Die Kochrevolution von Lima
Eigentlich wollte Astrid Gutsche nur ein Restaurant in Perus Hauptstadt Lima eröffnen. Jetzt hat sie Probleme, die Frage nach der Zahl ihrer Restaurants rund um den Globus zu beantworten. "Ich will es gar nicht wissen, das stresst mich." Ihr Name und der ihres Partners Gastón Acurio stehen inzwischen als Synonym für eine kulinarische Aufstiegsgeschichte – und einen ganz neuen Stolz in Peru. Die Küche lockt hunderttausende Touristen nach Lima – und Astrid und Gastón haben eine Mission, sie rekrutieren den Kochnachwuchs aus Armen- und Elendsvierteln.
Es wurde Ersteres, an der renommierten Kochschule Cordon Bleu in Paris lernte sie Gastón kennen. "Ich wusste nicht, dass er Peruaner ist." Das erste Restaurant eröffnen sie 1994: Astrid & Gastón. Allein in Lima betreiben sie heute 20 Restaurants, darunter neben einigen Tanta-Fillialen auch die Kette Madame Tusan, die die chinesische und peruanische Küche kombiniert.
Die Nummer 30 der Welt
Während Astrid Gutsche erzählt, schreibt sie Nachrichten an Gastón und schickt Selfies mit rausgestreckter Zunge. Und dann erzählt sie von ihrer besonderen Mission. Sie haben auch Indígenas als Küchenchefs und laden schon einmal deren ganze Familien zum Essen in einem Restaurant ein. Einmal beschwerte sich ein Pärchen aus reichem Hause: "Das Essen war sehr fein, aber warum haben sie solche Gäste?" Astrid Gutsche geigte ihnen die Meinung. "Historisch gibt es eine große Rassentrennung."
Und sie erzählt mit fast kindlicher Freude von der Kochschule Pachacútec, 40 Kilometer außerhalb von Lima. Die Fahrt geht vorbei an einer riesigen Raffinerie, über staubige Pisten, durch arme Viertel mit Hütten und Häusern aus Lehmziegeln. Es geht durch ein kleines Tor, eine weitläufige Anlage, errichtet von der Kirche, mehrere Schulgebäude. Blick auf den blauen Pazifik. Plötzlich steht da mitten im sandigen Nichts ein alter Schiffscontainer. Eine Seite mit einer hydraulischen Klappe versehen – drinnen stehen Regale mit hunderten Kochbüchern. Die Bibliothek der Kochschule. Die Köche von Astrid und Gastón fahren immer hierhin hinaus, um Unterricht zu geben.
Kosten für Kochschule: 32,50 Euro im Monat
Über 20 Absolventen arbeiten heute in einem der Restaurants von Astrid und Gastón, einer hat es sogar zum Küchenchef im La Panchita in Lima gebracht. Mehr als 90 Prozent fänden danach eine Arbeit, sagt Bravo. Zehn Absolventen arbeiten in Hotels in Dubai.
Bei der Frage, wer nach der Ausbildung ins Ausland will, gehen alle Finger hoch. Aber nur, um noch mehr zu lernen. Danach ist für viele die Heimat Peru wieder das Ziel. Kunstvoll balanciert Yván Salguero (23) ein fein geschnittenes, in Sojasause mariniertes Rinderfilet in der Pfanne, flambiert es. Für ein Lomo Saltado, noch so ein Nationalgericht, gebraten mit Zwiebeln, Paradeisern und Chilischoten.
Chinesische und japanische Einflüsse: Das Sushi der Anden
Sie fasziniert, dass die Küche der Spiegel der vielen Einwanderer ist. Chinesische, japanische Einflüsse spielen eine starke Rolle – Ceviche ist eine peruanische Variante von Sushi. "Und alles mögliche wächst hier, wir haben alle Vegetationszonen." Im Restaurant Central von Virgilio Martínez werden Menüs gereicht, die sich an der Höhe orientieren, auf den Tisch kommt, was dort wächst. So gibt es beim 3900-Meter-Menü weiße Kartoffeln, die nur in den Anden wachsen.
Gutsche legt Wert darauf, den Angestellten auch zu vermitteln, dass der viele Fisch nur aus umweltschonender Fischerei kommen soll, dass man mit kleinen Märkten zusammenarbeitet. Alle Angestellten bekommen beim Essen 50 Prozent Rabatt. "Früher hat man die ganzen Schätze, diesen Reichtum an Zutaten, nicht so gehoben", erzählt sie. Wenngleich sie selbst weiterhin eine große Schwäche für Gummibärchen hat. Das Kochen breche gerade in Peru soziale Barrieren. "Es hat sich ein großer nationaler Stolz auf die Küche entwickelt, fantastisch."
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