Brexit: Neue britische Pässe ohne EU-Hinweis

Noch mit dem Hinweis "Europäische Union" versehen: der alte britische Reisepass.
Einen Tag nach dem ursprünglich geplanten Brexit wurden die neuen Dokumente eingeführt. Weiterhin unklar ist, ob London mehr Zeit bekommt.

Auf neuen britischen Reisepässen fehlen trotz Brexit-Verschiebung bereits die Wörter "Europäische Union". Die burgunderfarbenen Dokumente sind am 30. März eingeführt worden - einen Tag nach dem ursprünglich geplanten EU-Austritt. "Ich war überrascht - wir sind doch immer noch Mitglied der EU", sagte Susan Hindle Barone, die einen solchen neuen Pass bekommen hatte, am Samstag der britischen Nachrichtenagentur PA.

Nach Angaben des Innenministeriums können für eine gewisse Zeit aber auch noch einzelne Pässe mit dem EU-Hinweis ausgestellt werden - man wolle den Vorrat aufbrauchen. Ob mit oder ohne Hinweis auf die Europäische Union: Beide Arten von Reisepässen seien gültig, hieß es.

Ende des Jahres müssen sich die Briten auf noch eine Neuerung einstellen: Dann sollen die Dokumente nicht mehr im typischen Burgunderrot der EU-Reisepässe ausgestellt werden, sondern in Blau - mit Pässen in dieser Farbe bereisten die Briten früher die Welt.

Ursprünglich wollte Großbritannien bereits am 29. März die Staatengemeinschaft verlassen. Doch das britische Parlament war über den Brexit-Kurs so zerstritten, dass der Termin nicht zu halten war. Neuer Austrittstermin ist nun der 12. April. Um einen chaotischen Bruch mit schweren Folgen zu vermeiden, hat Premierministerin Theresa May in einem Schreiben an EU-Ratschef Donald Tusk am Freitag aber um Aufschub bis zum 30. Juni gebeten. Tusk plädiert hingegen für eine flexible Verlängerung der Austrittsfrist um bis zu zwölf Monate. Dieser Vorschlag ist auch als "Flextension" oder "Flexi-Brexit" bekannt.

London muss Grund für Brexit-Aufschub liefern

May steht nun unter Druck, die beantragte Verlängerung der Frist auch stichhaltig zu begründen. Damit die Briten die gewünschte Verlängerung erreichen, "müssen wir auch überzeugt sein, warum es sinnhaft sein sollte, die Verlängerung auch zu geben", sagte etwa Finanzminister Hartwig Löger am Samstag am Rande des EU-Finanzministerrats. "Derzeit erkennen wir das nicht", so Löger, der am Vorabend auch mit seinem britischen Amtskollegen Philip Hammond gesprochen hatte. "Wir haben Varianten diskutiert. Auch aus österreichischer Sicht. Hammond hat mir zugesagt, uns in den nächsten Tagen noch stärker über die Entwicklungen in Großbritannien zu informieren".

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Evelyne Gebhardt, lehnt einen weiteren Brexit-Aufschub ab, wenn Großbritannien nicht spätestens bis Freitag sagt, wie es konkret weitergehen soll. "Eigentlich wollen wir keinen Brexit, und wenn, dann auf keinen Fall einen harten Brexit. Aber wir können nicht akzeptieren, dass es eine unendliche Geschichte wird", sagte die SPD-Politikerin der Heilbronner Stimme.

"Egal, ob es der Termin von May oder der von Tusk ist: Keines dieser Daten ist akzeptabel, wenn nicht bis zum 12. April klargemacht werden soll, wohin die Reise geht", sagte Gebhardt. "Wenn das Parlament und die Regierung immer bei einem flauen 'Jein' bleiben, können wir keine Verlängerung machen. Das geht nur, wenn es eine klare Ansage gibt." Sie sei "gerne bereit, bis zum Ende des Jahres zu warten, allerdings nur, wenn sichtbar ist, dass es eine Lösung gibt", fügte sie hinzu.

Doch die lässt auf sich warten. Die britische Labour-Opposition zeigte sich enttäuscht vom bisherigen Verlauf der Gespräche mit der Regierung über einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse. "Wir wollen, dass die Gespräche weitergehen", sagte Labour-Brexit-Experte Keir Starmer am Freitagabend in einem Interview der BBC. Dazu müsse die Regierung aber zu Kompromissen bereit sein - und bisher schlage sie keinerlei Veränderungen an dem Deal vor.

May hatte sich Anfang der Woche an die Opposition gewandt und Kompromisse bei ihrem inzwischen drei Mal vom Parlament abgelehnten Brexit-Deal angeboten. Doch eine Einigung scheint noch lange nicht in Sicht.

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