Wissenschaft: Bewegung als Glücksgarant

Eine Studie zeigt: Bewegung hebt die Stimmung mindestens so sehr wie Geld.
Die bislang größte Studie zum Zusammenhang von Sport und Wohlbefinden zeigt: Bewegung macht mindestens so glücklich wie Geld.

Wagen wir ein kleines Gedankenexperiment. Sie haben die Wahl: Zwischen einer Gehaltserhöhung und einem Fitnessstudio-Abo. Wofür entscheiden Sie sich?

Ersteres scheint verlockend, Forschern zufolge profitiert die Psyche von letzterem aber mindestens genauso stark. Denn: Ein zusätzliches Einkommen macht erst ab 22.000 Euro so glücklich wie Sport.

Das ist eine Kernerkenntnis einer Untersuchung von britischen und US-amerikanischen Wissenschaftern rund um Psychiater Adam Chekroud von der Yale University in Connecticut. An Aussagekraft mangelt es dieser nicht: Für die Erhebung, die vor einigen Monaten im Fachblatt Lancet veröffentlicht wurde, wurden über 1,2 Millionen US-Bürger zu ihrem psychischen Gesundheitszustand befragt.

"Wie oft waren Sie unglücklich?"

Die Ausgangsfrage der Studie lautete: "Wie oft haben Sie sich in den vergangenen 30 Tagen psychisch nicht wohl gefühlt, beispielsweise aufgrund von Stress, Depressionen oder emotionalen Problemen?" Auch Daten zu den Einkommensverhältnissen und körperlichen Aktivitäten der Studienteilnehmer wurden erhoben. Dazu legte man ihnen eine Liste mit 75 Sportarten vor, aus Basis derer die Studienteilnehmer angeben sollten, welcher Disziplin sie wie häufig nachgingen.

In der folgenden Auswertung zeigte sich: Die befragten Sportler fühlten sich im Schnitt wesentlich wohler. Zwar gaben auch sie an, sich an knapp 35 Tagen im Jahr psychisch belastet zu fühlen. Jene Befragten, die kaum oder keinen Sport trieben, berichteten von fast doppelt so vielen unschönen Tagen – im Schnitt waren es 18 Tage mehr.

Und: Körperlich Aktive fühlten sich genauso gut wie Sportmuffel, die jährlich 25.000 Dollar, also knapp 22.000 Euro, mehr auf dem Konto hatten. Geld wiegt die Vorteile von Bewegung also erst ab einem beträchtlichen Betrag auf.

Komplexe Glücksformel

Ganz so einfach ist die Glücksformel freilich nicht: Der Umkehrschluss – dass möglichst viel Sport auch möglichst viel Glück einbringt – ist nicht zulässig. "Das Verhältnis von Sportdauer und psychischer Last zeigt eine U-Form", sagt Studienleiter Chekroud im Interview mit der Welt. Das bedeutet: Nicht nur der Mangel, auch ein Übermaß an Bewegung kann das Wohlbefinden beeinträchtigen.

Kausalzusammenhänge – also ob Sport tatsächlich glücklich macht oder glückliche Menschen einfach öfter Sport treiben – konnten trotz der großen Datenmenge nicht bestimmt werden. Denkbar wäre demnach auch, dass unglückliche Menschen sich nicht zu sportlicher Betätigung aufraffen können.

Chekroud zufolge deuten frühere Untersuchungen jedoch in eine andere Richtung: Aus klinischen Studien wisse man, wie Sport auf die Stimmung eines Menschen wirkt.

Das nicht (nur) Geld, sondern vor allem Freunde und Gesundheit glücklich machen, haben auch Forscher der Londoner School of Economics and Political Science herausgefundenIm Zuge der Metastudie aus dem Jahr 2016 zeigte sich, dass nicht Geldprobleme, sondern vor allem gescheiterte Beziehungen und instabile Freundschaften sowie physische und psychische Erkrankungen die Menschen unglücklich machen.

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