Prinz Philips Begräbnis: „Das ist unser Zeichen, dass wir an ihn denken“
Anna-Maria Bauer, Windsor
Kurz vor dem Ziel wird es noch einmal deutlich: „Versammeln Sie sich nicht an royalen Residenzen“ leuchtet es Rot und Orange von der grauen Autobahntafel der M3 kurz vor der Abfahrt Windsor.
Eine Bitte, die den Engländern nicht leicht abzuverlangen ist. Hunderttausende wohnen gewöhnlich einem Begräbnis der Königsfamilie bei. Queen Mum haben 2002 insgesamt zwei Millionen Menschen ihre letzte Ehre erwiesen. Doch Corona ändert wieder einmal alles: Die Trauerfeier von Prinz Philip findet mit nur 30 Gästen statt. Vielen zollen ihm auf anderem Wege Tribut. Je näher man Samstagvormittag Schloss Windsor kommt, desto mehr häufen sich Fotografien und Fahnen in Schaufenstern.
Flaggen auf halbmast
In den Ortskernen wehen Union-Jack-Flaggen auf halbmast. Auch im Vorgarten eines Privathauses in Wraysbury, nur einen Steinwurf von Windsor entfernt. „Das ist unser kleines Zeichen, dass wir an ihn denken“, erzählt die Bewohnerin Joy Burry dem KURIER. „Ich sehe mich als Monarchistin, ich würde mich also nie der Queen widersetzen. Wir werden das Begräbnis vom Fernseher aus mitverfolgen.“
Einige haben es sich aber doch nicht nehmen lassen. Ein dünner Strom Menschen zieht bei strahlend blauem Himmel über „The Long Walk“ Richtung Schloss. Bereits ein paar hundert Meter vor der Mauer stoßen sie auf Absperrungen. „The King’s Troops“, die königliche berittene Artillerie, zieht mit drei Kanonen im Schlepptau ein. Einer der Menschen, die begeistert ihre Kameras auf die Reitertruppe richten, ist der 65-jährige Andy Stephenson, „A true royalist“, wie er selbst sagt. Er ist 40 Meilen weit gekommen – „aber nur, weil meine Tochter mitreitet“, versichert er schnell.
Obwohl, wenn er ganz ehrlich ist, findet er es doch schön, heute in Windsor zu sein.
Seit 20 Jahren führt Tony Dawson „The Windsor Castle“, ein Pub direkt an der Promenade „The Long Walk“. Bei großen royalen Events stehen die Menschen gewöhnlich dicht gedrängt bis vor seinem Lokal. Dass dem heute nicht so ist, findet er schade: „Wir können Philip nicht die letzte Ehre zu teil werden lassen, die ihm gebührt.“ Dawson lässt jedenfalls um 3 Uhr, wenn die Trauerfeier in der Sankt-Georgs-Kapelle beginnt, die Pub-Glocke läuten.
Die verwinkelten Gassen von Windsor füllen sich am frühen Nachmittag. Doch nicht alle sind anlässlich des Begräbnisses gekommen. „Wir wussten bis heute früh gar nicht davon“, sagt der gebürtige Portugiese Paolo Calvez, der in Oxford wohnt und nur einen Ausflug machen wollte.
Lange Anreise
Darüber kann Anita Atkinson mit Prince-Philip-Mund-Nasenschutz in der Hand nur den Kopf schütteln. Sie wohnt in der nördlichen Grafschaft Durham und ist Freitagabend ins Auto gestiegen, um rechtzeitig hier zu sein.
Sie hat vorhin noch ein Kondolenzbuch abgegeben, an dem sie die ganze vergangene Woche gearbeitet hat, mit Sprüchen und Abschiedsworten von ihren Nachbarn. Dass sie nichts vom Begräbnis mitbekommt, stört sie nicht. „Es geht darum, der Queen zu zeigen, dass wir hier sind, dass wir an sie denken.“ Atkinson sitzt auf einer Bank nahe dem Besuchereingang.
Ganz leise dringt „God save the Queen“ aus dem Schlossinneren, dumpf ist der Kanonenschuss zu hören, der den Beginn der Zeremonie markiert. Ein Raunen geht durch die Menge – und dann ist es trotz der vielen Menschen still. Bis eine Umwelt-Aktivistin mit nacktem Oberkörper über die Straße läuft. Ein Akt der Rebellion zum unpassendsten Moment. Vielleicht hätte aber gerade Prinz Philip geschmunzelt.
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