#MeToo: Eigene Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch in Medien gefordert

#MeToo: Eigene Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch in Medien gefordert
Raphaela Scharf regte die Schaffung einer Vertrauensstelle an, Frauennetzwerk Medien unterstützt die Forderung. Wie eine solche Stelle konkret aussehen soll, ist jedoch offen.

Eine eigene Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch in der Medienbranche fordert das Frauennetzwerk Medien und lud am Freitag mehrere Unterstützer zu einer Podiumsdiskussion. Die Anregung dafür kam von Moderatorin Raphaela Scharf, die wegen Vorwürfen der sexuellen Belästigung mehrere Jahre gegen Medienmacher Wolfgang Fellner vor Gericht kämpfte. (Er wies diese zurück, im Vorjahr kam es zu einem Vergleich.)

„Ich wusste zuerst nicht, wo ich mich hinwenden soll“, berichtete Scharf, die schließlich bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft Unterstützung bekam. Seit Bekanntwerden ihrer Causa hätten sich viele Frauen bei ihr gemeldet, die von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen sind, und um Rat gefragt. "Die Frauen haben Angst vor Konsequenzen, wenn sie diese Dinge in der Öffentlichkeit aufzeigen. Die Medienbranche in Österreich ist sehr klein, jeder kennt jeden." Deswegen brauche es eine eigene Anlaufstelle, so Scharf, die auf Deutschland verweist: Dort gibt es mit Themis eine Vertrauensstelle für die Bereiche Kultur und Medien.

Parallelen zu Kultur und Sport

In Österreich wurde im Herbst 2022 mit vera* eine Vertrauensstelle gegen Gewalt und Belästigung in Kunst, Kultur und Sport geschaffen. Deren Vertreterin Sophie Rendl ortet auch gewisse Parallelen zur Medienbranche. Patriarchale Denkmuster fänden sich zwar quer durch alle Berufsbereiche, "in manchen Branchen gibt es jedoch begünstigende Strukturen“, erklärte Rendl. Dazu würden etwa prekäre Arbeitsverhältnisse, eine insgesamt kleine Branche oder steile Hierarchien zählen.

Die Initiative zur Schaffung einer eigenen Vertrauensstelle begrüßte auch Sandra Konstatzky von der Gleichbehandlungsanwaltschaft . "Wichtig ist, dass wir keine Doppelgleisigkeiten haben". Der Bereich sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sei gesetzlich grundsätzlich gut geregelt (eine Ausnahme sei etwa die Freiwilligenarbeit). Die Gleichbehandlungsanwaltschaft habe jedoch kein Klagsrecht. Es brauche zudem einen Klagsfonds, um Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur Verfügung zu stellen, wenn es zu Gegenklagen (etwa wegen übler Nachrede) komme.

Finanzierung und Ansiedelung offen

Diskutiert wurde auch eine mögliche Verknüpfung der Medienförderung mit gewissen Präventionsmaßnahmen in Unternehmen. Wo eine Vertrauensstelle angesiedelt sein und wie sie finanziert werden könnte, blieb offen. Konstatzky plädierte gegen eine Anknüpfung an ein Ministerium, jedoch sollte es einen Draht zur Politik geben. "Eine solche Stelle müsste entsprechend groß aufgestellt sein und sie muss ausreichend finanziell ausgestattet sein", betonte Caroline Kerschbaumer vom Verein ZARA. Dies sei wichtiger als die Frage, wo die Stelle angesiedelt sein soll. 

vera* erhält 200.000 Euro im laufenden Förderjahr für den Bereich Kunst und Kultur vom BMKÖS, so Rendl. Die Vertrauensstelle Themis in Deutschland wird von Arbeitgebern mitfinanziert (u. a. den Öffentlich-Rechtlichen, dem Produzentenverband, aber auch Amazon Prime Video und Netflix). Dies könne zu Misstrauen führen, gab Rendl zu bedenken: "In Österreich ist aufgrund der Kleinheit der Branche vermutlich eher davon abzuraten, dass sich die Arbeitgeber daran beteiligen."

Sie verwies zudem auf die Doppelrolle von Journalistinnen und Journalisten: Eine künftige Stelle könne sich einerseits an Betroffene richten, aber auch bei der Berichterstattung über entsprechende Fälle beraten.

Eine gute Ergänzung in einer eigenen Anlaufstelle sieht auch Julia Ilger von der Gewerkschaft GPA , betonte jedoch auch die Bedeutung von Betriebsräten. "Es ist wichtig, dass es eine solche Vertrauensstelle gibt, die signalisiert, dass es Grenzen gibt", meinte Walter Strobl vom Rechtsdienst Journalismus im Presseclub Concordia.

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