den anwesenden Medienvertretern auf. "Sie teilen ständig aus, weinen aber, sobald man Kritik zurückgibt. Ich genieße es, wenn sie sich winden."
Kann jemand, der sich so äußert, in Zukunft noch für einen Diplomatenposten infrage kommen? Das will auch Moderator Benson wissen - er fragt jedoch gleich, ob Grenell mit Trump über das Amt des Außenministers gesprochen habe.
"Ich rede nicht öffentlich über meine Gespräche mit dem Präsidenten", weicht Grenell aus. Dann fügt er grinsend hinzu, die USA bräuchten aus seiner Sicht ein "Arschloch" ("son of a bitch") als Außenminister. Denn: "In Wahrheit profitiert die Welt, wenn die USA in erster Linie auf sich selbst schauen."
Nach rund einer Stunde ist das Gespräch vorbei, Zeit für Fragen ist keine vorgesehen. Während Organisator Matt Mowers und sogar Serbenführer Milorad Dodik sich also anschließend bei Kaffee und Kuchen den "Babys" stellen, haben Benson und Grenell den Ballsaal längst verlassen.
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