Ganz knappes Rennen bei US-Wahl: Trump legt bei Minderheiten zu
Pflichtsiege sowohl für Donald Trump als auch für Joe Biden - aber keine klaren Durchbrüche in potenziell wahlentscheidenden Bundesstaaten, die am Ende den Ausschlag darüber geben werden, welcher der beiden Kandidaten fürs Weiße Haus zuerst die nötigen 270 Stimmen im Wahlmänner-Gremium erreichen wird. Das ist der Stand der Dinge - 7:15 Uhr MEZ - bei den Präsidentschaftswahlen in den USA.
Der Amtsinhaber hat Florida gewonnen. Für Trump ein Muss, andernfalls wäre seine möglichen Wege zu Sieg schon früh am Abend sehr eng geworden. Auch in Schlüssel-Staaten wie North Carolina und Ohio lag Trump gut im Rennen, letzteres sist ihm nicht mehr zu nehmen. Umfragen-Vorsprünge für Biden wurden in der Wahlnacht aufgezehrt. Auf der anderen Seite deuteten sich für den demokratischen Herausforderer positive Signale in Texas an, wo seit 1976 kein Demokrat mehr gewonnen hat. Biden lag dort in einigen Landkreisen besser als Hillary Clinton 2016 im Rennen.
Aber: Aussagen darüber, ob der 77-Jährige den "Lone Star State" am Ende gewinnen kann, lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht treffen. Dagegen gibt es relevante Trends: Joe Biden hinkt in der wichtigen Wählergruppe der Latinos teilweise hinter den Ergebnisse von Clinton hinterher. In Florida konnte Amtsinhaber Donald Trump seine Werte bei Hispanics vor allem kubanischer Herkunft verbessern. Landesweit haben Latinos älterer Jahrgänge zu 40 % Trump gewählt, berichtete das Meinungsforschungsinstitut Edison gegen 23 Uhr Ostküstenzeit, vor vier Jahren waren es 25 %. Trumps Kalkül, seinen Gegner mit persönlichen oder auf die Familie zielenden Verleumdungen herabzuwürdigen und als gefährlichen Sozialisten zu charakterisieren, hat nach vorläufigen Einschätzungen nicht wie gewünscht gezogen.
Erste Umfragen belegen, dass die Coronavirus-Pandemie und die darum am Boden liegende Wirtschaft mit zwölf Millionen Arbeitslosen und knapp 100 000 bankrott gegangenen kleinen und mittleren Unternehmen das wichtigste Thema für die allermeisten Wähler ist. Mehr noch. Bei Nachwahl-Befragungen erklärten vier von zehn Wählern, die Regierung mache in der Corona-Krise einen schlechten Job. Potenziell noch ungünstiger für Trump, der die gegenteilige Strategie verfolgt: Fünf von zehn Wählern erklärten, das die Eindämmung der Pandemie Priorität haben müsse - auch wenn die Wirtschaft darunter leide.
Ein klarer Trend über den vermutlichen Ausgang der Wahl war rund sechs Stunden nach Schließung der ersten Wahllokale noch nicht abzusehen. Vor allem Schlüsselstaaten wie Wisconsin, Michigan und Pennsylvania, die Trump 2016 knapp gewann und damit die Präsidentschaft erringen konnte, sind noch überhaupt nicht absehbar. Ein wichtiger Grund: Dort wird die Auszählung der Briefwahl-Stimmzettel (landesweit über 65 Millionen) teilweise noch mehrere Tage in Anspruch nehmen.
Weitere Facetten: Die Hoffnungen der Demokraten auf eine Mehrheit im US-Senat haben einen weiteren Dämpfer erlitten. Die republikanische Senatorin Joni Ernst hat ihren Sitz in Iowa verteidigt, wie die Nachrichtenagentur AP am Mittwochmorgen (Ortszeit) auf Grundlage von Wählerbefragungen und ersten Stimmenauszählungen meldete. Umfragen sahen Ernst zuletzt in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der demokratischen Herausforderin Theresa Greenfield. Die Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus bleibt erwartungsgemäß unangetastet.
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