„Die Zuckerl-Koalition ist auf Schiene“, frohlockt der Boulevard. Gemeint sind die laufenden Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos (siehe unten). Und sollte sich Ihnen, werte Leser, nicht erschlossen haben, was ein Bündnis zwischen den drei Genannten mit Lutschbonbons zu tun hat, seien Sie unbesorgt: Es gibt keinen Zusammenhang.
Weder stimmt, dass Süßigkeiten vorzugsweise in den Farben Schwarz, Rot und Pink konsumiert werden. Noch trifft zu, dass die Regierung irgendwelche Annehmlichkeiten, vulgo „Wahl- oder Politik-Zuckerl“, zu verteilen hätte.
Das exakte Gegenteil ist der Fall. Das Budget muss saniert, gleichzeitig die schwächelnde Wirtschaft angekurbelt werden. Die Zeiten werden also eher grimmig und jedenfalls nicht einfacher.
Ungeachtet der semantischen Bemühungen von Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger, die nach wie vor konsequent vom „Sondieren“ sprechen, darf man seit Mittwoch sagen: Es handelt sich um Koalitionsgespräche. Und sollten sie scheitern, gibt es keine Koalition. Jedenfalls keine unter der Führung des amtierenden Bundeskanzlers.
Wie ist das zu begründen? Nachdem Parteichef Nehammer die Kickl-FPÖ immer und kategorisch als Regierungspartner ausgeschlossen und sich vor Wochen darauf festgelegt hat, er wolle mit breiter Mehrheit - also zu dritt - regieren, kehrte er am Dienstag den Grünen endgültig den Rücken zu. Nimmt er seine eigenen Einschränkungen ernst, kann er nicht anders, als mit SPÖ und Neos zu koalieren.
Wie clever diese - mitunter parteiinternen Zwängen geschuldete - Ausschluss-Taktik war, wird sich zu einem späteren Zeitpunkt weisen.
Fest steht: Die amtierenden Chefs von ÖVP, SPÖ und Neos sind als Regierungstrio zum Erfolg verdammt, andernfalls kommt etwas völlig anderes (Schwarz-Blau ohne Nehammer, Neuwahlen etc.).
Haben die potenziellen Partner schon eine zündende Idee, wie sie ihr „neues Regieren“ (vor-)leben?
Erwartungshaltung gegenüber der nächsten Regierung ist vielerorts von Skepsis geprägt
Dem Vernehmen nach ist man noch längst nicht so weit. Verhandler berichten, man habe derzeit alle Hände damit zu tun, den deplorablen Zustand des Staatshaushaltes zu verdauen und Lösungen für das Budgetloch von rund 14 Milliarden Euro zu finden.
Aus diesen und anderen Gründen ist die Erwartungshaltung gegenüber der nächsten Regierung vielerorts von Skepsis geprägt. Die Verhandler mag das nicht sonderlich beflügeln. Langfristig kann es aber sogar von Vorteil sein. Je niedriger die Erwartungen, desto größer die Überraschung, wenn man selbige übertrifft. Das gilt in jedem Wahlkampf, für jede Koalition - und natürlich für die erste Dreier-Variante. Sollte sie tatsächlich kommen.
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