Albanien-Wahlen im Schatten von Corona und Korruption

Albanien-Wahlen im Schatten von Corona und Korruption
Premier Edi Rama hofft auf eine - historische - dritte Amtszeit. Dafür präsentiert er sich als potenter Corona-Bekämpfer.

Dass es in den Tagen vor der Wahl einmal heiß hergehet, kann schon mal passieren. Dass bei bewaffneten Auseinandersetzungen der beiden verfeindeten politischen Lager aber ein Mensch stirbt, zeigt, wie angespannt die Lage in Albanien ist.
Der Wahlhelfer der regierenden Sozialistischen Partei (PS) von Ministerpräsident Edi Rama soll am Mittwoch in  der Stadt Elbasan beim „Stimmenkauf“ ertappt worden sein, wie es bei der gegnerischen  national-konservativen Demokratischen Partei (PD) hieß. Deren Aktivisten haben das Auto des Wahlhelfers aufgehalten, es kam zum Kampf, der Mann wurde erschossen.

Der Vorwurf war nicht neu. Die Sozialisten von Ministerpräsident Edi Rama sollen – im großen Stil und wie schon bei vergangenen Wahlen – Stimmen kaufen. Auch mehrere EU-Botschafter haben zuletzt in einer Videobotschaft die Wähler davor gewarnt: „Verkauft eure Stimmen nicht“, appellieren sie an die Albaner.  Und fordern sie zum aktiven Wählen auf.

Alte Bekannte

Es ist  nicht das erste Mal, dass Edi Rama gegen Lulzim Basha von der PD antritt. In den letzten beiden Duellen konnte sich Rama durchsetzen – am Sonntag wird wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet. Falls Rama als Sieger hervorgeht, dann hat das etwas Historisches. Denn seit dem Ende der kommunistischen Herrschaft 1990 hat es noch kein Ministerpräsident geschafft, für eine dritte Amtszeit gewählt zu werden.

Rama kämpft mit allen Mitteln. Nicht zuletzt die weitaus größere Medienpräsenz – als Coronabekämpfer, Katastrophenhelfer und Zukunftsvisionär  – gibt ihm einen beträchtlichen Vorsprung vor dem Herausforderer Basha. Dieser versucht sich als „Kandidat des Wandels“ und der Antikorruption  zu positionieren, wie Sotiraq Hroni, ehemaliger Diplomat und Direktor des Instituts für Demokratie und Mediation in Tirana im KURIER-Gespräch erklärt. Von Inhalten wird in diesen Wochen aber wenig gesprochen. Im Vordergrund stehen, so Hroni, vor allem die Negativkampagnen gegen den jeweils anderen Kandidaten.

"Sie töten, bedrohen, beschuldigen", schreibt Rama in einem seiner jüngsten Tweets. Seine politischen Gegner bezeichnet er als "Abschaum der Gesellschaft" als "alten Fluch, der am Sonntag aufgehoben wird". 

Sowohl für Rama, als auch für Konkurrent Basha geht es ums politische Überleben, erklärt Hroni: Während Basha wohl bei einer Niederlage sein Ende als Parteichef vor Augen hat, dürfte es bei Rama im Falle des Machtverlustes noch schlimmer enden: Wegen Korruptionsvorwürfen drohen ihm wohl auch juristische Folgen. Möglicherweise sogar Gefängnis.

Rama verspricht,  „Begonnenes fortzusetzen“. Damit meint er große Infrastrukturprojekte. Erst vergangene Woche wurde der Vertrag über einen neuen Flughafen, teilfinanziert mit türkischem Geld, feierlich abgeschlossen. Doch seine Kartei beinhaltet auch weniger glorreiche Einträge. So werden ihm Verbindungen zum Organisierten Verbrechen nachgesagt, Stimmenkauf, eine lasche Bekämpfung des Cannabis-Handels.

"Rama wendet alle schmutzigen Tricks an", twitterte sein Gegner unter anderem. "Er weiß bereits, dass er verlieren wird."

Erfolgreiche Impfkampagne

Der Premier selbst betont lieber die – verhältnismäßig – erfolgreiche Corona-Impfkampagne seiner Regierung. Über die befreundete türkische Regierung konnte Rama eine Million Dosen des chinesischen Impfstoffes Sinovac organisieren, über den globalen Covax-Mechanismus und ein indisches Hilfsprogramm ebensoviele Dosen Astra Zeneca. Außerdem spendete Russland Sputnik-Impfstoff. In der Region ist das Land beim Impfen hinter Serbien im Spitzenfeld. Auch das dürfte  Premier Rama bei der Wahl am Sonntag Rückenwind geben.

Österreichische Hilfe

Während Premier Rama sich die Corona-Bekämpfung und die Erdbebenhilfe (nach dem verheerenden Beben Ende 2019) auf die Fahnen heftet, kam in Wahrheit große Hilfe von der EU – und Österreich. Zuletzt versprach die EU unter der Schirmherrschaft Österreichs 145.000 Impfdosen für Albanien. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt Österreich Albanien bei der Bewältigung der Corona-Folgen und in anderen Bereichen mit einem Budget von drei Millionen Euro jährlich. Auch für die Erdbebenopfer hilft die ADA – die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit – mit einer Million Euro beim Wiederaufbau von Häusern.


 

 

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