Fußball-WM bei ServusTV: Drei Frauen am Ball
Mit der Live-Übertragung des Spiels Senegal gegen die Niederlande (16.30 Uhr) startet am Montag ServusTV in Katar das erstmalige Abenteuer einer Fußball-Weltmeisterschaft. Insgesamt 25 Matches, darunter ein Halbfinale und das Spiel um Platz drei, wird man als Sublizenznehmer des ORF übertragen. Was man hier durchaus als Statement des Salzburger Privatsenders interpretieren kann: Teil des Teams im konservativ-islamischen Emirat sind die Reporterinnen Alina Marzi und Anna-Maria Brunnauer, die von Anfang an auf Sendung sind; mit der K.o.-Phase stößt noch Julia Kienast dazu. Auch hinter der Kamera, in Redaktion und Produktion, sind Frauen für das ServusTV-Sport-Highlight im Einsatz.
Auftakt
ServusTV zeigt das Match Senegal vs. Niederlande am Montag live ab 16.30 Uhr. Moderator Christian Nehiba, der sich in dieser Funktion in der Folge mit Christian Baier abwechseln wird, meldet sich mit den Experten Jan Åge Fjörtoft und Steffen Freund aus Salzburger WM-Studio. Aus Doha begrüßt Christian Brugger, der im Laufe der Wochen auch Spiele kommentieren wird, die Fans. Den Schlager der Gruppe A wird Michael Wanits kommentieren, als Co-Kommentator ist Florian Klein an seiner Seite. Alina Marzi und Anna-Maria Brunnauer liefern aktuelle Berichte und Interviews beim Match und auch in „Sport aktuell“ (19.15 Uhr)
Spiele
ServusTV zeigt als Sublizenznehmer des ORF insgesamt 25 Live-Spiele aus Katar: 19 Partien aus der Gruppenphase, zwei Achtelfinal- und zwei Viertelfinal-Spiele sowie ein Semifinale und das Spiel um Platz 3. In Summe sendet ServusTV etwa 75 Stunden live
Für einiges Nachdenken hat das umstrittene WM-Veranstalterland auch bei den Reporterinnen gesorgt. „Mir hat Sportchef Christian Nehiba freigestellt, wie lange ich in Katar sein will – von 0 bis 4 Wochen war alles möglich“, erzählt etwa Kienast. „Ich habe zunächst schon geschluckt, als ich gehört habe, dass wir diese Weltmeisterschaft übertragen. Die Wertevorstellungen, die es in diesem Land gibt, stimmen einfach nicht mit dem überein, wie wir hier leben und wie ich versuche, meine Tochter auch aufzuziehen“, meint sie im KURIER-Gespräch. „Ich habe mich dann sehr viel damit beschäftigt und bin da oft auf die Worte Respekt und Toleranz gestoßen – Respekt vor ihrer Kultur, das ist klar, deshalb werden wir uns natürlich an ihre Regeln halten. Die Auffassung von den Menschenrechten, wie man sie in Katar hat, darf man aber nicht völlig tolerieren.“
Vorschriften
Die Verhaltensvorschriften in Katar für den Umgang von Mann und Frau und damit auch für die Reporterinnen sind umfangreich. Ursprünglich seien das etwa 50 Seiten gewesen – für Frauen etwas mehr, für Männer etwas weniger. „Das kommt von der FIFA, betrifft aber ohnehin jede und jeden, die oder der nach Katar reist. Darunter fällt zum Beispiel, dass die Schultern bedeckt sein sollen, die Knie sollen nicht zu sehen sein etcetera“, schildert Brunnauer. Eine Kopftuchpflicht gebe es nur beim Besuch religiöser Stätten. „Ja, es gelten in Katar Regeln - für westliche Geschäftsfrauen wiederum andere als für einheimische -, aber von der Arbeit her gedacht, machen die keinen Unterschied. Es ist egal, ob ich als Frau nach einem Spiel die Fragen an Spieler oder Trainer richte oder ob das ein Mann tut – ich bin für ServusTV dort und damit sollte es passen“, sagt Marzi.
