Raab geht essen: Der Lentsch ist da
Anders als der protzig bunte Lenz kommt er in unscheinbarer Eleganz. Ihn kaum erwarten zu können, bedeutet nicht, sich trotzig kurzärmelig Anfang März bis Ende April den x-ten Schnupfen einzufangen, oder irgendwo im Firn mit Skimontur den ersten Sonnenbrand. Der Lentsch kommt ruckzuck im schlichten Zwölfer-Karton glücklicherweise per Post. Die Schnitzeljagd mit nie eingetroffenen und im Irgendwo hinterlegten Paketen hat fulminant DPD übernommen.
Bei Lentsch-Kisten wäre dies fatal. Denn von fremder Hand geöffnet, wird da nicht viel übrig bleiben. Die Flaschen sehen aus, als wäre da ein wahrlich edler Tropfen drin und so was kann gewaltig in die Hos’n gehen. Etiketten gibt es von einer derartigen Hässlichkeit, da fällt es schwer, an das Genussmittel darin als ein solches zu glauben. Klappt umgekehrt natürlich genauso. Außen hui, innen pfui. Je schöner die Etikette, desto höher die Erwartungen. Insofern hat sich die Familie Lentsch ordentlich etwas eingebrockt.
Obendrein bei diesen Preisen. Zum Beispiel der butterweiche Blaufränkisch 2019 (Burgenland Gold, Falstaff 89). Ein Wein, der einfach eine Freud’ macht, den Gaumen sanftmütig behandelt, zwar geschmacksintensiv ist, aber nicht picken bleibt vor lauter Tanin. Kommode 13 Prozent, verträgt 16 Grad, und wer ihn – nennen wir’s mal vorsichtig südländisch – aus dem Kühlschrank trinkt, wie beispielsweise den Lentschen Grüner Veltliner 2021 (wieder Gold), wird sich immer noch freuen.
Ebenso der ungemein harmonische, saftig volle Blauer Zweigelt 2019. Kräftiges Rubinrot, zarter Vanilleeinschlag, beerig, kirschig, einfach schön. Sieht aus wie ein Auweh fürs Börsel, sauteuer, schmeckt ebenso, ist gold-prämiert, Falstaff 89, und jetzt kommt’s: Preis und Leistung sind unschlagbar. Solch ein Top-Wein um 6,70 Euro! In diesen Zeiten? Besser geht es nicht. Der Blaufränkische übrigens kostet 6,40 Euro! Ebenso der prämierte Veltliner. Und selbst ihre Heiligkeit die Remanenz 2019, wieder ein Goldwein mit 92 Falstaffpunkten, liegt bei – für so einen Reserve-Wein sensationellen – 18 Euro.
Mir ist schon klar, über Geld spricht man nicht, dennoch darf in Zeiten, die von dem künstlichen Aufgeblähe des Nichts leben, darauf hingewiesen werden. Es gibt auch leise Sensationsweine, Winzerfamilien, die nicht an Selbstvermarktung mit ziemlich mauen Weinen im Gepäck interessiert sind, sondern die einfach ihre Weine für sich sprechen lassen. Ein Besuch (auch leibhaftig) im schönen Burgenland (Podersdorf) bei der begnadeten Winzer-Familie Lentsch lohnt sich.
Neusiedlerstraße 40, 7141 Podersdorf am See
Website
Tel. 2177 2398
Öffnungszeiten:
April bis September: Mo.–Sa. von 9 bis 12 und 13 bis 18 Uhr, So. 10 bis 12 Uhr.
Oktober bis März nach Voranmeldung
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