Kroatien sucht verzweifelt nach Totengräbern

Kroatien sucht verzweifelt nach Totengräbern
In manchen Orten wird aufgrund des Personalmangels nur noch morgens bestattet.

Braindrain. Das ist das Problem, das Kroatien seit Jahren aus der Balance bringt. Die Kroatinnen und Kroaten zieht es immer mehr in den Westen Europas, wo die Gehälter immer noch deutlich höher sind als in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik. Unterdessen steigt aber in dem beliebten Urlaubsland der Österreicherinnen und Österreicher der Bedarf an saisonalen Arbeitskräften stetig. 

Laut neuesten Angaben des kroatischen Statistikinstituts würden derzeit 124.000 Gastarbeiter im Lande weilen. Ganze 424 Arbeitsvermittlungsagenturen seien demnach registriert. Die meisten sind hinzugekommen, nachdem Kroatien 2021 beschlossen hatte, einen Arbeitskräfteimport ohne jegliche Auflagen zu ermöglichen.

Die meisten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter sind im Bauwesen, Tourismus und Gastronomie tätig. Doch niemand scheint Interesse an einem Berufszweig zu haben - dem Friedhofs- und Bestattungswesen.

Nur drei Beerdigungen pro Tag

Bestattungsunternehmen in ganz Kroatien kämpfen mit einem chronischen Personalmangel, schreibt die Tageszeitung Večernji list. Die Situation sei dermaßen prekär, dass mancherorts Beerdigungen nur vormittags stattfinden könnten, heißt es in dem Bericht. Dies würde wiederum zu Beschwerden führen, da berufstätige Freunde und Bekannte der bzw. des Verstorbenen nicht zur Beerdigung kommen könnten etc. 

Bezeichnend für die schwierige Lage ist ein Beispiel aus dem mittelkroatischen Städtchen Ludbreg. Dort musste die Anzahl der Beerdigungen pro Tag auf höchstens drei limitiert werden. Acht Totengräber, die beim ortsansässigen kommunalen Unternehmen angestellt sind, könnten die zwölf Friedhöfe im Ort einfach nicht abdecken, heißt es im Bericht des Večernji list. 

Durchschnittsgehalt winkt

Bestattungsunternehmen im ganzen Land würden dauerhaft nach potenziellen Arbeitnehmern Ausschau halten. Die Kandidaten - Weibliche werden demzufolge gar keine verzeichnet - müssten kaum Voraussetzungen erfüllen. Einen Pflichtschulabschluss müsse man ebenso wie eine Berufserfahrung nicht vorweisen. Pensionisten sowie Studenten seien bei den meisten Arbeitgebern auch herzlich willkommen. 

Geboten werden je nach Ort 663 bis 1.061 Euro monatlich. Aus der westeuropäischen Sicht betrachtet, mag das als extrem wenig erscheinen. Berücksichtigt man allerdings die Tatsache, dass das Durchschnittsgehalt in Kroatien im Dezember vergangenen Jahres knapp über 1.000 Euro betrug, kommt man darauf, dass es sich um keine Almosen handelt. Dennoch, wie es scheint, zu wenig für die Ausübung eines "stigmatisierten" Berufes, wie es im Bericht heißt. 

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