ORF-Sportchef: Wen die Redaktion will und wer die besten Karten hat

ORF-Zentrum (2022): Der aktuelle Kampagnenslogan lautet: „ORF. Für dich und mich und alle“
Stundenlang berichten ORF-Sportredakteure derzeit täglich von der alpinen Ski-WM in Frankreich. Mehr als die Rennen in Courchevel und Meribel beschäftigt die Mitarbeiter der Redaktion aktuell allerdings, wer ihr neuer Chef wird. Wie berichtet tritt Hans Peter Trost mit 1. März seinen Ruhestand an.
Vorige Woche hatten im Bewerbungsverfahren um die Nachfolge die Hearings mit den schließlich elf Bewerbern stattgefunden. Die vierköpfige Hearing-Kommission reduzierte die Liste auf zwei Namen: ORF-Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter und den ehemaligen Sky-Österreich Chefredakteur Thomas Trukesitz. Dass Generaldirektor Roland Weißmann diesen Vorschlag ignoriert und einen anderen Bewerber befördert, gilt als nahezu ausgeschlossen. Trotz eines frommen Wunsches aus der Redaktion.
Wie es das Redakteursstatut am Küniglberg vorsieht, haben die Mitarbeiter im Rahmen einer Neubesetzung eines Chefpostens das Recht, dem Generaldirektor einen Vorschlag zu unterbreiten. Bei einem entsprechenden Voting unter 81 Wahlberechtigten setzte sich schließlich in einer Stichwahl Robert Waleczka mit 34:31 Stimmen gegen Matthias Schrom durch. Die beiden waren mit 17, bzw. zwölf Stimmen als Sieger aus dem ersten Wahlgang hervorgegangen. Die beiden Hearings-Sieger Aigelsreiter und Trukesitz hatten dabei nur jeweils zwei Stimmen erhalten. Das exakte Ergebnis liegt dem KURIER vor.
Gespaltene Redaktion
Das Redaktionsteam ist demnach in zwei Lager gespalten. Dass mit Robert Waleczka ein Urgestein der Redaktion präferiert wird, das aufgrund des Krankenstandes von Hans Peter Trost bereits seit Monaten am Ruder ist, lässt darauf schließen, dass die Mehrheit der Mitarbeiter einer möglichen Veränderung skeptisch oder gar ängstlich gegenübersteht. Matthias Schrom indes hatte in einer Videobotschaft an die Redaktion bei jüngeren Mitarbeitern mit folgender Aussage gepunktet: "Moderatoren-Karrieren müssen beginnen können, dürfen aber auch ab und zu enden."
Seinen Sympathisanten in der Sportredaktion dürfte Schroms Chat-Affäre also egal sein. Der Tiroler hatte als ZIB-Chef gegenüber HC Strache u.a. seine eigenen Mitarbeiter diskreditiert und musste deshalb zurücktreten. Seither ist der 50-Jährige auf Urlaub. Für Generaldirektor Weißmann soll Schrom aufgrund der Chats im Moment noch kein Thema sein für eine neue Führungsposition.
Als wahrscheinlichste Variante gilt weiterhin, dass Weißmann aus der Zweier-Empfehlung der Hearings wählt. Und damit hat der Generaldirektor dem Vernehmen nach genug zu Grübeln. Wie Insider berichten hat der externe Bewerber Thomas Trukesitz beim Gespräch mit der Kommission den besten Eindruck hinterlassen. und wäre in den meisten anderen Unternehmen bereits der Auserwählte.
Hannes Aigelsreiter indes genießt politischen Rückenwind. Dazu kommt, dass der 58-Jährige die Zusage für einen Chefposten im Hause ORF haben soll, weil er bei der Kür zum Radio-Direktor vor einem Jahr gegenüber Ingrid Thurnher offenbar nur deshalb den Kürzeren gezogen hat, weil der Rundfunk bei gleicher Qualifikation bis zu einer Quote von 45 Prozent Frauen bevorzugt. Für Aigelsreiter könnte sich demzufolge allerdings auch eine andere Tür auftun. Nach dem Rücktritt von Robert Ziegler ist er auch Kandidat für den Posten des neuen Landesdirektors in Niederösterreich.
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