Fiaker-Debatte: Stadt will Fahrverbot ab 30 Grad
Die Debatte um ein Fiakerverbot in Wien nimmt weiter Fahrt auf. Am Montag hatte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), der auch für die Tierschutzagenden zuständig ist, die Pferdekutschen als „nicht mehr zeitgemäß“ bezeichnet – und damit die Diskussion neu entfacht.
Bejubelt wurde der Vorstoß umgehend von den Tierschützern des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), die am Dienstag ihren Standpunkt mit einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup untermauerten. Demnach würden sich mehr als drei Viertel der österreichweit Befragten für eine neue Hitzefrei-Regelung ab 30 Grad aussprechen.
Hitzefrei ab 30 Grad
Aktuell dürfen Fiaker ab 35 Grad nicht mehr fahren. Rauch würde sogar noch einen Schritt weitergehen. Er könne sich vorstellen, eine Debatte darüber zu führen, ob man in Wien nicht generell auf Fiaker verzichten könne, sagte er zum ORF.
Dem gewünschten Verbot von Fiakern in den Innenstädten, das laut der Gallup-Umfrage immerhin 42 Prozent befürworten würden, werde man vorerst aber nicht nachkommen, sagt eine Sprecherin des für Tierschutz zuständigen Stadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Ein Verbot sei in keinem der geführten Gespräche ein Thema gewesen, hieß es aus dem Büro.
Eine neue Hitzegrenze aber sehr wohl. Die Stadt wird dabei schon sehr konkret: Es soll eine "Regelung im Tierschutzgesetz erreicht werden, die eine Hitzegrenze bei 30 Grad festschreibt", so die Sprecherin.
Eine Abstimmung mit dem Bund sei deswegen notwendig, weil die Stadt zwar Kompetenzen im Fiaker- und Pferdemietwagengesetz hat, notwendige Änderungen im Tierschutzgesetz müsse aber der Bund vornehmen. Dafür würde die neue Regelung dann nicht nur in Wien, sondern bundesweit gelten.
Ludwig gegen Fiakerverbot
Bürgermeister Michael Ludwig sprach sich am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz ebenfalls gegen ein Fiakerverbot aus.
Experten sollen zu Wort kommen
Beim Reden wollen auch die Interessenvertreter mitmischen. Bisher habe die Politik darauf verzichtet, sie einzubinden, hieß es am Dienstag aus der Wiener Wirtschaftskammer. Dass sie bei den vergangenen Gesprächen nicht involviert waren, begründet man im Büro von Stadtrat Jürgen Czernohorszky damit, dass man sich bisher auf Beamtenebene befunden habe. Dabei habe es sich um Gespräche zwischen Stadtrat, Minister und Rechtsexperten gehandelt, um auszuloten, welche rechtlichen Möglichkeiten es überhaupt für die Hitzeregelung gebe.
Um die Interessensvertretung jetzt doch noch zu involvieren, hat die Wirtschaftskammer einen eigenen Runden Tisch ins Leben gerufen. Dabei sollen neben den Politikern aber auch Experten zu Wort kommen.
„Populistische Aussagen sind absolut fehl am Platz, wenn es um die Existenz einer ganzen Branche geht“, sagt Davor Sertic, der für Verkehrsunternehmen zuständige Obmann. Bei zu ladenden Experten denke man etwa unter anderem an Tierärztin Isabella Copar, die rund 80 Prozent der Wiener Fiakerpferde medizinisch betreut.
Touristiker für Beibehalt von Fiakern
Schützenhilfe bekommt er von Markus Grießler, der in der Wirtschaftskammer die Tourismus-Agenden überhat: „In Venedig fährt auch nicht jeder Tourist mit einer Gondel. Dennoch erwarten alle Besucher, sie in den Kanälen zu sehen. Wien ohne Fiaker wäre wie Venedig ohne Gondeln.“
Wien-Tourismus-Direktor Norbert Kettner war schon am Montag für die Fiaker in die Bresche gesprungen. „Mit einem Verbot macht man die Stadt nicht tierfreundlicher, sondern nur austauschbarer“, sagte er zum KURIER.
Für den Runden Tisch gebe es noch keinen Termin. Man werde jetzt Einladungen an die Stakeholder verschicken, so die Wirtschaftskammer.
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