Regelmäßiger Austausch gehöre dazu, etwa bei größeren Events der Szene oder auch bei kleinen Experten-Symposien über die Zukunft der Branche, wie sie Josef Farthofer jährlich durchführen will.
Gegen die Masse
„Craft“, das englische Wort für Handwerk, ist zu einer Art Markenzeichen für Produkte abseits von Großkonzernen und industriellen Herstellungsmethoden geworden. Da gibt es einerseits kleine Brauereien oder Brennereien, die individuell und in relativ kleinen Mengen etwa Bier oder Spirituosen herstellen. Und andererseits werten Konsumenten schon allein den „Craft“-Hinweis als Qualitätsmerkmal.
Begonnen haben kleine Bierbrauer in den USA, die sich in den 1970er-Jahren gegen Einheitsgeschmäcker großer Braukonzerne abheben und traditionelle Braustile pflegen wollten: Craft Beer entstand als Begriff, schwappte aber erst viel später nach Europa.
Hier hat die Craft-Bewegung in den vergangenen Jahren viel im Bewusstsein der Konsumenten für Handwerk und Geschmacksvielfalt zum Positiven verändert. Aber sie hat auch ein Problem. „Begriffe wie ,Craft’ sind nicht geschützt. Jeder kann ihn verwenden“, erklärt Helmut Adam.
Der Mitgründer des Bar-Magazins „Mixology“ und international erfahrene Barkeeper weiß, dass handwerkliche Qualität in der Barszene gefragt wäre.
„Craft Washing“
Aber: Den fehlenden Markenschutz „nutzen Unternehmen mittlerweile leider auch aus.“ Er nennt das „Craft Washing“. Zunutze macht man sich dabei den Wunsch nach authentischen Produkten – und individuellen Wertvorstellungen, die jeder damit verbindet.
„Die Bezeichnung ,Craft’ ist für uns keine Qualitätsbezeichnung, sondern eine Art der Herangehensweise“, beschreibt Lighart den Geist im Freimeister-Kollektiv. Darunter falle nicht nur die handwerkliche Produktion, sondern auch die Transparenz der Zutaten – und die Unabhängigkeit. „Wir glauben, sobald ein Konzern involviert ist, rückt die Produktoptimierung in den Vordergrund und gewisse Qualitätskriterien verschwinden.“
Allerdings ist es nicht so einfach: Denn wie definiert man Handwerk? Als etwas, bei dem jede Frucht und jedes Gerstenkorn von Hand liebevoll zu Maische zerkleinert wird? Schließlich produziert ein Bäcker heute nicht mehr wie im Mittelalter ausschließlich am Backtrog und arbeitet längst mit Computern. Ligharts Fazit des Dilemmas: „Auch eine per Handy und Touchscreen gesteuerte Destillier-Anlage kann ein Betrieb sein, der den Craft-Gedanken lebt“, sagt Lighart.
Nach einer Richtlinie des American Destilling Institute soll eine Craft Distillery nicht mehr als 375.000 Liter im Jahr produzieren. Die allermeisten brennen im Jahr nicht mehr als ein Zehntel dieser Menge. Tito’s Vodka liegt als beliebtester Vodka der USA wohl klar darüber. Da müsste klar sein, dass er längst nicht mehr in einer Garage in Austin, Texas, gebraut wird. „Handwerk kann zu einem Sehnsuchtsort werden“, erklärt sich das Theo Lighart. Während manche größer werden, gibt es das umgekehrte Phänomen: „Immer mehr große Hersteller beginnen, sich als Craft-Produzenten zu repositionieren.“
Zuletzt verwässert ausgefeiltes Marketing immer öfter das Segment, schließt Lighart aus Anfragen, die ihn immer wieder erreichen. Nach dem Motto: „Wir haben bereits einen Namen und eine Flasche, aber noch keinen Gin dafür. Wo finde ich einen Brenner? Das nenne ich nur Agentur-Gin.“
Qualitätssiegel
Was wäre also die Lösung? Ganz sicher in einer Vernetzung Gleichgesinnter, betonen die Experten. Lighart findet, „ein Zusammenschluss in Form eines Siegels wäre sinnvoll“. In einer gemeinsamen Stoßrichtung sieht auch Helmut Adam die größten Chancen: „Unternehmen, die die gleichen Werte vertreten, sollten sich in einer möglichst starken Interessenvertretung zusammenschließen."
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