Fünf Jahre nach #MeToo im ÖSV: "Es ist kein Tabu mehr, darüber zu reden!"

PK SPÖ OBERÖSTERREICH "UMGANG MIT MISSBRAUCHSFÄLLEN IM 'SPORTLAND OÖ'": WERDENIGG
Die ehemalige Skifahrerin Nicola Werdenigg spricht über Veränderungen seit ihrer Veröffentlichung über Missbrauch und sexualisierte Gewalt im ÖSV.

"Du bist irgendwo aus dem Drautal her, oder?" Nach zwei Sätzen im Möchtegern-Hochdeutsch wird aus der Interviewerin plötzlich die Interviewte, und Nicola Werdenigg zeigt eindrucksvoll ihr großes Gespür für Menschen. 20 Jahre lebte die ehemalige Skirennläuferin und gebürtige Tirolerin in Kärnten. Um die Jahrhundertwende zog sie mit ihrem 2016 verstorbenen Mann und den drei Kindern in die Bundeshauptstadt.

Nicola Werdenigg erblickte am 29. Juli 1958 in Innsbruck das Licht der Welt und wuchs unter dem Mädchennamen Spieß in einer skisportbegeisterten Familie in Mayrhofen (Zillertal) auf. Nach ihrer Heirat 1984 mit Erwin Werdenigg bekam sie einen Sohn und zwei Töchter.

Sportliche Karriere: 1973 kam Nicola Werdenigg als 15-Jährige in den Nationalkader und wurde 1976 Olympia-Vierte in der Abfahrt.

"I bin so gern in Wien", sagt die 63-Jährige glücklich und erzählt von ihrer einzigen Enkeltochter, die sie am Abend noch sehen wird. Seit Jahren kämpft sie für eine Zukunft frei von Gewalt, Machtmissbrauch und sexuellen Übergriffen, wie sie es selbst im Skisport erleben musste.

KURIER: 2017 berichteten Sie öffentlich von Missständen im österreichischen Skisport und ihrer Vergewaltigung als 16-Jährige durch einen ÖSV-Teamkollegen. Wie kam es zu diesem mutigen Schritt?

Nicola Werdenigg: Themen wie (Macht)missbrauch machten mich immer schon narrisch. Meine Vergewaltigung habe ich vor 20 Jahren in der Therapie aufgearbeitet, und ich bin seitdem garantiert kein Opfer mehr, sondern eine sehr gestandene Betroffene. Das war die wichtigste Voraussetzung. Konkret gab es im Juni 2017 einen Volleyball-Trainer, der 57 Kinder missbrauchte. Dieser Mega-Skandal war nur eine Randnotiz in der österreichischen Presse. Als dann die Harvey-Weinstein-Geschichte und das #MeToo-Movement ins Rollen kamen, war es Zeit, an die Öffentlichkeit zu gehen. Die erste Reaktion des ÖSV und des damaligen Präsidenten Peter Schröcksnadel, der eine Klage in den Raum stellte und mich verbal attackierte, hat die Geschichte so richtig in alle Medien getrieben.

Hat sich im Skiverband seit damals etwas getan?

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