Jugoslawien-Kriege als Ouvertüre in den Ukraine-Krieg
Wenig überraschend kommen darin NATO, die EU oder schlichtweg der gesamte Westen ihr Fett ab. "Gerade jetzt, nachdem sich der Balkan etwas beruhigt und seine Streitigkeiten auf die Nebenbühne verlegt hatte, brach dies in der Ukraine aus. Und wenn sich jemand fragt, warum der Westen diesen Krieg in Jugoslawien gebraucht hat - denn einen Krieg hätte es bei uns gar nicht gegeben, hätte der Westen ihn nicht erzwungen - so gibt uns die Ukraine die Antwort. Unser 'kleiner' Krieg war wegen dieses Großen in der Ukraine nötig, zu dem es nicht gekommen wäre, hätte der Westen eine aggressive Erweiterung der NATO nicht gefördert. Unabhängig davon, wie es in der Ukraine ausgeht, gibt es jedoch keine Garantie dafür, dass dies das Ende und nicht die Einführung in einen noch größeren Krieg ist - basierend auf Präzedenzfällen, die sowohl auf dem Balkan als auch in der Ukraine geschaffen wurden", lässt Karadžić bereits in der Einleitung erahnen, in welche Richtung seine Kolumne (oder doch Gastkommentar?) gehen wird.
Der Mann, der vor dem Einstieg in die Politik als Psychiater gearbeitet hat, glaubt, dass die moderne Welt ausschließlich auf Konflikte und Herrschaft setzt. Ein Problem sei für den Westen und die NATO der Warschauer Pakt und die Auflösung der Sowjetunion gewesen, denn plötzlich wären diese Mächte ohne Gegner dagestanden.
Der Westen sei Russen eine Erklärung schuldig
"Vor dem Ukraine-Konflikt hätte man meinen können, der Westen habe 'in Unwissenheit' alte Freundschaften und Bündnisse (wie zum Beispiel mit den Serben) mit Füßen getreten und gegen alle Gesetze Gottes und der Menschen verstoßen, die Grundlagen des Völkerrechts, des Anstands und der guten Sitten zerstört - und dabei die heiligsten Institutionen der Zivilisation wie die Vereinten Nationen, humanitäre Organisationen, die Medien und sogar Kirchen missbraucht. Doch nun weiß man, dass unwissentlich nichts war", schreibt der 2008 in Belgrad festgenommene Politiker.
Die NATO hätte sich laut ihm auf die letzten neutralen Länder ausgeweitet, "insbesondere die ehemaligen Sowjetrepubliken, von denen einige von den Russen Staaten bekommen haben, die sie nie hatten". Die Russen hätten diesen neuen Ländern sogar zusätzliche Gebiete geschenkt. Deshalb seien westliche Regierungen russischen Bürgern eine Erklärung schuldig, warum Russland nun "belagert und bedroht" wird.
Karadžić glaubt, dass der Westen sein Ziel, die Eroberung von Territorium und Ressourcen, nicht erreichen wird, "so wie es Napoleon und Hitler auch nicht bekommen haben". Für ihn sei es zudem völlig klar, dass hinter jeder Krise dieselben westlichen Länder stecken.
Die ewigen Sündenböcke
"Warum sind die Serben, insbesondere für die Angelsachsen, unsere alten Verbündeten, immer die Sündenböcke?", fragt sich der 76-Jährige. Die Serben hätten nie Eroberungskriege geführt, hatten keine Theokratie oder Inquisition und verfolgten keine Homosexuellen. Trotzdem prägten die westlichen "Verbündeten" ihr Schicksal ebenso wie ihre Feinde in früheren Jahrhunderten.
Dennoch glaubt er, dass die Serben nicht allein dastünden. Neben Russen und Chinesen würden auch Griechen und Rumänen sowie neuerdings auch die Ungarn zu ihren Freunden zählen. Zudem würde man eine "wenig sichtbare, aber durchaus bestehende Freundschaft" zu den Franzosen pflegen.
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