„Wenn man den Skisport als Nationalheiligtum angreift – was ja nie meine Intention war, ich wollte ja nur Dinge im System sichtbar machen – dann ist man in Österreich jemand, der auch angefeindet werden kann.“ Seit damals habe sich viel getan. Dass nun ein Film darüber entsteht, sieht Werdenigg positiv, denn dadurch bekomme das Thema Aufmerksamkeit. „Es ist ja auch nicht meine Geschichte, die da verfilmt wird“, stellt die 64-Jährige klar. Die Protagonistin, gespielt von Gerti Drassl, heißt in der Kinoversion Andrea Weingartner. „Der Film hangelt sich an meiner Geschichte entlang, aber es kommen viele Aspekte dazu, die mir von anderen Betroffenen geschildert wurden.“
Werdenigg war von Anfang an in die Entstehung des Films eingebunden, lieferte Inputs zu den Drehbüchern. Regisseur und Drehbuchautor Antonin Svoboda lernte sie vor zehn Jahren auf seiner Hochzeitsreise in Griechenland kennen, die beiden freundeten sich an. Nach ihrem Interview trafen sie sich wieder. „Was sich damals medial abgespielt hat, war schon heftig“, erinnert sich Svoboda. Als Filmemacher suche man immer „exemplarische, metaphorische Geschichten“ – in jener von Nicola Werdenigg wurde er fündig. Dabei sei es nie darum gegangen, ein Biopic zu machen: „In diesem Film geht es um größere Mechanismen und Zusammenhänge.“
Svoboda habe sich erst Gedanken gemacht, ob er sich als Mann an so ein Thema wagen könne. „MeToo ist ja nicht nur eine Frauengeschichte, aber es wird oft so interpretiert. Letztlich war das aber auch wieder ein Grund für mich zu sagen: Trau dich das doch. Ich bin selbst Heimkind. Buben sind genauso betroffen und Machtmissbrauch gibt es leider bei allen Geschlechtern in allen Lebenslagen.“
Nicht alle seien glücklich über den Film gewesen. Vom Land Tirol gab es für „Persona non grata“ keine Förderung. Es sei zwar „de facto kein Werbefilm“, nachvollziehen könne er die Haltung jedoch nicht. „Ich habe es dann aber auch nicht lange versucht, ich will bei niemandem bitten und betteln.“ Stattdessen wurde in Südtirol gedreht. Auch der Skiverband sei nicht sofort erfreut gewesen. „Es hat ein bisschen gedauert, aber ich glaube, sie haben verstanden, dass Dialog wichtig ist und dass nicht Nicola Werdenigg eine Nestbeschmutzerin ist, sondern dass es die Täter sind, die angehende Sportlerinnen und Sportler missbrauchen.“
Womit er nicht gerechnet habe, war, „dass viele Darstellerinnen beim Castingprozess, vor allem ältere, vom Drehbuch getriggert waren und mir zuerst einmal ihre eigenen Geschichten aus ihrem Berufsleben erzählt haben.“ Das sei oft überfordernd gewesen: „Andererseits war es eine Bestätigung für mich, dass der Film wichtig ist, dass er nicht zu spät ist und nicht zu früh sein kann.“
Hauptdarstellerin Drassl begleitet die Thematik des Films schon seit anderthalb Jahren – durch ihre Rolle in Calle Fuhrs Theaterstück „Heldenplätze“, in dem es um Toni Sailer geht. „Ich habe mich intensiv mit Machtmissbrauch und wie wir als Gesellschaft damit umgehen, auseinandergesetzt“, erzählt Drassl. „Man hat schnell mal ein bisschen Macht. Die Frage ist: Wie geht man mit der eigenen Machtposition um? Und wie artikuliert man es, wenn einem Machtmissbrauch widerfährt?“, so die Schauspielerin. „Ich hoffe, dass der Film uns größer werden lässt im Verständnis für das Thema.“
Und was erhofft sich Werdenigg vom Film? „Dass man sieht, wie es Betroffenen geht und was es für sie bedeutet, auch nach längerer Zeit, so etwas anzusprechen.“
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