Was bestimmt, in wen wir uns verlieben
Auf manches im Leben ist Verlass. Auf Leonardo DiCaprio zum Beispiel. Seit zwanzig Jahren datet der Hollywood-Beau denselben Typ Frau: blonde Topmodels von Gisele Bündchen über Bar Refaeli bis zur Deutschen Toni Garrn.
Er wird jedes Jahr älter, die Damen an seiner Seite bleiben stets unter 25, ja werden sogar immer jünger: Seine aktuelle Eroberung, das argentinische Model Camila Morrone, feierte im Juni ihren 22. Geburtstag. DiCaprio wird im kommenden November 45.
Es gibt unzählige Beispiele aus dem Prominenten-Biotop, die das komplexe Thema "Beuteschema bei der Partnerwahl" bildhaft darstellen: Boris Beckers und Dieter Bohlens Liebe zu quirligen Brünetten wurde ausgiebig analysiert, Madonna liebäugelt alle paar Jahre mit einem neuen Adonis und bei Bruce Willis' Ehefrau Emma muss man schon sehr genau hinschauen, um die Unterschiede zu Demi Moore, mit der er zuvor verheiratet war, auszumachen.
Ein Phänomen, das viele wohl nicht nur aus den Gesellschaftsseiten, sondern auch aus dem eigenen Bekanntenkreis oder gar der eigenen Vergangenheit kennen.
Sind wir bei der Partnersuche tatsächlich in einer Dauerschleife gefangen?
Aktuelle Forschungen aus Kanada weisen darauf hin – zumindest, was die Persönlichkeit betrifft. Sozialpsychologen der University of Toronto verglichen aktuelle und ehemalige Partner von 332 Studienteilnehmern und stellten fest, dass sich diese in ihren Charaktereigenschaften stark ähnelten. Wer sich also vornimmt, nach einer amourösen Enttäuschung einen "ganz anderen Typen" anzupeilen, wird aus wissenschaftlicher Sicht vermutlich scheitern.
Romantische Biochemie
Das Suchen und Finden hat immer Saison, besonders aber im Sommer, wenn Temperaturen und Testosteron simultan Höchstwerte erreichen. 50 Millionen Menschen weltweit "swipen" sich durch die Flirt-App Tinder, Kuppelformate wie "Bauer sucht Frau", "Die Bachelorette" oder "Liebesg'schichten und Heiratssachen" bescheren Fernsehsendern auch nach 15 Staffeln noch Quotenrekorde. Über allem steht der Wunsch nach dem oder der Richtigen.
Das belegt eine aktuelle Umfrage der Online-Partneragentur Parship: Österreichs Singles sehnen sich nach einer festen Partnerschaft, Modelle wie "Friends with Benefits" oder offene Beziehungen bleiben ein Nischenprogramm für Experimentierfreudige.
Zurück zur Suche also. Und zum "Beuteschema", das offenbar mehr ist als ein von Society-Magazinen erfundener Mythos. Denn hier kommt die per se wenig romantische Biochemie ins Spiel: Nach Ansicht der renommierten US-Anthropologin Helen Fisher ist jeder Mensch ein Mix aus vier Liebestypen, die von Hormonen und Botenstoffen definiert werden und entscheiden, wem wir unser Herz schenken.
Neben dem Persönlichkeits- spielt auch der Bindungstyp eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Partners, sagt der Paartherapeut Christian Beer. "Grundsätzlich unterscheidet man zwischen sicherem und unsicherem Bindungsstil. Der Bindungsstil ist besonders prägend, weil er zum Großteil in der Kindheit angelegt wird."
Problematisch wird es, wenn Menschen mit hohem Sicherheitsbedürfnis wiederholt an Partner mit großem Freiheitsdrang geraten. Ein Muster, das sich durch Psychotherapie jedoch gut durchbrechen oder zumindest auflockern ließe.
Lockern könnten sich auch evolutionär verankerte Muster, die uns seit der Steinzeit durch den Liebesdschungel leiten: Männer wollen Schönheit und Jugend, Frauen Geld und Status. Jüngste Studien deuten darauf hin, dass sich parallel zur Gleichstellung von Mann und Frau auch ihre Vorlieben bei der Partnerwahl angleichen – ein Trend, der durch feministische Dating-Apps wie Bumble, wo nur Frauen den ersten Schritt machen, forciert wird.
Mit Klick zum Glück?
Überhaupt hat nichts im vergangenen Jahrzehnt unsere Suche nach dem Liebesglück so geprägt wie das Internet. Was früher als Akt der Verzweiflung galt, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen – Studien aus den USA zeigen, dass 30 Prozent der 18- bis 29-Jährigen Dating-Apps nutzen und sich jedes dritte Paar online kennengelernt hat. Der Markt bietet für jeden, vom alleinerziehenden Vater bis zur jungen Muslima, die passende Plattform.
