Hitzefrei für Fiaker: Eine österreichische Halblösung

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Auf unabhängige Expertenmeinungen verzichtet man in der Fiakerfrage komplett. Darum läuft nun alles auf so ein bissl Tierschutz hinaus.
Agnes Preusser

Agnes Preusser

Und jährlich grüßt die Fiaker-Debatte. Jedes Jahr im Sommer könnte man meinen, die Zeit würde stillstehen. Es melden sich zwar immer andere Personen zu Wort (zumindest zum Teil), die Argumente sind aber immer die gleichen.

Die Tierschützer prangern an, dass die Pferde unter Hitze und Verkehr leiden. Die Fiakerbefürworter antworten seit 14 (!) Jahren mit den Ergebnissen einer Studie, die 2008 erstellt wurde. So auch heuer. Seit Montag wird nach einem Vorstoß von Gesundheits- und Tierschutzminister Johannes Rauch (Grüne) für ein Fiakerverbot wieder eifrigst diskutiert.

Der Blick auf das Tierwohl hat sich seit 2008 (zum Glück) zugunsten der Tiere verändert. Es gab zudem Veränderungen in der Stadt beim Klima und natürlich auch beim Verkehrsaufkommen. All das kann in der alten Studie gar nicht vorkommen. Wie es den Tieren tatsächlich in Wien geht, weiß in Wirklichkeit also keiner.

Beide Seiten geschwächt

Dass es keine aktuellen Studien gibt, schwächt beide Seiten. Tierschützer – und vor allem politische Vertreter, die den Tierschutz bemühen – müssen sich immer den Vorwurf gefallen lassen, dass sie nur populistische Aussagen treffen. Und die Gegenargumentation fußt eben auf veralteten Ergebnissen.

Es wird heuer übrigens wohl auf eine österreichische Halblösung hinauslaufen, also so ein bissl Tierschutz. Ganz verbieten will man das touristische Aushängeschild nicht, ganz dafür sein will man aber auch nicht. Darum werden die Fiakerpferde wahrscheinlich künftig ab 30 Grad nicht mehr fahren dürfen, derzeit haben sie ab 35 Grad hitzefrei – Gespräche dazu gibt es im Juni.

Die 30 Grad sind dabei ein willkürlich festgelegter Wert. Denn auch hier: Keine Studien. Mit diesem Schritt will man sowohl den Tierschützern als auch den Fiakerfahrern entgegenkommen. Im Endeffekt wird man beide Seiten verärgern.

Bei einem Thema, das seit Jahrzehnten diskutiert wird, könnte man auch ernsthaft (unabhängige!) Experten heranziehen. Wenn die Fiakerpferde leiden, gehört das Gewerbe sofort abgeschafft. Gibt es keine Bedenken, muss man die Debatte auch nicht jährlich aufwärmen. Aber mit Vertrauen in die Wissenschaft hat man es in unserem Land ja nicht so.

Irgendwas hätte man aus der Pandemie ja schon lernen können.

 

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