30 Sekunden: Warum die neuen Koch-Videos süchtig machen

30 Sekunden: Warum die neuen Koch-Videos süchtig machen
Penne mit Hendl oder Eisbrot - das Geheimnis der kurzen Clips von BuzzFeed.

31 Sekunden dauert die Zubereitung des "Ice Cream Bread", im Hintergrund tönt eine eingängige Melodie der Kategorie Kaufhaus-Musik, am Ende eine Männer-Stimme im Off "Oh, yes". Der Unterschied zu bisherigen Formaten: Die neue digitale Kochschule der ein Jahr alten BuzzFeed-Marke Tasty dauert in der Regel nur 30 Sekunden, der Zuseher sieht die komplette Zubereitung des Gerichts im Schnelldurchlauf, Moderatoren braucht es keine mehr.

Die kurzen Koch-Videos sind der Renner in den sozialen Netzwerken – 50 Millionen Likes auf Facebook. Alleine der youtube-Kanal von Tasty wurde mehr als 17 Millionen Mal aufgerufen. Die tatsächlichen "Views" liegen viel höher, seit Facebook ein automatisches Abspielen der kleinen Clips veranlasste. Und seitdem kennt die Facebook-Gemeinde die digitale Kochschule aus ihrer Timeline. Psychologin Natalia Ölsböck, Expertin für Stress- und Selbstmanagement: "Die neuen Koch-Videos passen sehr gut in unsere Zeit. Sie sind leichte Kost, man muss sich nicht darauf einlassen. Man lässt sich berieseln und entspannt zwischendurch. Heuzutage können und wollen sich viele gar nicht mehr die Zeit für umfangreiche Rezepte nehmen. Die Videos sprechen alle Sinne an."

Wir haben uns an Kochshows satt gesehen

30 Sekunden: Warum die neuen Koch-Videos süchtig machen
Liebhaber von TV-Kochsendungen mag erstaunen, dass das neue Genre komplett auf Tipps oder Warenkunde verzichtet, lediglich einzelne Informationen zu Back- und Kochzeit werden eingeblendet. Freilich funktioniert diese Erzähltechnik nur bei einfachen Rezepten mit wenigen Töpfen. Medienpsychologe Peter Vitouch bezeichnet die Entwicklung als "spannend" und erklärt sich die große Beliebtheit der Clips mit der "Neuartigkeit": "Wir haben uns an den etablierten Kochshows, die ihre Berechtigung haben, schon ein wenig satt gesehen."

Die Geschichte von Kochsendungen nahm in den USA ihren Anfang: 13 Jahre nach der ersten im Radio, strahlte die BBC die erste TV-Kochsendung aus. Marcel Boulestin unterrichtete am 21. Jänner 1937 die Briten über die richtige Zubereitung eines Omelettes als Teil eines fünfgängigen Menüs. Es sollten fast zwei Jahrzehnte vergehen, bis die Österreicher vom ORF und Österreichs erstem Fernsehkoch Franz Ruhm eingekocht wurden. Die Jahre vergingen, das Format entwickelte sich und verlagerte sich sogar ins Internet, stets blieben aber Moderatoren und Köche im Mittelpunkt. Vitouch: "TV-Kochshows haben einen wirklichen Unterhaltungswert. Die kurzen Clips sind hingegen eine Reduktion und beschränken sich auf das Wesentliche: kochen. Man sieht sich das Video zu Hause zwei- oder dreimal an und kocht es dann wirklich nach."

Wir teilen Essen auf Facebook

30 Sekunden: Warum die neuen Koch-Videos süchtig machen
Die Produktion für solch ein Rezept braucht nur einen Tag, wie Andrew Gauthier, Executive Producer für BuzzFeed Motion Pictures, bekannt gab. Sein Unternehmen veröffentlicht bis zu zwei Clips täglich. Mittlerweile gibt es weltweite Nachahmer. Gauthier erklärt sich den Erfolg mit dem Wunsch nach Teilen: "Was machen wir in sozialen Medien? Wir vernetzen uns mit Freunden und Familie, schmieden Pläne, dokumentieren Erlebnisse und teilen Dinge, die wir lieben. Essen vereint all diese Punkte, angefangen von Familienessen, Dates oder Brunchen mit Freunden. Essen gehört zu jenen Erlebnissen, die geteilt werden. Für uns ergab es daher Sinn, dass die Menschen auch unsere Videos teilen würden."

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