"Das ist schon ganz schön irr"

"Das ist schon ganz schön irr"
Im Tauziehen um den renommierten Suhrkamp-Verlag schießen sich die Autoren weiterhin auf Hans Barlach ein.

Im Streit um die Führung des Suhrkamp-Verlags reißen die Stellungnahmen von Autoren gegen den Minderheitsgesellschafter Hans Barlach nicht ab. Schriftsteller Rainald Goetz sagte der Süddeutschen Zeitung vom Samstag, Barlach habe "keine den Verlag weiterentwickelnden Ideen eingebracht, im Gegenteil". Mit seinen Klagen habe Barlach die Arbeit des erfolgreichen Führungstrios des Hauses "systematisch erschwert, behindert, im Moment ja praktisch unmöglich gemacht". Andere Autoren wie Hans Magnus Enzensberger, Uwe Tellkamp, Sybille Lewitscharoff und Peter Handke hatten den Medienunternehmer zuvor ebenfalls kritisiert.


Barlach hält über die Medienholding AG Winterthur 39 Prozent am Verlag, die restlichen 61 Prozent gehören Suhrkamp-Geschäftsführerin Ulla Unseld-Berkéwicz. Beide Seiten sind in mehrere Verfahren gegeneinander verwickelt. Goetz sagte in der Zeitung über Barlach: "Er schädigt den Verlag ja auch wirtschaftlich, weil er die Aktivitäten der Führung von Suhrkamp blockiert, mitten im berühmten Weihnachtsgeschäft. Das ist schon ganz schön irr."

Auch Österreicher drohen mit Abgang

Falls der schwelende Streit um die Führung des renommierten deutschen Verlags zugunsten Barlachs entschieden wird, droht auch ein Exodus der österreichischen Autoren. Nachdem sich Peter Handke in der Wochenzeitung Die Zeit entschieden gegen Barlach gewendet hatte ("Ein Abgrundböser. Ein Unhold."), bezogen am Donnerstagabend in der ORF-Nachrichtensendung "Zeit im Bild 2" auch Robert Schindel und Josef Winkler klar Position.

"Das ist ja ein illiterarischer Mensch, das ist ein Geldmacher, ein Money-Maker. Das Psychologische ist, dass er, glaube ich, zu wenig beachtet wurde. Als stiller Teilhaber, als stiller Gesellschafter sollte er nach Auffassung der Verlegerin (Ulla Unseld-Berkewicz, Anm.) auch wirklich still sein", äußerte sich Robert Schindel in dem Beitrag über Hans Barlach. "Wir werden sicher alle gehen. Vielleicht wird es einen oder zwei geben, die glauben, dass sie dann halt ein bisschen mehr Raum haben, aber im Wesentlichen werden alle gehen. Ich gehe auf jeden Fall."

"Wenn man prinzipiell den ganzen Verlag noch mehr kommerzialisieren möchte, dann, glaube ich, werde ich wohl nicht austreten müssen, dann wird man sich wohl von mir mehr oder weniger verabschieden", meinte Büchner-Preisträger Josef Winkler. Und der Grazer Suhrkamp-Jungstar Clemens J. Setz: "Alle tun immer so: Was steckt hinter dem, was führt er im Schilde? Aber das ist ja nicht schwierig: Was wird ein Investor wohl wollen?"

Verlag sieht noch Chancen auf Einigung

"Das ist schon ganz schön irr"

Am Mittwoch sah der Suhrkamp Verlag noch Chancen für eine gütliche Einigung. "Wir sind weiterhin bereit, auf Herrn Barlach zuzugehen", sagte Verlagssprecherin Tanja Postpischil in Berlin. Barlach hatte am Dienstag den früheren Kulturstaatsminister Michael Naumann als Vermittler abgelehnt, da dieser bereits offen für die andere Seite Partei ergriffen habe.

Suhrkamp sei trotzdem an einer Schlichtung des Streits über einen Vermittler interessiert, sagte die Verlagssprecherin. Namen nannte sie nicht. Auch Barlach hatte kürzlich Gesprächsbereitschaft angedeutet.

In verschiedenen Verfahren betreibt der Investor die Ablösung von Suhrkamp-Geschäftsführerin Ulla Unseld-Berkéwicz. Diese hält über eine Familienstiftung 61 Prozent des Suhrkamp Verlags, Barlach über die Medienholding AG Winterthur die restlichen Anteile. Das Berliner Landgericht hatte in erster Instanz Barlach Recht gegeben. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, Suhrkamp kündigte Berufung an. Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, droht Suhrkamp als einem der wichtigsten deutschsprachigen Verlage möglicherweise sogar die Zerschlagung.

In der am Mittwoch veröffentlichten Urteilsbegründung heißt es, Unseld-Berkéwicz habe bei der Vermietung ihrer Villa in Berlin-Nikolassee an den Suhrkamp Verlag für literarische Veranstaltungen und dem Erwerb von Einrichtungegenständen im Wert von rund 140.000 Euro gegen den Gesellschaftervertrag verstoßen. Dabei ist von einem "kollusiven Zusammenwirken", also einem unerlaubten Handeln aller Geschäftsführer zum Zweck der Schädigung von Dritten, die Rede.

Die Verlegerin hätte sich die Einwilligung aller Gesellschafter holen müssen. Das Verhalten der Geschäftsführer wiege umso schwerer, als ihnen von vornherein klar gewesen sein musste, dass eine Zustimmung Barlachs nicht zu erreichen war. Die Vermietung und der Kauf der Einrichtung habe dem Ziel der Gesellschafterversammlung widersprochen, Kosten bei Suhrkamp nachhaltig zu reduzieren.

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