Suhrkamp muss Gläubigerschutz beantragen

APA10594078-2 - 10122012 - FRANKFURT AM MAIN - DEUTSCHLAND: ZU APA 406 KI - Die Chefin des Suhrkamp-Verlages, Ulla Unseld-Berkéwicz auf der Frankfurter Buchmesse 2012. In einer bisher wohl beispiellosen Entscheidung ist die Verlegerin Ulla Unseld-Berkewicz per Gerichtsbeschluss als Geschäftsführerin des Suhrkamp Verlags abberufen worden. APA-FOTO: Markus C. Hurek/DPA
Ein "Schutzschirmverfahren" soll die Zukunft des Verlags sichern, indem Gewinne nicht an Gesellschafter ausgezahlt werden müssen.

Der renommierte deutsche Literaturverlag Suhrkamp muss vor Gericht Gläubigerschutz beantragen, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Der Verlag, um den ein erbitterter Eigentümerkrieg zwischen Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz und dem Medienunternehmer Hans Barlach geführt wird, hat bei Gericht die Einleitung eines sogenannten Schutzschirmverfahrens beantragt.

Auslöser ist ein Urteil, laut dem Forderungen der Gesellschafter an den Verlag in der Höhe von 8,2 Millionen Euro in den Bilanzen angeführt werden müssen – und dort eine große Lücke aufreißen. Auf dieser Basis habe die Geschäftsführung von Wirtschaftsprüfern keine Fortführungsprognose für den Verlag erhalten, hieß es in deutschen Medienberichten vom Montag. Nun wird u. a. ein Sachwalter für den Verlag bestellt.

Durch das Schutzschirmverfahren will der Verlag sein Überleben sichern. Die Geschäftsführung habe am Montag beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen entsprechenden Antrag nach dem "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen" eingereicht, teilte Suhrkamp mit. Damit will der Traditionsverlag verhindern, dass sein Gewinn an die Anteilseigner ausgeschüttet wird. Nur so sei der Bestand des Hauses zu sichern. Dem Antrag sei vom Gericht bereits stattgegeben worden, sagte Suhrkamp-Sprecherin Tanja Postpischil.

Machtkampf

Um den Verlag tobt seit Jahren ein erbitterter Machtkampf zwischen den Gesellschaftern. Die Verlegerin Ulla Unseld-Berkewicz hält 61 Prozent der Anteile, der Medienunternehmer Hans Barlach den Rest.

Der Schritt sei die Konsequenz aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 20. März, heißt es in einer Mitteilung des Verlages. Danach müssten Forderungen der Gesellschafter gegenüber dem Verlag in Höhe von rund 8,2 Mio. Euro in den Bilanzen berücksichtigt werden. Die Gesellschafter hätten sich nicht über die Ausschüttung der Gewinne einigen können. Das Frankfurter Gericht hatte entschieden, dass Suhrkamp knapp 2,2 Millionen Euro aus dem Bilanzgewinn des Jahres 2010 an seinen Minderheitsgesellschafter Barlach zahlen muss.

Durch das jetzt beantragte Verfahren müsse der Gewinn nicht ausgeschüttet werden, der Verlag werde so in seiner Existenz geschützt, so Suhrkamp. Das Schutzschirmverfahren sei kein klassisches Insolvenzverfahren. Damit bleibe der Verlag uneingeschränkt handlungs- und zahlungsfähig. Mitarbeiterverträge seien durch die Antragstellung nicht betroffen, Autorenverträge blieben bestehen, erklärte Suhrkamp.

Für den Erhalt des Verlags wichtige Entscheidungen werden nun nicht mehr von den zerstrittenen Gesellschaftern getroffen, sondern von dem vom Gericht bestellten Sachwalter Rolf Rattunde von der auf Insolvenzen spezialisierten Kanzlei Leonhardt Rechtsanwälte (Berlin).

"Die Geschäftsführung des Verlags ist der Überzeugung, dass innerhalb dieses Verfahrens ein stabiler finanzieller und rechtlicher Rahmen für die Fortführung des Verlags gefunden werden kann", heißt es in der Suhrkamp-Erklärung. "Sie geht davon aus, dass das Verfahren innerhalb weniger Monaten erfolgreich abgeschlossen sein wird."

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