Warum wächst bei der Verabschiedung des Prinzgemahls die kleine Trauergemeinde vor Ort zu einer so großen an? Warum weinen Menschen in aller Welt mit der Queen, die in ihrer Trauer so einsam, zusammengekrümmt in der ersten Reihe der St. George’s Kapelle sitzt? Warum schafft das englische Königshaus, wovon Schweden, die Niederlande oder Belgien nur träumen können?
Das hat zunächst, neben der unleugbaren Kraft von Märchen, mit Medien zu tun. In einer auf Bilder fokussierten Welt sind die Windsors wie Stars einer Telenovela. „Sturm der Liebe“ auf royal, aber mit weniger Folgen. Man will wissen, was Inside Buckingham passiert, ob’s stimmt, ist nicht so wichtig. Realität und Fiktion verschwimmen.
Die jungen Windsors wiederum passen gut in die Social-Media-Welt von heute: Durch Foto-Galerien scrollen, schnell ein Herzerl verteilen oder Meghan dissen – ideal für den kurzen Dopaminschub und für Gut-Böse-Schubladen.
Die Faszination der Royal Family hat aber auch handfeste politische Gründe: Sie ist mächtig, aber eigentlich gar nicht. Man kann ihr gefahrlos zuschauen, während jeder Satz eines echten Politikers bedrohliche Auswirkungen haben könnte. Windsor-Schauen ist politisch harmlos, meist schön bunt, etwas für Nostalgiker, wie eine Flucht vor der echten Politik.
Was die Familie auch attraktiv macht: Sie muss sich nicht nach Umfragen richten. Die Queen ist das radikale Gegenmodell zum Populismus, obwohl ausschließlich für das Volk da. Wie die Figur eines Gesellschaftsspiels, am ehesten dem Schach vergleichbar. Dame, König, viele Bauern – und es endet meist mit Remis, weil es um nichts geht.
Am Königshaus lässt sich aber auch der Wandel der Welt ablesen. Allein Philips 99 Jahre: Wie sich die Haltung zu Kolonien geändert hat, wie Europa schrumpfte oder wie der Herrenwitz an Akzeptanz verliert – dank der Windsors wissen wir, dass selbst die Monarchie mit der Zeit geht.
Das ist jedenfalls nicht das Finale von „The Crown“, das hat auch die Trauerfeier gezeigt. Da gibt’s noch viele Staffeln.
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