Unkraut in der Spitzenküche: Topköche geben Tipps

Unkraut in der Spitzenküche: Topköche geben Tipps
Was Gärtner ärgert, bereichert die Teller exquisiter Restaurants: Wildkräuter, vormals Unkraut. So verwenden sie Spitzenköche.

Ob im Wald, auf saftigen Wiesen, in trockensten Innenhöfen: Wildkräuter begegnen uns überall. Wir müssen sie nur sehen und auch erkennen. Aber wissen wir erst einmal über ihre kulinarischen Qualitäten Bescheid, ist der Weg auf den Teller gar nicht mehr weit.

Unkraut in der Spitzenküche: Topköche geben Tipps

Brennnesseln wurden schon in der Antike als Gemüse und Heilpflanze geschätzt, ist der Boden nährstoffreich genug, wachsen sie quasi überall. Jetzt ist die beste Zeit, sie zu pflücken. Der steirische Spitzenkoch Richard Rauch verarbeitet junge, zarte Brennnesselblätter zu Aufstrichen, etwas ältere, größere Blätter streicht er mit cremig geschlagenem Eiweiß ein, tunkt sie in Mehl und frittiert sie zu einem knusprigen Snack. Später, wenn die Brennnessel blüht, sammelt er die Samen, trocknet und röstet sie, um sie über Salate und Fischgerichte zu streuen. Rauch ist auch ein großer Fan von Vogelmiere. „Die wächst überall. Unsere Gemüsebäuerin bringt sie uns kiloweise, fast das ganze Jahr über.“ Er verarbeitet sie gern zu feinem Cremespinat, für Salate oder als filigrane Garnitur zarter Gerichte.

Auch in Heinz Reitbauers Steirereck-Küche spielen Wildkräuter eine zen-trale Rolle. „Kerbel und Bärlauch pflücken wir selber, zum Beispiel in den Wiener Donauauen, vieles bekommen wir aber von Toni Sickert. Er arbeitet bei der AGES (Agentur für Ernährungssicherheit) und findet alles, was wir uns wünschen. Ich kenne kaum jemanden, der so viel Leidenschaft für Essen und Trinken hat wie er.“ Reitbauer empfiehlt, Blüten am Vormittag zu sammeln, Blätter und Pflanzen am Nachmittag.

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Spargel mit Wildkräutern

Für Salate wäscht er die Wildkräuter vor dem Marinieren gründlich mit Salzwasser. Junge Birkenblätter kombiniert er mit pochiertem Fisch oder Ei, Huflattichblätter verwendet er als Mantel kleiner Rouladen. Übrig gebliebene Kräuter vermischt er mit lauwarmer, flüssiger Butter, mixt sie zu einer grünen Paste und rührt dann noch kalte Butterwürfel drunter, bis die Kräuterbutter stockt – eine feine Würze für Fisch und Fleisch, die man gut einfrieren kann. Reitbauers Lieblingskraut? „Giersch hab ich lange Jahre ignoriert, finde ihn aber jetzt superspannend. Wiesenkerbel ist auch was Herrliches. Und rund um den Pogusch wächst wilder Kümmel, davon verwenden wir Blätter, Blüten und natürlich auch die Samen.“

Ganz den Wildkräutern verschrieben hat sich Ernährungsexpertin Alexandra Maria Rath. Im Rahmen von „Essbare Spaziergänge“ zeigt sie, wo welches Kraut wächst, und was man damit machen kann.

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In ihrem eben erschienenen Buch „Wildes Wien“ kombiniert sie ihre Lieblingskräuter mit ihren Lieblingsplätzen. Geschichte trifft Natur trifft Kulinarik. Hopfensprossen führen in den Prater, Veilchen in Sisis Schloss der Träume im Lainzer Tiergarten, Gundelrebe in die Otto-Wagner-Villa, Giersch ins Schloss Belvedere. Wildkräuter pflücken in der Stadt – macht das überhaupt Sinn? „Ja, sicher! Wir sammeln ja nicht neben der Tangente oder in der Hundezone.“ Gern besucht Rath aber auch private Gärten, sucht, findet und pflückt gemeinsam mit den Besitzern essbare Pflanzen und verkocht sie gleich vor Ort. „Wir jäten und essen gemeinsam. So haben alle etwas davon.“

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Wildes Wien - Gegessen wird, was in der Stadt wächst.

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