Siri Hustvedt: Bei den verklemmten Norwegern

Siri Hustvedt: Bei den verklemmten Norwegern
Siri Hustvedts Essays über Väter, Mütter, Kunst und Frauenhass

Der Großvater hatte Albträume und schrie immer im Schlaf. Dabei gibt es Geister bei den Norwegern doch nur auf der Bühne, bei Ibsen zum Beispiel. Im wirklichen Leben müssen sich Skandinavier, Norweger ganz besonders, immer stoisch geben, manchmal dürfen sie auch verklemmt sein, schreibt Siri Hustvedt. Vielleicht ein Grund, warum sich ihr Vater, der Skandinavist Lloyd Hustvedt, dem Dramatiker Ibsen, der Angst und Scham auf der Bühne zur Schau stellte, besonders sorgfältig widmete.

„Mütter, Väter und Täter“ heißt die neue Essay-Sammlung der New Yorker Schriftstellerin, deren Urgroßeltern Ende des 19. Jahrhunderts aus Norwegen nach Minnesota einwanderten. Hustvedt beginnt die berührenden Aufzeichnungen über ihre Wurzeln kurz nach dem Tod der Mutter 2019. Sie schreibt über Familiengeheimnisse, die nie geheim waren. Die Albträume des Großvaters, den entschlossenen Gang der Mutter. Über eigenes und fremdes Muttersein. Über Frauenhass. Immer wieder über Ibsen. Auch Kunsttheorie und das Schreiben im Allgemeinen ist Thema: Wer war wem Mentor? Wer war Joyce für Beckett und wer war Beckett für Paul Auster?

Man sollte diese Essays nicht der Reihenfolge nach lesen. Die letzten Kapitel sind die dunkelsten. Bei den verklemmten Norwegern ist es heimeliger.