Hinzu kommt die optische Präsentation, die Apotheker sowie Barmann pflegen. Auch die Barutensilien erinnern an Apothekengeräte, findet er. Und, vielleicht das Wichtigste: „In beiden Berufen ist Sauberkeit und Genauigkeit oberstes Gebot.“ Zu guter Letzt ist Kommunikation wichtig. „Ob Kundschaft oder Gast: Sie vertrauen einem ihr Wohlergehen an.“
Apotheker-Familie
Vorgesehen war bei Heinz Kaiser nur eine Laufbahn: Als Spross einer alten Apotheker-Familie sollte er die elterliche Apotheke im Waldviertel übernehmen. Und schon im Studium war es vor allem die Arbeit im Labor, „das Herumkochen, die Experimente“, die ihm gefielen. Als er für Studenten-Nebenjobs über das Do & Co auch in Bars wie dem in den 1980er-Jahren legendären „Barfly“ landete, war schnell klar: „Ich habe Blut geleckt und wusste: Das will ich lernen.“
Neben dem Mixen und Servieren in den großen Cocktailbars von Barfly-Besitzer Mario Castillo habe er in diesen Jahren der Bar- und Cocktail-Hochblüte vor allem „Stressresistenz und Belastbarkeit“ gelernt. Die Sache mit der elterlichen Apotheke kam dann anders: Als Kaiser endlich zeitverzögert auch das Studium abgeschlossen hatte, wurde er Vater – und blieb vorerst im Barbetrieb.
In Dino’s American Bar, die ein früherer Kollege aus dem Barfly 1996 eröffnete, „habe ich den Feinschliff bekommen“. Die Folge waren zahlreiche Preise bei internationalen Wettbewerben. Als zweites Standbein kam dann aber doch auch eine Apotheke ins Spiel, derzeit eben als Pächter. Eine eigene im 14. Bezirk soll nächstes Jahr eröffnen.
Rückblickend sagt Heinz Kaiser, er habe von beiden Ausbildungen profitiert. „Bei den Wettbewerben bin ich systematisch ans Mixen herangegangen, da habe ich von der akademischen Ausbildung profitiert.“ In der Apotheke konnte er die Erfahrungen aus der Bar nutzen. „Da muss man genau zuhören, um den richtigen Drink für einen Gast zu finden.“
Was ihn nach vielen Jahren noch immer begeistert: „Das Komponieren von etwas Neuem macht mir Spaß. Das ist in der Apotheke genauso wie in der Bar.“ Denn „das Reproduzieren bekannter Rezepturen“ werde irgendwann „fad“. Allerdings beginnen viele junge Barkeeper beim Kreieren. Der falsche Weg, findet Kaiser. „Man muss sich jahrelang mit den Klassikern beschäftigen, damit man die Zusammenhänge versteht. Erst dann kann man beginnen, bestehende Rezepturen abzuwandeln.“
Wobei: Wirklich neue Kreationen finde man kaum mehr. „Es gibt praktisch keine Kombination, die ein Barkeeper noch nicht erdacht hat.“ Man könne zwar mit Techniken wie etwa der Molekulargastronomie etwas verändern. „Aber im Prinzip bleiben die Grundstrukturen, die Gerüste der einzelnen Getränkeklassen immer gleich. Sie sind ewig gültig, weil sie an unsere Geschmacksnerven gebunden sind. Und sie haben sich nicht viel verändert.“
Als letzte große Umwälzung der vergangenen Jahre sieht er die Zugabe von Salz. „Es ist einfach eine unfassbar bombastische Maßnahme für den Geschmack, wenn man zu einem süßen Getränk Salz dazugibt. Erst dadurch erhält es richtiggehend Dreidimensionalität.“
Doch was trinkt jemand, der schon alles gemixt hat? Mittlerweile vor allem puren Geschmack, gesteht Kaiser. „Wenn du die ganze Nacht Drinks verkostest, magst du irgendwann diese komplexen Mischungen nicht mehr.“ Das sei der Grund, warum viele Barkeeper am liebsten Gin Tonic trinken. „Weil es trocken ist, spritzig, einfach ein guter Longdrink.“
Er selbst greift seit einigen Jahren am liebsten zu Tequila – „eine höchst komplex gebrannte Spirituose“. Was hingegen gar nicht gehe, sei Cognac, gesteht er. „Ich weiß auch nicht, warum.“
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