Fernsehen kann Kinder gesünder machen. Klingt absurd, ist aber das Ergebnis einer neuen Studie von Ernährungsexperten. Sie untersuchten, wie sich Kinder-Kochshows bei ihren Zusehern auswirken. Sie ließen eine Gruppe von Zehn- bis Zwölfjährigen eine Sendung mit gesunden Nahrungsmitteln ansehen und die andere eine Folge mit ungesundem Essen. Danach boten sie ihnen einen Snack an: Die Kinder mit gutem Vorbild griffen nach der Sendung mehr als doppelt so häufig zum Vitamin-Angebot – etwa Apfel oder Gurke – wie die anderen, die Chips und Soletti bevorzugten.
Die Untersuchung in einer niederländischen Schule gibt dem Studienleiter
Frans Folkvord Hoffnung für den Kampf gegen Übergewicht: „Das zeigt, dass Kochangebote ein vielversprechender Ansatz für eine Verhaltensänderung bei Kindern sein können. Ernährungserziehung in der Schule könnte einen positiven Einfluss haben.“
Er gibt zu, dass Essensentscheidungen viel mit dem Charakter zu tun haben, er betont aber, dass sich die Essgewohnheiten mit dem Heranwachsen ändern: „Je älter sie werden, desto mehr fühlen sie sich selbst verantwortlich für ihre Ernährung – also können solche Programme später nachwirken.“
Auch wenn das Elternhaus prägend ist, kommt der Schule eine hohe Bedeutung zu, sind sich die Experten einig. Der Ernährungsmediziner
Kurt Widhalm warnt jetzt vor einem Horror-Szenario: „Wir betreuen in dem Projekt ,Eddy‘ eine Volksschule in Wien-Meidling und laut unseren Auswertungen sind dort 70 Prozent der Kinder übergewichtig. Die Verhinderung von Übergewicht muss das zentrale Element der Gesundheitspolitik der Zukunft sein.“
Ernährung unterrichten
Was er fordert: „Eine Erhöhung der physischen Aktivität der Kinder auf mindestens 30 Minuten pro Tag. Schulprogramme müssten intensive körperliche Aktivität und Ernährungserziehung umfassen. Restriktionen bei der Werbung für
Nahrungsmittel für Kinder, Lebensmittelkennzeichnung und die Reformulierung von industriell erzeugten Lebensmitteln.“ Mehr Obst und Gemüse bedeutet auch Klimaschutz, ein Thema, für das viele Jugendliche durch die „Fridays-for-Future“-Bewegung sensibilisiert sind.
Diesen Ball hat
Österreichs größter Anbieter für Schulkantinen bereits länger aufgegriffen: Gourmet bietet Schulen bei jedem Mittagessen eine vegetarische Variante an. „Für viele ist das Essen in der Schule die einzige warme Mahlzeit. Früher kam es oft vor, dass Kindern in der Kantine nichts geschmeckt hat. Heute findet jeder etwas“, sagte Lehrerin Susanne Hycl über die Initiative. Mit Workshops sollen Koch-Experten die Lust an gesünderem Essen wecken.
Vor allem durch Ausprobieren könne man Kinder überzeugen, weiß Slow-Food-Verfechterin Barbara van Melle durch ihre zahlreichen Schulworkshops: „Ich habe noch nie ein Kind erlebt, das eine Karotte, die es selbst aus dem Boden gezogen hat, nicht essen wollte.“
Widhalm betont, dass gesündere Ernährung mehr als nur die Gesundheit verbessert: „Eine Studie an 869 Zwillingskindern hat gezeigt, dass ,dünnere‘ Kinder bessere kognitive Leistungen erbringen als ihre engstens verwandten, aber dickeren Zwillingsgeschwister.“
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