Spannungen am Balkan: Kroatien verwehrte Serbien-Präsident Vučić die Einreise

Spannungen am Balkan: Kroatien verwehrte Serbien-Präsident Vučić die Einreise
Der serbische Präsident wollte eine Gedenkstätte in Kroatien besuchen. Die kroatische Regierung erteilte ihm ein Einreiseverbot.

Am Westbalkan gibt es einige ewige Zankäpfel. So etwa die Schlacht auf dem Amselfeld, den Kosovo selbst, Jugoslawien-Gründer Josip Broz Tito, das Massaker von Srebrenica und ein paar weitere, die außerhalb der Grenzen des Balkans weniger bekannt sind. Dazu gehört Jasenovac.

In dem zentralkroatischen Dorf steht seit 1959 eine Gedenkstätte, die der in Wien lange tätig gewesene und verstorbene jugoslawische Star-Architekt Bogdan Bogdanović entworfen hat. Erinnern soll die imposante "Steinerne Blume" an die zahlreichen KZ-Opfer, die hier am Ufer der Save im Zweiten Weltkrieg eingesperrt und hingerichtet wurden. In Jasenovac stand zwischen 1941 und 1945 das größte Konzentrationslager, das auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens errichtet wurde. Genauer gesagt entstand das berüchtigte Vernichtungslager auf dem Territorium, das damals zum sogenannten Unabhängigen Staat Kroatien (NDH), einem kroatischen Vasallenstaat der Achsenmächte, gehörte. 

Betrieben wurde die Todesfabrik von Anhängern der faschistischen Ustascha-Bewegung, die von Ante Pavelić, einem Verbündeten Adolf Hitlers, angeführt wurde. Dementsprechend landeten in Jasenovac diejenigen, die das Pavelić-Regime für unerwünscht erklärt hatte, in erster Linie Roma, Juden - und Serben. Seit dem Zweiten Weltkrieg wird zwischen den Serben und Kroaten darüber gestritten, wie viele Menschen denn nun tatsächlich in Jasenovac ums Leben kamen. Die Serben gehen von einer viel höheren Opferzahl als die Kroaten aus. Das Problem: Jegliche Aufzeichnungen über ihre Taten vernichteten die Ustascha gründlich. Die Experten gehen aber von 80.000 bis 100.000 Menschen, die hier ihr Leben verloren. 

(Un)angekündigter Besuch

Diesen Menschen wollte am vergangenen Wochenende der serbische Präsident Aleksandar Vučić gedenken. Privat, heißt es. Der serbische Präsident beabsichtigte, "an dem heiligen Ort, an dem Hunderttausende Serben getötet wurden, nur Blumen niederzulegen und eine Kerze anzuzünden", betonte der serbische Außenminister Nikola Selaković.

Vučić kündigte den Besuch jedoch als privat an und informierte darüber nur den Vertreter der Serben in Kroatien, Milorad Pupovac. Dieser sollte, "falls er es für angebracht halte", so die kroatische Zeitung Jutarnji List, auch die Regierung Kroatiens über Vučićs Besuch informieren. Pupovac tat dies schließlich, womit der Skandal geboren war.

Einreiseverbot

Die Regierung des kroatischen Ministerpräsidenten Andrej Plenković reagierte mit einem Einreiseverbot. Die Absicht des serbischen Präsidenten Vučić, zu einem unangekündigten Privatbesuch nach Jasenovac zu kommen, ist ein Akt der Verletzung von Protokollen, da ein Staatsoberhaupt eine geschützte Person ist und Besuche von Präsidenten offizielle Vorbereitungen erfordern, begründete der kroatische Außenminister Gordan Grlić-Radman am Sonntag die Entscheidung. "Die Republik Kroatien wurde nicht offiziell informiert, und das ist inakzeptabel. Wir empfinden es als böse Absicht. Wir haben erkannt, dass dieser Besuch nicht aufrichtig war und kein Tribut an die Opfer war, sondern das Ergebnis der Erfüllung interner politischer Bedürfnisse - kurz vor der Bildung der serbischen Regierung", sagte Grlić-Radman.

Plenković sei über Vučićs Plan empört gewesen und glaube, dieser wolle damit "Chaos in Kroatien stiften". 

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Die serbischen Klatschblätter am Sonntagmorgen

Das Wort Ustascha auf den Titelseiten

Die serbischen Tabloide, denen nachgesagt wird, zur Vučićs Propagandamaschinerie zu gehören, reagierten umgehend und produzierten Titelseiten, die wie Giftpfeile gegen das Nachbarland aussehen. "Unerwünscht in Jasenovac", schrieb Vesti, in dieselbe Kerbe schlug Večernje novosti mit "Sie verboten Vučić, der Opfer zu gedenken". Viel weiter gingen andere Klatschblätter. "Ustascha verboten Vučić, Jasenovac zu besuchen" heißt es auf der Titelseite von Informer, "Der Angriff der Ustascha auf Vučić" auf der Titelseite von Objektiv

Der serbische Präsident meldete sich per Instagram zu Wort. "Macht ihr nur euren Job! Das serbische Volk wird weiter leben und niemals vergessen", schrieb er. Sein Innenminister Aleksandar Vulin kündigte bereits spezielles Kontrollregime für durch Serbien reisende kroatische Diplomaten an.

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