Rabinowich geht essen: Rumkugeln und Kekszuzeln

Was ist wohl besinnlicher, als eine riesige Schachtel voller Weihnachtskekse, die eigentlich für eine ganze Großfamilie gedacht war, in einer zügellosen Orgie zu verschlingen?
Julya Rabinowich

Julya Rabinowich

Das Schönste an der Vorweihnachtszeit ist, wie wir alle wissen, natürlich das Besinnliche. Und was ist wohl besinnlicher, als eine riesige Schachtel voller Weihnachtskekse, die eigentlich für eine ganze Großfamilie gedacht war, die jetzt leider doch nicht kommen kann, in einer zügellosen Orgie an Puderzucker und Schokoladenglasur zu verschlingen? Es ist natürlich so, dass das Lustvolle derzeit gewisse Dämpfer erhält. Die Restaurants sind immer noch geschlossen, die Dunkelheit fällt gnadenlos ohne Christkindlmärkte über das Land herab, Geselligkeit ist dieses Jahr eine höchst virtuelle Angelegenheit. Das ist einerseits schmerzlich, weil man ja gerne beisammen isst.

Andererseits schlägt nun die Gnade der Stunde zu: Man kann das alles für sich alleine haben. Ein wenig geht es einem dieses Jahr wie in einer Neuauflage von Thomas Glavinics Roman, in der sich der Protagonist plötzlich in einer menschenleeren Welt wiederfindet.

Das hat viele unschöne Aspekte und einen ganz wundervollen. Die Kekse. Diese Gnade aus süß und saftig. Dieser Traum von nussig und kernig. Die zu Kaffee so gut schmecken und zu Tee. Eigentlich zu egal was. Sie schmecken. Sie machen süchtig.

Sie sind böse. Diese unglaubliche, schier unbewältigbare Diversität, von allseits bekannten Kekspromis wie den Vanillekipferln, Zimtsternen und Rumkugeln, über fruchtige Minilinzeraugen, die traditionellen, aber selten gewordenen Eisenbahner, bis hin zur C-Prominenz der weniger gewohnten, aber sehr interessanten Variationen wie vegane Ma’amoul-Kekse mit Dattelfüllung.

Ich bin sehr dafür, dass sie in der Liga aufsteigen dürfen.

Alles in allem: eine Expedition ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. In Hauszustellung oder Bäckereiabholung gibt es Varianten ohne Ende: Es gibt Kekse in veganer, vollkorniger, sogar zuckerreduzierter Ausführung (ebenso wie die Ma’amoul-Kekse nur online bei Markta). Absolut persönliche Testsieger sind leider, leider die unvergleichlichen, die göttlichen Kekse, die es in der Warenhandlung gibt. Die Abmischung ist fatal reichhaltig, mit nur einer Packung kommt man noch lange nicht in den Genuss des totalen Überblicks.

Das Wörtchen „leider“ kommt hier in Kombi mit „Warenhandlungskekse“ nur, weil ich schon drei Packungen erwarb, um wenigstens zum Weihnachtsspaziergang am 24. 12. mit der Kernfamilie etwas Weihnachtliches teilen zu können. Und ich schwöre, ich kann wirklich alles erklären! Es ist einfach so, dass das Leben endlich ist und auch unberechenbar. Also gut, ja, ich gebe es zu: Sie sind schon alle weg. So ist es nämlich mit den Weihnachtskeksen, wenn man ganz allein zu Hause sitzen muss.

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