Nach "Entnazifizierungs"-Drohung: Straßensperren und Sirenen im Nordkosovo

Nach "Entnazifizierungs"-Drohung: Straßensperren und Sirenen im Nordkosovo
Vučić forderte alle Seiten auf, den Frieden zu bewahren, warnte aber: "Wenn sie den Frieden nicht bewahren wollen, dann sage ich Ihnen, dass Serbien gewinnen wird."

Luftschutzsirenen in Mitrovica im Norden des Kosovo, ein großes Aufgebot an Einsatzfahrzeugen, Straßensperren – seit Sonntagnachmittag herrscht große Ungewissheit in der Region. "Es gibt meines Wissens nach noch keine Zusammenstöße, doch die Lage ist unklar", sagt eine Serbin aus Mitrovica zum KURIER. Seit einer Stunde würden die Sirenen heulen.

Die kosovarische Polizei teilte am Sonntagabend mit, dass sie die Grenzübergänge Bernjak und Jarinje wegen der dort errichteten Straßensperren für den Verkehr geschlossen hat. Andere Grenzübergänge funktionieren nach Angaben der Polizei normal. Die Barrikaden sollen von militanten Serben errichtet worden sein.

Die Sirenen ertönten zu einem Zeitpunkt, als die Behörden des Kosovo sich darauf vorbereiteten, ab morgen, 1. August, von Serben, die den Kosovo besuchten, zu verlangen, dass sie ihren serbischen Reisepass durch einen vorläufigen Ausweis ersetzen und serbische Nummernschilder im Land durch kosovarische Kennzeichen ersetzen. Kosovarische Bürger müssen sich schon seit längerer Zeit beim Grenzübertritt nach Serbien ein provisorisches Dokument ausstellen lassen.

Am Sonntag erklärte der serbische Präsident Aleksandar Vučić laut dem Fernsehsender N1, dass sich Serbien "noch nie in einer komplexeren und schwierigeren Situation befunden hat als heute".

Vučić forderte alle Seiten auf, den Frieden zu bewahren, warnte aber: "Wenn sie den Frieden nicht bewahren wollen, dann sage ich Ihnen, dass Serbien gewinnen wird."

Ein Zitat, das Vučić am Sonntagabend bei seiner Ansprache wiederholte.

Lawrow-Sprecherin äußerte sich auf Twitter

Außerdem schrieb der serbische Politiker Vladimir Đukanović am Sonntag auf Twitter: "Alles sieht für mich danach aus, dass Serbien gezwungen sein wird, die Entnazifizierung des Balkans zu beginnen." Mit dieser Bezeichnung rechtfertigte Russland seinen Angriff auf die Ukraine im Februar.

Maria Zakharova, Sprecherin des russischen Außenministers Sergej Lawrow, äußerte sich auf Twitter: "Russland fordert Pristina und die dahinter stehenden USA und die EU auf, die Provokationen einzustellen und die Rechte der Serben im Kosovo zu respektieren."

Der kosovarische Premierminister Albin Kurti rief die kosovarische Bevölkerung am Sonntag auf, den Ankündigungen der Regierung zu vertrauen und sich "nicht von den Belgrad-Medien" desinformieren zu lassen. Er bestätigte Schüsse an der serbisch-kosovarischen Grenze; verletzt worden sei aber niemand. "Die kommenden Stunden, Tage und Wochen können herausfordernd und problematisch werden", sagte er. Man werde dennoch "Tag und Nacht für unseren demokratischen Kosovo kämpfen".

Mandl: "Inakzeptabel"

Der EU-Parlamentarier Lukas Mandl, ÖVP-Außenpolitik- und Sicherheitssprecher, sagte gegenüber dem KURIER: "Die Sprache von Vučić und Đukanović ist unerträglich und inakzeptabel. Wer den Frieden bewahren will, sollte bei der eigenen Wortwahl beginnen. Serbien hat den Kosovo jahrzehntelang an der Nase herumgeführt. Aber alle Seiten sind gefordert, Gewalt unter allen Umständen zu vermeiden. Wer Gewalt als Mittel der Aggression einsetzt, setzt sich selbst ins Unrecht."

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