Rabinowich geht essen: Inselleben, mit Orangen

Im Café Français kann man frühstücken, bis man sich am Montmartre wähnt. Oder am Meer.
Julya Rabinowich

Julya Rabinowich

Das Hündchen ist ja schon ein älteres Hündchen, und ältere Hündchen haben eine Neigung zu Drama mit einem Schuss Tierarzt. Auch das sollte mal hier thematisiert werden, aber nicht heute. Heute geht es um Drama und Genuss. Das Hündchen liebt nicht nur Drama, sondern ist einem gepflegten Restaurantgang, einem gemütlichen Kaffeehausnachmittag und einem abendlichen Beislbesuch grundsätzlich nie abgeneigt. Das führte unter anderem dazu, dass mein eher asketisch veranlagter Ex-Mann über meinen liederlichen Lebenswandel verräterisch genau informiert wurde, als er einmal auf Hündchen aufpassen musste. Und zwar in der Innenstadt.

Bevor er Hündchen bei mir ablieferte, rief er an, räusperte sich und sagte dann vorwurfsvoll: „Bist du eigentlich oft im Ersten unterwegs?“ Die Stimme verhieß einen schwelenden Konflikt, deswegen fiel die Antwort sehr dehnbar aus. „Ab und zu, warum?“ „Der Hund ist vom Stephansplatz bis Schwedenplatz in jedes Lokal gestürmt, um dich abzuholen!!!“ Daraus schloss ich sherlockscharf: Am Schottenring waren sie offenbar nicht. Da hat er aber was versäumt, das verkniff ich mir aber rauszuposaunen.

Da ist nämlich jenseits des Ringes eine kleine französische Insel mitten im austriakischen Gewimmel um die Hauptuni lokalisiert. Die Insel ist eigentlich ein Café und das Café heißt Café Français. Hier kann man frühstücken, bis man sich am Montmartre wähnt. Oder am Meer. French Toast zum Beispiel. Mit Früchten und Ahornsirup. Oder Baguettes. Oder man stürzt sich gleich tagsüber ins Eingemachte und ordert als Vorspeise Sardinen à l’orange: Lauwarm, mit Pinienkernen und Rosinen, äußerst delikat und erfrischend, begleitet von goldgelb angerösteter Baguette mit Kräutern. Und wenn man es wirklich wissen will, greift man anschließend weiter zu Coq au Vin – ja, gewiss ein Klassiker, weniger überraschend als die Sardinen, aber immer wieder eine große Freude. Wer also weiter experimentieren und ins Orientalische abgleiten möchte, dem bietet sich das Lamm Barkuk an – zart, fruchtig durch die zugefügten Dörrpflaumen, und damit das zarte französische Lamm sich nicht zu einsam fühlt, begleitet von Reis mit Mandeln – eine Sünde, kurz zusammengefasst!

Wer jetzt noch stehen kann, der werfe nicht den ersten Stein, sondern wage einen frivol frechen Blick in die Dessertkarte. Hier darf man erst zaghaft und dann hingebungsvoll mit Boding bekannt werden – der sich als Croissantauflauf mit Äpfeln und (schon wieder, ich entschuldige mich bei allen Feinden der Rosine, es wird ihnen in einem anderen Kolümnchen Genüge getan!) – Rosinen entpuppt. Wer keine Croissants und keine getrockneten Weintrauben abkann, dem sei die krachend glatt glasierte Crème brûlée ans süße Herz gelegt.

Wer kein süßes Herz in seiner Brust trägt, der kann mit der Käsevariation mit lauwarmer Feige liebäugeln, wobei ich damit keinesfalls andeuten möchte, dass die Betreffenden ein käsiges Herz hätten! Nicht mal mein asketischer Ex-Mann hatte ein käsiges Herz! Das kann auch mein Hündchen jederzeit eidesstattlich bestätigen.

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