Scheidender ORF-Sportchef Trost hofft auf gute Lösung für Sport+

Nach 22 Jahren als ORF-Sportchef legt Hans-Peter Trost seine Funktion zurück
Pensionsantritt nach 40 Jahren Küniglberg. ORF-Sport vor Veränderungen. Entscheidungen solle jemand treffen, der sie leben muss. Nachfolge entschieden

Nach 14 Jahren als ORF-Sportchef legt Hans Peter Trost seine Funktion zurück und geht mit heutigem Tag in Pension. Nach 40 Jahren im Unternehmen gebe es natürlich auch Wehmut. „Aber ich will so fair sein: Ich hab privat genug zu tun und im ORF und damit auch in der Sportredaktion stehen so viele Veränderungen an. Da ist es gut und richtig, wenn die Entscheidungen jemand trifft, der sie dann auch leben muss.“ So wird die Sportredaktion nun multimedial aufgestellt und der bisherige Newsroom der TV-Information besiedelt. 

Aktuell ist ORF u. a. wegen des möglichen Aus des Spartensenders Sport+ in der Diskussion: „Ich möchte von der Tribüne aus keine Zurufe machen. Ich gehe davon aus, dass man die Problematik, die sich auftut, gut lösen wird. Es ist für den Breitensport entscheidend, in der Öffentlichkeit sichtbar zu sein – sei es über einen TV-Sender oder auch über Online-Plattformen, jedenfalls, wo immer es möglich ist.“

Frauensport

Trost hat den kleinen Sender, der aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ohne Spitzensport auskommen muss, mit aus der Taufe gehoben. „Wir zeigen dort an die 70 verschiedenen Sportarten. Was wir dort außerdem verstärkt leben konnten, war die Geschlechtergerechtigkeit“, verweist er auf Live-Sport aus der Frauen-Fußball-Bundesliga, Basketball, Volleyball und einiges mehr. Und die mögliche Integration in ORF1? „Mit gutem Willen ist vieles möglich - aber nicht alles.“

Die zurückliegende Zeit im ORF-Management beschreibt der studierte Geisteswissenschaftler mit den Worten des französischen Schriftstellers Albert Camus, der auch Torhüter war: „Der Ball ist nie so auf mich zugekommen, wie ich es erwartet hätte.“ Ein Beispiel ist für Trost die Corona-Pandemie, die zunächst zum Sport-Stillstand und letztlich zu zwei Super-Sport-Jahren geführt hat. „Olympische Spiele im Sommer und im Winter, Fußball-WM und EM - für Sportinteressierte, wie wir es ja sind, waren das Highlights in einer so geballten Form, wie es sie noch nie zuvor gab.“ Für die Redaktion „war das aber natürlich extrem herausfordernd. Da haben einige zunächst Fußball kommentiert, danach Ski-Rennen und auch noch Beiträge gemacht. Das war enorm.“

Kritiker

Immer wieder gab es Debatten, ob der ORF-Sport kritisch genug sei. „Der Spagat von Nähe und Distanz ist eine Kunst im Journalismus allgemein. Es gehört dazu, dass man dem Gegenüber auf Augenhöhe begegnet. Denn Vorwurf, dass alles aus dem ORF-Sport unkritisch wäre, das kann ich hier nicht einfach stehen lassen. Das lässt sich auch mit der Vielzahl der Telefonate zu dem Thema festmachen.“

Insgesamt fühlt sich Trost aber fair behandelt. „Hin und wieder hat vielleicht Kritikern auch der Einblick in die Materie gefehlt. Aber wenn es Kritik gab, war das oft tatsächlich angebracht.“ Dazu zählt Trost auch den Auftritt der Sambatänzerinnen im WM-Studio 2014. „So etwas geht einfach nicht. Aber wir sind auch nur Menschen und machen eben Fehler. Gott-sei-Dank geht es um Sport und nicht um die Herzchirurgie.“

Gewinnmaximierung

Was sich in den zwei Jahrzehnten völlig verändert hat, sind die Verhandlungen um Senderechte. „Früher sprach man mit den Rechteinhabern persönlich. Heute sind das Ausschreibungen um Rechte-Pakete, die zur Einnahmenmaximierung immer stärker zerteilt werden. Da ist das Ende der Fahnenstange bei populären Sportarten noch nicht erreicht.“ Kooperationen – wie mit ServusTV oder Laola – hält Trost an einem so kleinen Medienstandort wie Österreich deshalb für „das Um und Auf. Dafür musste ich auch nie meinen Stolz überwinden. Und es funktioniert ja auch wirklich gut.“

Mit der Fußball-WM in Katar wurde auch wieder die Politisierung des Sports zum großen Thema – auch wenn das Exponenten des Systems wie IOC-Präsident Thomas Bach oder FIFA-Präsident Gianni Infantino nicht wahrhaben wollen. „So zu tun, als gäbe es keine Einflüsse, stimmt aus meiner Sicht einfach nicht. Da reicht ein Blick darauf, wie viele frühere Politiker in Vereinen, Verbänden und Sportorganisationen tätig sind. Das ist im Kleinen wie im Großen so. Aber es ist kein besonderes Phänomen des Sports, ob man das nun gut oder schlecht findet“, meint Trost. 

Nachfolger

Ob es unter diesen Umständen von Vorteil ist, dass – wie einer seiner Vorgänger, Elmar Oberhauser – auch sein Nachfolger, Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter, den Umgang mit der Politik kennt? Trost (als diese Personalia noch nicht bestätigt war): „Das kann, muss aber nicht so sein. Es ist zunächst eine Frage der Persönlichkeit, wie man sich in diesem Umfeld bewegt.“ Da passt ein weiterer Spruch, den sich der 63-Jährige von Bruce Lee geborgt hat: „Sei Wasser – das ist mir in meiner Zeit als Sportchef zwar nicht immer gelungen, aber angesichts der Klippen am Küniglberg nicht blöd.“

 

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