Im Strategiepapier findet sich nicht viel Neues - das ist dafür aber durchaus mutig
Auch, wenn das 61-seitige Strategiepapier inhaltlich wenig Neues bietet: Eine wirtschaftliche "Abkopplung" sei weiterhin nicht das Ziel, es bleibe aber oberstes Gebot, die Abhängigkeiten der deutschen von der chinesischen Wirtschaft zu verringern. Die Bundesregierung spricht, wie die EU, von "De-Risking".
➤ Lesen Sie hier im Detail, wie abhängig Deutschland von China ist
Mit Blick auf die von den Grünen angedachten Prüfungen chinesischer Investitionen findet sich eine Kompromisslösung wieder: Geprüft werden soll nur in den Bereichen kritische Infrastruktur und Medien. Umgekehrt will die Bundesregierung künftig deutsche Unternehmen intensiver "für die vorhandenen Risiken sensibilisieren".
Gleichzeitig hat sich die Ampel in dem Papier getraut, einen harten Kurs gegen chinesische Spionage anzukündigen und auch zu den heiklen Themen Menschenrechte und Machtpolitik im Indopazifik Stellung zu nehmen: „Mit Sorge betrachtet die Bundesregierung Bestrebungen Chinas, die internationale Ordnung entlang der Interessen seines Einparteiensystems zu beeinflussen.“
Sowohl Berlin als auch Peking üben Druck auf deutsche Unternehmen aus
Die Regierung in Peking ortet in einigen Formulierungen des Papiers „Lügen und Gerüchte“. Das weitere Vorgehen lässt sich anhand einer Anekdote vom Besuch des neuen Ministerpräsidenten Li Qiang in Berlin Ende Juni erahnen.
Damals zeigte eine Terminkollision beispielhaft, wie Peking Druck auf deutsche Firmen ausübt: Li hatte deutsche Unternehmer zu einem scheinbar informellen „Teegespräch“ in die chinesische Botschaft eingeladen – just zum selben Zeitpunkt, als Scholz ein Wirtschaftstreffen veranstaltete.
Dutzende Köpfe führender Unternehmen – von BMW über Siemens bis zu Allianz – entschieden sich für Lis Termin. Und unterschrieben dort eine gemeinsame Verständniserklärung, weiter in China tätig sein zu wollen.
Einfach wird es Peking Berlin also nicht machen, auch aus reiner Notwendigkeit heraus. China braucht so dringen Investoren wie lange nicht, die eigene Wirtschaft erholt sich nur schleichend von Null-Covid: Die Importe brachen im Juni um sieben, die Exporte um mehr als zwölf Prozent ein.
Auf politischer Ebene ist der Umgang mit China nun festgelegt, das Tauziehen zwischen Berlin und Peking um die deutschen Unternehmen hat damit aber erst begonnen.
Kommentare