Früher vielfach im Privaten üblich, sind offene Aufbahrungen heute selten geworden, fast exotisch. „Die Menschen wollen es eigentlich nicht mehr“, weiß Peter Holecek, Leiter des zentralen Kundenservice bei der Bestattung Wien. Zu 90 Prozent wird in Österreich der geschlossene Sarg aufgebahrt. Selten werde der Wunsch dennoch geäußert. Was dann innerhalb eines Friedhofs, etwa in einer Aufbahrungshalle, stattfinden muss: In Wien gilt in Häusern und Kirchen ein Aufbahrungsverbot.
Wo das offene Aufbahren erlaubt ist
Bestattungen regelt jedes Bundesland per Landesgesetz. Was nicht heißt, dass keine Ausnahmen möglich wären, wie man von Aufbahrungen des (geschlossenen) Sargs im Stephansdom wie bei Niki Lauda oder im Burgtheater bei Schauspielern weiß. In Wien muss ein Ansuchen an die Stadt gestellt werden.
Wird der Tod im Rahmen des Begräbnisrituals sichtbar, sei das für viele Menschen eine Überforderung, sagt Martin Sindelar, der als „Zeremoniär des Erzbischofs“ schon einige öffentliche Begräbnisse von hochgestellten Personen des kirchlichen und öffentlichen Lebens ausrichtete. Diese sind dann nicht einmal nach dem Ende ihres Lebens völlig privat. „Bei einer öffentlichen Person ist auch der Tod ein öffentlicher Akt.“ Als einen der wenigen öffentlich Aufgebahrten in Wien erinnern sowohl Sindelar als auch Holecek übrigens an Kardinal Franz König, der 2004 starb.
Der Thanatopraktiker von Benedikt XVI.
Ob privat oder öffentlich: Ein Ritus, eine Tradition, der man folgen könne, bewähre sich im Trauerfall. Die allerdings, betont Sindelar, nie statisch sind. So wie gestern der – offen aufgebahrte – Sarg des brasilianischen Ausnahme-Fußballers Pelé ins Fußballstadion seiner Heimatstadt Santos getragen wurde.
Oder wie bei der Ehrenwache am – geschlossen aufgebahrten – Sarg von Queen Elizabeth II erstmals eine Frau (Tochter Anne) an der traditionellen „Totenwache der Prinzen“ teilnahm. Die übrigens selbst erst seit 1936 Bestandteil der royalen Trauerfeiern sind.
Die Beispiele für einen öffentlichen Umgang mit dem Tod und Begräbnisritualen werfen Schlaglichter: Den Toten anzuschauen, ihn und damit den Tod im wahrsten Wortsinn zu begreifen wie bei Pelé. Oder mit allem zeremoniellen Prunk zu ehren wie Benedikt: Dass der Tote so friedlich wie ein Schlafender, daliegt, ist Werk der Lebenden. Thanatopraktiker nennt sich die Profession, die „die natürlichen Veränderungen“, wie es Holecek pietätvoll nennt, „für eine gewisse Zeit stoppen“. Fünf Mitarbeiter verfügen bei der Bestattung Wien über diese Ausbildung. Bei Benedikt war laut italienischen Medien Andrea Fantozzi am Werk. Er hatte bereits Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. für seine öffentliche Aufbahrung vorbereitet.
Kommentare