Am aussichtsreichsten sind kostenpflichtige Partnerbörsen, die mit Persönlichkeitstests arbeiten. Anhand von Algorithmen werden zwei Menschen mit möglichst vielen Übereinstimmungen bei Interessen, Bildungsstatus, Alter, Zukunftsplänen usw. vernetzt. "Wir wissen, dass Beziehungen nach dem Motto 'Gleich und gleich gesellt sich gern' tragfähiger sind", sagt Christiane Eichenberg, Diplom-Psychologin an der Sigmund Freud Universität Wien. "Algorithmen können diese Gemeinsamkeiten herausfiltern, sie sind aber keine Garantie, dass man sich verliebt. Verlieben ist ein komplexer Vorgang aus psychologischen und neurobiologischen Prozessen, der noch nicht hinreichend erforscht ist."
Der 35-jährige kinderlose Chirurg mit Vorliebe für Rotweine und Freiluftklettern kann auf dem Papier jedes Traummann-Kriterium erfüllen – wenn im analogen Leben die berühmte Chemie nicht stimmt, hilft der beste Algorithmus nichts. Ob wir mit jemandem Sex haben wollen, entscheiden wir binnen zehn Sekunden, behauptete der Verhaltensforscher Karl Grammer einst. Dafür können Kleinigkeiten ausschlaggebend sein: die Mimik, der Dialekt, der Duft des Aftershaves. Sinneseindrücke, die wir unbewusst wahrnehmen und die sich nur offline eruieren lassen.
Stimmt die Chemie beim ersten Treffen, kann es danach schnell gehen, weiß Eichenberg. "Wir wissen, dass das Kennenlernen und die Beziehungsentwicklung bei online angebahnten Beziehungen anders verläuft. Die Leute öffnen sich schneller, ziehen schneller zusammen und heiraten früher. Beim langfristigen Beziehungsverlauf gibt es aber keine Unterschiede hinsichtlich der Stabilität und Zufriedenheit."
Online-Liebes-Shopping
Offen bleibt, was vor allem Millennials häufig zum Vorwurf gemacht wird: Zerstören Wisch-und-weg-Apps wie Tinder unsere Fähigkeit, verbindlich zu lieben? Verwechseln wir Partnersuche mit Online-Shopping? Psychoanalytikerin Eichenberg sieht keinen Grund zum Liebes-Pessimismus. "Online-Dating betreiben wir aus unterschiedlichen Motiven. Studien zeigen, dass sich die Sehnsucht junger Leuten nach Liebe, Intimität und Verbindlichkeit im Laufe der Zeit nicht verändert hat."
Und wahrscheinlich glaubt auch Leo DiCaprio nach wie vor an die Frau fürs Leben.
Mit Model Camila, melden Bunte und Konsorten, soll es diesmal wirklich etwas Ernstes sein.
Schau mir in die Augen
Sie haben in einer Bar jemanden erspäht, der Ihnen gefällt? Nur Mut! Nehmen Sie bewusst zuerst Blickkontakt auf. Das Hinüberblinzeln sollte auf keinen Fall in Anstarren ausarten. Ein gelegentlicher freundlicher Blick zum Nachbartisch genügt.
Das Eis brechen
Mit einem Lächeln lässt sich der erste Kontakt vertiefen. Das Gegenüber erwidert? Jackpot. Es lohnt sich, den ersten Schritt zu machen und ein Gespräch zu beginnen. Er oder sie zeigt keine Reaktion? Schade, aber lassen Sie sich nicht zermürben. Die nächste Gelegenheit kommt bestimmt.
Gekonnter Small Talk
Beim ersten Gespräch ist im Grunde alles erlaubt – bis auf Verallgemeinerungen und platte Sprüche. Komplimente sind erwünscht, sollten aber gut überlegt sein. Ansonsten gilt: Authentisch sein und Interesse bekunden, zum Beispiel, indem man (nicht zu persönliche) Fragen stellt. Auch Nonverbales zählt: Arme nicht verschränken und den Körper dem Gegenüber zuwenden.
Locker bleiben
Der Flirt war erfolgreich und Sie haben Lust auf eine Wiederholung? Zeit für ein richtiges Rendezvous. Wohin das Kennenlernen führt, lässt sich in ungezwungener Atmosphäre herausfinden.
Damals und heute: Leonardo DiCaprio und die Frauen
Leonardo DiCaprio
1999 bis 2004: Gisele Bündchen
2005 bis 2010: Bar Refaeli
2011: Blake Lively
2012: Erin Heatherton
2013 bis 2014: Toni Garrn
2015: Kelly Rohrbach
Seit 2018: Camila Morrone
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