Die Burgenländerin, deren Vater wie auch bei Kienast Fußball-Profi war, kennt Katar als Sport-Journalistin schon von der MotoGP, die hier im März ihren Saisonstart hatte. „Es ist aber natürlich ein Unterschied zwischen einer Fußball-WM, die über einen Monat geht, und einem MotoGP-Wochenende, bei dem man sich die meiste Zeit ohnehin an der Strecke aufhält. So viel vom Land bekommt man da gar nicht mit.“
Schwierige Umstände
Diesmal werden die Reporterinnen auch außerhalb von Sportstätten unterwegs sein. „Es wird Interviews geben, wir werden auch die Fan-Meilen besuchen. Allerdings ist sehr streng geregelt, wo man filmen darf. Für Interviews muss man zuvor bei der FIFA anfragen. Und die Positionen, von wo aus man nach einem Spiel die Fragen stellt, sind auch festgelegt“, erzählt Brunnauer. Erschwert wird die journalistische Situation dadurch, dass Österreich kein Teilnehmerland und deshalb im Relevanz-Ranking der FIFA nachgereiht ist. „Ich denke aber, wir haben bei den deutschsprachigen Mannschaften, also Deutschland und Schweiz, gar nicht so schlechte Karten“, glaubt Kienast.
Die Umstände sind schwierig, aber: „Ich bin zum ersten Mal bei einer WM, das ist ein Großereignis und dort zu arbeiten, dabei zu sein, darüber freut man sich tierisch“, sagt Brunnauer. Marzi ergänzt: „Wir reden hier über Spitzensport. Wir reden über Sportler, die ihr ganzes Leben lang auf dieses Großereignis hinarbeiten, dem alles unterordnen. Ich glaube, mit dem Respekt davor und diesem Spirit werde ich diese Reise antreten und wir werden unseren Job so professionell wie möglich machen. Aber natürlich steht es jedem frei, nicht zuzuschauen.“ Sie hält es beim Thema Boykott mit dem deutschen Nationalspieler Leon Goretzka, der sinngemäß meinte: „Wenn wir nicht spielen, dann überlassen wir die Bühne anderen Leuten, die andere Wertevorstellungen haben, die die Menschenrechte nicht so sehen wie wir und deshalb spiele er.“
Viel Geld
„Das ist leicht gesagt - der FC Bayern bekommt ja auch sehr viel Geld von Katar“, wirf Kienast ein. Andererseits: „Man braucht nicht scheinheilig sein: Wir Sportfans sind Woche für Woche bei der Champions League begeistert, wenn wir Messi, Mbappé und Neymar bei PSG spielen sehen – das gibt es eben auch nur, weil Katar der Klub gehört und Geld reinbuttert.“ Und sie betont: „Wir sind drei selbstbewusste Frauen, die dorthin fahren und ich halte das für das beste Aushängeschild einer toleranten Gesellschaft.“
Und bis zu der war bzw. ist es im Sportbereich auch in der Heimat ein weiter Weg, weiß Kienast aus eigener Erfahrung. „Da gibt es bei uns schon noch einiges zu tun, bis der Sport in der Gleichberechtigung angekommen ist.“
Vorfreude
Der Fokus der drei Fachfrauen liegt indes auf den kommenden WM-Wochen. „Ich freue mich auf alle Fälle, Lionel Messi spielen zu sehen. Ich bin seit Jahren ein ganz großer Fan. Es wird wahrscheinlich auch die letzte WM für Cristiano Ronaldo. Beide Evergreens, beide Giganten dieses Sports noch einmal live zu erleben, ist ein Traum, der da für mich in Erfüllung geht“, sagt Kienast. „Da geht eine Ära zu Ende“, meint Marzi, die sich auch auf die jungen Wilden freut, zu denen zuallererst Jamal Musiala zählt. „Er hat im vergangenen Jahr beim FC Bayern eine unglaubliche Entwicklung gemacht. Er hat das Potenzial, ein Highlight dieser WM zu sein.“ Brunnauer fiebert hingegen dem Spiel Frankreich gegen Dänemark entgegen: die eine Mannschaft als Favorit für den Titel mit Mbappé, Hernandez usw.. Bei den Dänen hat es ihr Christian Eriksen angetan – „ich bin ein sehr emotionaler Mensch, wenn jemand wie er – wir kennen alle das Drama um seinen Herzstillstand bei der EM 2021 – nochmals bei einer Weltmeisterschaft dabei sein kann, dann berührt mich das sehr.“
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