Algen, Superfood und Rote Rüben: Wie sich Tee neu erfindet
Herbstzeit ist Teezeit. Das ist mehr als nur eine Floskel: Durchschnittlich elf Tassen werden in der kalten Jahreszeit pro Person und Woche getrunken, im Sommer sind es nur knapp sechs. Und zur schon bestehenden großen Vielfalt – alleine vom Schwarz- und Grüntee gibt es mehr als 3000 Sorten – kommen immer neue Geschmacksrichtungen dazu. Von Goji über Moringa bis hin zu verschiedenen Gemüsearten und Kombinationen mit Algen.
Während die Vielfalt in der Tasse steigt, bleibt aber der Gesamtkonsum seit Jahren konstant, heißt es beim Österreichischen Tee- und Kaffeeverband anlässlich des heutigen „Tag des Tees“. 33 Liter sind es pro Kopf und Jahr. Zum Vergleich: Beim Kaffee sind es 145 Liter.
Konstante Vorlieben
Kräuter- und Früchtetee stehen in der Gunst der Österreicher ganz oben – wir sind quasi die Europameister in diesem Segment, noch vor Schwarz- und Grüntee. Das zeigte das aktuelle Tee-Barometer, für das das Teehaus Demmer 1000 Teetrinker befragen ließ.
Was hierzulande als Tee gilt, ist eigentlich nur „teeähnlich“. Streng genommen wird nur ein Aufguss aus Teilen der Teepflanzen camellia sinensis oder camellia assamica als Tee bezeichnet. Zu den teeähnlichen Getränken zählen neben Kräuter- und Früchte-Aufgüssen übrigens auch koffeinfreie Heißgetränke wie etwa Rooibos, Honigbusch oder der indische Gewürztee Chai.
Unabhängig von der Definition des Begriffs Tee, erfindet sich das Getränk immer wieder neu. Nach Ingwer und Kurkuma kommen jetzt auch rote Rüben, Karotten und Brokkoli in die Tasse. Am Ende bleiben Gemüsetees aber Geschmackssache – wer lieblich-süßliche Aromen bevorzugt, der ist hier nicht ganz richtig.
Und auch Superfoods, wie verschiedene Beerensorten, sind jetzt im Tee angekommen – der aktuellen Wellness- und Gesundheitswelle sei Dank. „Tee soll nicht nur schmecken, er soll auch was können“, fasst Christoph Masin von Jäger-Tee den Kundenwunsch zusammen.
Tee mit Meeresgeschmack
Ein aktuelles Beispiel für diese Wandlung vom Heißgetränk zum „Functional Food“, das einen Mehrwert für Geist und Körper bietet: Mischungen mit Spirulina-Algen. Die Vielzahl der gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe soll ihre Wirkung auch beim Teetrinken entfalten. Mit dem Vorteil, dass der vielleicht gewöhnungsbedürftige Meeresgeschmack durch Kräuter- und Fruchtnoten abgemildert wird. Demmer-Geschäftsführerin Johanna Birnstingl-Rumpl sieht auch im Einsatz der roten Rübe Vorteile. „In Früchtemischungen sorgen sie für eine schöne rote Farbe. Damit kann man gut Hibiskus ersetzen, der manchen Teetrinkern wegen seiner Säure Magenprobleme macht.“
Mit künstlich aromatisierten Mischungen geben sich zudem immer weniger Konsumenten zufrieden. „Die genauen Inhaltsstoffe sind vielen Kunden ein Anliegen“, weiß Eva Haas vom Wiener Teegeschäft „Haas & Haas“. Mit einer eigenen Serie aus nur drei oder vier Zutaten komme man diesem Bedürfnis entgegen. Das heißt etwa: Statt Vanille-Aroma kommt echte Vanille in die Teemischung, ebenso wie nur getrocknete Früchte.
Ob man seinen Tee lieber als schnellen Aufguss mithilfe eines Teebeutels trinkt oder mit sekundengenauen Ziehzeiten in Spezialkannen zelebriert, ist keine Glaubensfrage mehr. „Es ist ein Vorurteil, dass die Qualität von Beuteltee schlechter sei“, betont Johann Brunner. Doch vor allem in der Gastronomie oder im privaten Bereich am Wochenende nehmen sich mehr Menschen Zeit für Tee. „Da ist der Faktor Zeit wesentlich geworden.“
Zucker oder Honig?
Woran man bei Tee kaum herum kommt, ist das Thema des Süßungsmittels. Puristen wollen überhaupt unverfälscht genießen, für andere gehört mehr Süße zum Wohlgenuss dazu. Zucker oder Kandiszucker (langsam auskristallisierte Zuckerlösung)sind zwar Klassiker, aber mit Honig kann man dem Tee noch einmal neue Aromen hinzufügen. „Die Süße des Honigs ist ein besserer Geschmackstransformator als raffinierter Zucker. Honig macht den Tee so richtig rund und unterstützt sein Aroma perfekt“, beschreibt Tee-Expertin Johanna Birnstingl-Rumpl. Um die hitzeempfindlichen Inhaltsstoffe nicht zu zerstören, empfiehlt sie, den Tee vor dem Süßen erst auf die ideale Trinktemperatur abkühlen zu lassen.
Doch nicht jeder Honig passt gleich gut zu jeder Teesorte. Was zum Beispiel gut harmoniert, ist milder Akazienhonig und würzig-kräftiger Assam-Schwarztee. Die feine Süße dieses Honigs neutralisiert aber in Früchtetees mit Hagebutten oder Hibiskus die Fruchtsäure. Eine ähnliche Wirkung hat auch Lindenblütentee. Kräftig-würziger Waldhonig wiederum unterstreicht kräftige Schwarztees, aber holt in Früchtetees ebenso die fruchtige Note hervor. Und der eher herbe Edelkastanienhonig verleiht einem Rooibos-Vanille-Tee einen besonders vollmundigen Geschmack.
Kommentare