Einmal wieder im Sesselkreis in den Flow kommen
Zu Beginn ein Sesselkreis. Langsam ankommen, dann in der Leseecke in einem Buch blättern. Später ein Bild mit Blättern kleben. Dann die neuen Farben ausprobieren. Und noch verkleiden. Klingt wie ein Tag im Kindergarten? Ist es auch. Nur spielen dort keine Kinder, sondern Erwachsene.
Erstmals bietet die Volkshochschule Mariahilf/Neubau/Josefstadt einen „Kindergarten für Erwachsene“ an. Titel: Einmal wieder Kind sein. Man zitiert Friedrich Schiller („Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“) und bietet einen Tag mit einer Kindergartenpädagogin: „Inneren Impulsen folgen und der kreativen Ausdruckslust Raum geben. Ohne Druck experimentieren und in den Flow kommen.“
Zugegeben: Das klingt schon schräg. Ein Lamento darüber, dass sich Erwachsene bitte auch wie solche zu benehmen haben, wird das hier aber nicht. Entstanden ist der Kindergarten nämlich bei einer Ideenwerkstatt in Mariahilf.
Es war der Wunsch der Erwachsenen, eine Möglichkeit zu haben, sich kreativ zu betätigen. Pandemie, Lockdown und soziale Isolation haben die „Sehnsucht nach Begegnung“ verstärkt, heißt es bei den Volkshochschulen.
An den Kurstagen wird nun eine Lese- und Bastelecke aufgebaut, ein Impro-Theater veranstaltet und gemeinsam musiziert. Weil der Andrang so groß ist, gibt es auch im April einen Termin.
In aufreibenden Zeiten wollen Erwachsene also zurück in den Kindergarten – für ihr Seelenheil. Das ist eine gute Gelegenheit, um sich zu vergegenwärtigen, wie es dem Kindergarten für Kinder derzeit geht:
Zu wenige Pädagoginnen betreuen zu viele Kinder. Sie bekommen dafür zu wenig Geld und wurden in der Pandemie vergessen. Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) will künftig mehr Personal in die Kindergärten bringen. Das ist gut, aber nur ein Anfang.
Kindergarten ist längst mehr als ein Sesselkreis.
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