Wie werden eigentlich TV-Quoten gemessen?
Wenn in der kommenden Woche der Opernball ansteht, wird sich ORF2 wohl wieder über gute Quoten freuen dürfen. Denn dieses Großevent hat in der Vergangenheit zuverlässig viele Zuseher vor die Fernseher gelockt: Beim Opernball 2019 waren im Schnitt 1,357 Millionen Zuseher bei der „Eröffnung“ dabei, bei einem Marktanteil von 50 Prozent.
Ein anderes großes TV-Ereignis hat die Quotenmessung heuer aber bereits vor Herausforderungen gestellt: Beim diesjährigen Neujahrskonzert hatten sich die Messgeräte offenbar verhört.
Was ist da mit den Neujahrskonzert-Quoten passiert?
Die Quoten fürs Neujahrskonzert konnten heuer erst verspätet geliefert werden – wegen eines Fehlers beim Audiomatching. Dafür zeichnen die Messgeräte Tonmuster eines TV-Geräts auf. Diese werden mit Tonmustern von 250 Sendern abgeglichen. „Wo es eine Übereinstimmung gibt, weiß man, dass gesehen wurde“, erklärt man bei der AGTT (Arbeitsgemeinschaft Teletest).
Beim Neujahrskonzert habe das zu Schwierigkeiten geführt, weil sowohl ORF als auch ZDF gleichzeitig dieselbe Sendung übertragen haben. Hinzu sei gekommen, dass es keine Werbeunterbrechungen gab, die dann eindeutig einem Sender zuzuordnen gewesen wären – bei den Quoten musste also noch einmal nachgerechnet werden. So eine Parallelausstrahlung sei selten, man arbeite bei der AGTT aber daran, „für die Messung schwierige Situationen wie diesen Fall rascher und automatisierter auflösen zu können.“ Beim zweiten Konzertteil waren übrigens durchschnittlich 1,162 Millionen live dabei.
Wer schaut für den Teletest fern und warum?
Von Interesse sind Zuschauerzahlen nicht nur für Programmchefs und Sendungsmacher, sondern auch für Werbekunden. Die orientieren sich v. a. an der Zielgruppe der 12- bis 49-Jährigen.
Erhoben werden die TV-Quoten vom Marktforschungsinstitut GfK, im Auftrag der AGTT. Die aktuellen Zahlen sind – zumindest teilweise – auf der Webseite der AGTT für jeden einsehbar. Derzeit sind rund 3.250 Personen ab 12 Jahren im Teletest erfasst, die repräsentativ für alle erwachsenen Österreicher stehen. „Vereinfacht gesagt hat ein Testseher ein Gewicht von 2.306 Personen“, so die Info der AGTT.
Zuseherzahlen
Aus den Fernsehquoten lässt sich ablesen, wie viele Menschen durchschnittlich eine bestimmte Sendung gesehen haben. Zusätzlich weisen TV-Sender gerne aus, wie viele zu Spitzenzeiten eingeschaltet haben („bis zu“).
Marktanteil
Dieser Wert zeigt an, wie viele jener Menschen, die zu einer gewissen Zeit ferngesehen haben, eine bestimmte Sendung eingeschaltet haben. Hat eine Sendung einen Marktanteil von 20 Prozent, haben 20 Prozent all jener, die zu diesem Zeitpunkt ferngesehen haben, zugeschaut. Marktanteile können für einzelne Tage, Monate, Jahre, aber auch Sender und Zielgruppen ausgewiesen werden.
Zielgruppen
Sofern nicht anders angegeben, sind Zuseher ab 12 Jahren gemeint. Als besonders wichtig gilt die „werberelevante Zielgruppe“ der 12- bis 49-Jährigen, zur „jungen Zielgruppe“ zählen die 12- bis 29-Jährigen. In Deutschland gelten Quoten meist für Zuseher ab 14 Jahren.
Wie kommt der Teletest zu seinen Teilnehmern?
Um am Teletest teilzunehmen, kann man sich nicht selbst bewerben – die Haushalte werden nach bestimmten Merkmalen (wie Alter, Geschlecht, Wohnort) ausgewählt und kontaktiert. Bei den Testpersonen wird ein Messgerät aufgestellt (siehe Fotos unten), zusätzlich bekommen die Teilnehmer eine Fernbedienung, mit der sie angeben, welche der im Haushalt lebenden Personen vor dem TV-Gerät sitzen. Wer beim Teletest dabei ist, muss in der Öffentlichkeit Stillschweigen darüber bewahren. Die Teilnehmer werden auch immer wieder ausgetauscht, damit die Stichprobe stimmig bleibt.
Die vorläufigen Ergebnisse der Quotenmessung werden jeweils einen Tag nach der Ausstrahlung veröffentlicht, eine Woche später folgen die endgültigen Zahlen – gewichtet und mit den Daten jener, die Sendungen zeitversetzt gesehen haben. Nicht miteinberechnet sind da jedoch die Zahlen aus den Mediatheken. Was die Österreicher live oder auf Abruf online gesehen haben, wird extra gemessen und – auch auf der Webseite der AGTT abrufbar – gesondert ausgewiesen.
Welche Mediatheken werden derzeit gemessen?
Erfasst werden derzeit die Zugriffe auf die Live-Streams und Mediatheken von ORF und ServusTV. Puls4 und ATV können aktuell nicht gemessen werden, oe24.TV läuft im „Testbetrieb“. Ein Blick auf die Hitlisten der Vorwoche lässt vermuten, dass sich die Online-Nutzung gar nicht so sehr vom klassischen Seherverhalten unterscheidet: In den „Top Ten“ des ORF vertreten sind Ski-Sport, „Zeit im Bild“ und – „Der Bergdoktor“. Zu finden sind da auch „Walking on Sunshine“ und „Willkommen Österreich“.
Diese Daten könne man allerdings nicht einfach mit den herkömmlichen TV-Quoten vergleichen, erklärt die AGTT: Online wird noch ohne Zurechnung zu bestimmten Zielgruppen gemessen, man arbeite aber daran, dies zeitnah zu ändern: „Wenn es dann so weit ist, können wir diese Nutzung auch zur TV-Quote dazu bringen.“
Und was ist mit Streamingdiensten?
Auch die großen Streamingdienste können nicht im Teletest erfasst werden. Netflix veröffentlicht zwar regelmäßig eigene Zugriffszahlen für seine Filme und Serien, allerdings ist nicht immer transparent, wie diese zustande kommen. Theoretisch könnten Netflix und Co. die nötigen Messcodes der GfK auch in ihre Player einbauen lassen – daran werden die Streamingriesen aber wohl wenig Interesse haben.
In Deutschland sei die AGF (Arbeitsgemeinschaft Videoforschung) aber gerade dabei, mit YouTube eine Lösung zu erarbeiten: Hier werde eine Möglichkeit diskutiert, jene Videos zu erfassen, die TV-Sender auf ihre eigenen YouTube-Kanäle stellen.
Mehr Infos zum Thema Quotenmessung in Österreich finden Sie hier.
Auf der Webseite der AGTT (agtt.at) können Sie die aktuellen TV-Quoten sowie Online-Zahlen einsehen.
TV-Quoten der ORF-Programme sind hier abrufbar.
Kommentare