Orange Ordnung in turbulenten Zeiten

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An Tagen wie diesen sehnt man sich nach einem Ort, der stabil ist. Dem weder die Pandemie noch das Wetter etwas anhaben können.
Julia Schrenk

Julia Schrenk

Die Pandemie hat eine seltsame Phase erreicht. Omikron hängt über der Stadt wie eine fette Gewitterwolke, die sich alsbald ergießen wird. Und wie das so ist, vor dem Regen, fragt man sich: Den Weg ins Wirtshaus, soll man den noch wagen? Den Spaziergang in der Gruppe – soll man den noch antreten? Oder zumindest zuwarten, bis das Schlimmste vorüber ist?

An Tagen wie diesen sehnt man sich nach einem Ort, der stabil ist. Dem weder die Pandemie noch das Wetter etwas anhaben können.

Der Mistplatz ist genau dieser Ort.

Egal wie chaotisch das eigene Leben ist, der Mistplatz schafft Ordnung: Reifen Container 3. Metall 4. Holz 5. Sperrmüll 6. Den Ballast, den man dringend loswerden will, nimmt der Mistplatz gerne auf. Auf jede Frage gibt es hier eine eindeutige Antwort: „Des is’ Sperrmüll. Hau’s eine in Sechser“; „Des is’ Restmüll, des kannst daham wegschmeißen, bei uns muastas zoin“.

Auf dem Mistplatz sind alle Menschen gleich (und meist per Du), nach einem Besuch dort geht es einem besser. Selbst diese eigentümliche Art des Wiener Humors kostet einen hier einen (müden) Lacher. Anekdote aus dem Sommer gefällig? 32 Grad, Frau schleppt und schwitzt, 48er pausiert im Schatten: „Is’ leicht haß?“.

13 Mistplätze sind derzeit geöffnet. Jene, die schon in die Jahre gekommen sind, werden modernisiert. Statt der Treppen hoch zu den Containern (von wo aus man sehr gut Ballast abwerfen konnte), werden nun tiefergelegte Mulden gebaut (von denen man einen fast schon romantischen Blick über den Mist der anderen hat).

Wahrscheinlich gibt es keinen Ort, der mehr Wien ist als der Mistplatz. Dass die Enzis im Museumsquartier heuer nicht in schönem Powidl-Blau, sondern in MA48-Orange aufgestellt werden, ist allein schon deshalb durchaus verdient.

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