Kinderworkshops: In der Backstube mit Barbara van Melle

Kinderworkshops: In der Backstube mit Barbara van Melle
Mit Begeisterung probieren Schulkinder aus, was in ein Brot hineingehört: Sie kosten alle Zutaten und kneten wie echte Bäcker

„Je weniger in einem Brot drinnen ist, desto besser“, erklärt Essens-Botschafterin Barbara van Melle den Kindern im Kruste-und-Krume-Backworkshop und überlegt mit ihnen zusammen, was hinein gehört: Wasser, Germ, Butter, Wasser, Honig, Mehl vom Roggen und Weizen, auch Gewürze.

Was braucht es noch für gutes Brot? Die Antwort ist gar nicht so leicht für Volksschüler: „Zeit“, sagt van Melle. Zeit, damit der Teig gut aufgehen und man ihn ohne Zusatzstoffe backen kann. Zeit, damit ein Sauerteig über Nacht stehen kann oder über längere Zeit verwendet wird. „Unser Sauerteig heißt Regine und wir haben tausende Brote damit gebacken“, erzählt sie den Kindern aus der Wichtelgasse in Wien 17.

Kinderworkshops: In der Backstube mit Barbara van Melle

Alles kosten

Doch sie schildert den neugierigen Kindern der Mehrstufenklasse nicht nur, wie gesundes Brot entsteht. Jede Zutat kann vor Ort angesehen, in die Hand genommen, gerochen und gekostet werden. Van Melle hat sogar Weizen- und Roggen-Pflanzen aus der Lobau mitgebracht. „Nur so bekommen die Kinder ein Gefühl dafür“, weiß sie aus Erfahrung.

Als van Melle die Kinder fragt, ob bei ihnen zu Hause Brot gebacken wird, ist sie selbst von den Antworten überrascht. Viele Omas und Mütter machen selbst Brot – bei Odilia auch der Papa, erzählt sie, und sie bäckt gerne mit. „Das ist sehr ungewöhnlich für unseren Alltag“, sagt Van Melle, und erzählt von einer anderen Beobachtung: „Ich erlebe, dass manche Hausfrauen Brot backen, weil es billiger als Einkaufen ist.“

Kinderworkshops: In der Backstube mit Barbara van Melle

Lehrerin Karin Nagorzanski wünscht sich mehr Bewusstsein von Eltern: „Die Kinder bekommen oft Brioche oder Croissants mit, die mehr kosten und ungesünder sind. Lieber hätte ich, dass die Eltern gutes Brot kaufen und jeden Tag eine Jause mitgeben können. Das wäre billiger.“ Die Antwort vieler Kinder, dass sie gerne dunkles Brot essen, ist auch ihr zu verdanken: „Wir gehen manchmal auf den Markt und essen zusammen in der Klasse.“

Im Backworkshop wird fleißig geknetet, geformt – und gerechnet: Für die „Brot-Sonne“ muss das das Teigstück in sechs Teile geteilt werden, gar nicht so einfach. Erst dann wird der Teig leicht mit Wasser besprüht und in Mohn, Sesam oder etwa Sonnenblumenkerne getunkt. Das Endergebnis duftet köstlich und sieht so professionell aus wie beim Bäcker. Auch das ist eine wichtige Lektion, findet Lesepatin Christine: „Manche Kinder, die in der Schule eher ungeschickt sind, merken hier, dass sie etwas richtig gut können.“

Mehr Information über die Workshops für Schulklassen und Erwachsene gibt es unter www.krusteundkrume.at. Die Schulen zahlen pro Kind acht Euro Unkostenbeitrag, der Restbetrag wird von Ja!Natürlich übernommen.

Wie erkennt man beim Einkaufen ein gutes Brot?

Drei Fragen an Slow-Food-Spezialistin Barbara van Melle und Bäcker Simon Wöckl:

KURIER: Wie groß sind die Qualitätsunterschiede zwischen kleinen Bäckereien, bzw. hausgemachtem Brot und Großketten?
Klein heißt nicht automatisch besser und hausgemacht mit Fertigmischung und  Brotbackautomat ist auch nicht immer natürlicher. Manche Großbäckereien oder Supermärkte bemühen sich schon um gute Qualität. Die Boutique-Bäckereien sind innovative Vorreiter, aber gutes Brot soll für alle Menschen leistbar sein.

Welche Fragen sollte man beim Einkaufen klären?
In einer Bäckerei oder anhand einer Inhaltsangabe kann man herausfinden, ob mit einem Sauerteig gebacken wird statt nur mit Hefe. Das ist jedenfalls ein gutes Zeichen. Dann gibt der Bäcker dem Brot Zeit.  Je weniger Zutaten und  Zusatzstoffe wie Lecithin oder Verdickungsmittel drinnen sind, desto besser. Konservierungsstoffe dürfen nur bei Toast und Schnittbrot enthalten sein.

Warum fühlen sich immer mehr Menschen unwohl, wenn sie Gluten essen?
Die echte Zöliakie hat nicht zugenommen. Durch die Züchtung werden heute sehr kleberstarke Mehle verwendet und zusätzlich wird den Teigen im industrialisierten Herstellungsprozess oft zu wenig Zeit zum Reifen gegeben. Aber genau durch die Teigreife und die Zugabe von Natursauerteig werden Brote und Gebäck wesentlich verträglicher.Infos über Backworkshops  sowie Backanleitungsvideos finden Sie unter www.krusteundkrume.at

Rezept: So viel Zeit braucht die Brotsonne

Barbara van Melle schwört auf Natursauerteig. Dieser kann  fertig gekauft oder selbst angesetzt werden (siehe dazu Video im KrusteKrume-Kanal auf Youtube). Erhältlich ist er bei manchen Bäckern, in ihrer Greißlerei Kruste & Krume in Wien 4 kann er kostenlos abgeholt werden). Notfalls gibt es ihn als Extrakt im Supermarkt, dann hat er aber nur eine geschmackliche Wirkung und keine biologische.

Roggensauerteig: 55 g Roggenvollkornmehl, 55 g Wasser mit 35, 10 g Anstellgut des Sauerteigs
Zutaten in einer Schüssel verrühren, zugedeckt an einem warmen Platz elf bis zwölf Stunden ruhen lassen.

Hauptteig: 120 g Wasser, reifer Sauerteig, 140g Weizenmehl, 80g Weizenvollkornmehl, 8 g Germ, 8 g Honig, 8 g Butter, 6 g Salz
Wasser in eine Schüssel geben, Zutaten zufügen. Acht Minuten langsam mischen und ca. vier Minuten schnell auskneten. Der Teig soll eine glatte Oberfläche haben und sich leicht vom Schüsselrand lösen. Bei Raumtemperatur ca. 30 Minuten ruhenlassen.

Arbeitsfläche mit Roggenmehl bestäuben, Teig in sechs Stücke teilen und zu runden Laibchen falten. Teiglinge oben mit Wasser bestreichen, mit  Mohn oder Sesam bestreuen und auf ein Blech mit Backpapier legen. 30 Minuten rasten.

In das auf 220 Grad vorgeheizte Backrohr schieben und ca. 25 Minuten backen.  Für Volumen, Glanz und Kruste ist das „Schwaden“ wichtig: Ca.  100 ml Wasser auf einem weiteren Backblech erzeugen Wasserdampf. Am Ende auf einem Gitterrost auskühlen lassen.

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