X wie Xenophil: Die Exoten in unserem Wohnzimmer

X wie Xenophil: Die Exoten in unserem Wohnzimmer
Wer es zuhause gerne grün und blütenreich hat, greift zu Exoten. Das botanisch Fremde ist spektakulär und pflegeleicht.

Der Österreicher ist überraschend beständig, wenn es um Pflanzen geht. Was in heimischen Büros und Zimmern herumsteht und anstaubt, hat sich in vergangenen Jahrzehnten kaum verändert. Allen voran der Ficus Benjamina. Diese vielleicht verbreiteste Zimmerpflanze trotzt seit Gartlergenerationen allen Moden: Während Palmen, Bambusse und Moos- arragements ein- und wieder auszogen, stand der Ficus immer da.

Allen beliebten Zimmerpflanzen sind zwei Dinge gemein: Sie sind erstens alle Ausländer, meist aus den Tropen, oft aus Mexiko, aber immer von weit weg. Der Österreicher dürfte also nicht nur beständig sein, sondern auch ein xenophiler Schöngeist, ein Ausländerfreund.

Zweitens sind die Top-Grünlinge immer pflegeleicht. Denn auch wenn so mancher Wohnzimmer-Ficus aussieht wie von einer Gnuherde geküsst, ist doch kaum ein Zimmerbäumchen so robust.

Im Sommer darf der Ficus übrigens jedenfalls draußen stehen, bekommt aber in direkter Sonne leicht Sonnenbrand. Also nordseitig stellen, aber doch sehr hell, dann treibt er im Sommer gut durch. Er ist eine der wenigen Pflanzen, die mit trockener Heizungsluft kein Problem haben (öfter gießen!). Im Kühlen (nie unter 16 Grad) kommt er mit weniger Licht aus, verliert aber mehr Blätter.

Die fallen ihm auch bei schwankenden Temperaturen aus. Weil nun der Ficus gerne am Fenster positioniert wird, unter dem der Heizkörper glüht, kriegt er oft eine kalte Lüftungswatschn – daher die vielen Ficus-Gerippe.

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Der milchige Saft, der aus den Wunden des Ficus tritt, ist giftig. Dafür lässt sich der Ficus gut vermehren.

So einfach der Ficus auch ist: In Topfhaltung blüht er sehr, sehr selten – höchstens im perfekten hellwarmen Wintergarten. Achtung: Die kugeligen Blüten sind wie alle Teile der Pflanze schwach giftig.

Die Orchideen

Als wesentlich heikler, sogar als richtige Diva, gelten die Lieblings-Fensterbankblumen im Land – die Orchideen. Dabei zeigen ihre Blätter und Wurzeln immer an, ob es ihnen gut geht (saftig, steif, grün: alles okay – matschig, runzelig, braun: oje). Als „Aufsitzerpflanzen“ mögen sie keinen Erdkontakt und als Tropenbewohner Wärme.

Ein hartnäckiger Mythos ist, dass Orchideen umzugsscheu sind. Es müssen nur die Bedingungen am (neuen) Standort passen: keine Zugluft, viel Licht ohne direkte Sonne. Im Winter können Orchis südseitig stehen, im Sommer eher Richtung Osten – denn in der Früh ist die Sonne noch nicht so stark.

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Die Phalaeonopsis gilt als pflegeleichteste Orchidee, an Blättern und Wurzeln sieht man, ob es ihr gut geht.

Die führt vor allem bei den großblättrigen Phalaenopsis (bei uns am verbreitesten) und natürlich vor allem beim sommerlichen Außenaufenthalt zu Sonnenbrand. Übrigens: Die Phalaenopsis blüht dankbarerweise ganzjährig – solange es nicht unter 15 Grad kalt ist und sie regelmäßig gedüngt wird.

Die Sorte Miltonia mit ihren schlanken Blättern ist weniger anfällig für Sonnenbrand, aber eine echte Diva: Sie will weniger Licht und im Winter eine kühle Phase (12 bis 18 Grad), damit sie Blüten treibt. Und sie darf nie austrocknen. Die Dendrobium (auch eher einfach im Umgang) sollte dagegen fast ganz austrocknen, bevor man sie gießt.

Statt Erde brauchen Orchideen ein Substrat aus Holz- und Faserteilen. Der Begriff Orchideen„erde“ ist irreführend, aber sie gibt Halt. Da die Wurzeln während kurzer tropischer Regengüsse Wasser aus der Luft zuzeln, besprüht man sie am besten oder taucht den Wurzelballen einmal pro Woche eine Minute unter Wasser. Orchideentöpfe haben ein Wasserreservoir, um durch Verdunstung die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen.

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"Kindeln" - Triebe, die aus der Mutterorchidee wachsen - kann man zur Vermehrung verwenden.

Die Fleischfresser

Wer für sein Zuhause nichts kaufen will, sollte bei anderen die Augen offen halten: Von glücklichen Orchideen lassen sich oft so genannte Kindeln abschneiden – zur Vermehrung bei sich daheim. Bei Grünlilien oder Ananasgewächsen auch. Noch einfacher wurzeln die Stecklinge des Geldbaums an (auch Pfennig- oder Dukatenbaum). Kleiner Tipp: Wer dieses Gewächs blühend erleben will, muss ihn im Winter kühl stellen (8 bis 12 Grad) und nur wenig gießen!

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Die Venusfliegenfalle ist die bekannteste und pflegeleichteste Fleischfresserpflanze.

Richtig spektakulär, fast aufregend sind in einem Wohnzimmer Karnivoren. Fast jeder hat es schon einmal mit einer fleischfressenden Pflanze versucht – leider ist sie auch fast jedem wieder eingegangen. Dabei gibt es nur drei wichtige Regeln. Die sind allerdings unverhandelbar.

Erstens: Niemals mit Leitungswasser gießen!

Die Gartenkunde sagt über viele Pflanzen, dass sie Regenwasser bevorzugen – bei Karnivoren ist Leitungswasser lebensbedrohlich. Sie hassen Kalk, daher muss man sie mit a) Regenwasser oder mit b) destilliertem Wasser oder mit c) stillem Mineralwasser gießen. Auch okay: Kondenswasser aus dem Wäschetrockner. Das richtige Wasser ist so wichtig, weil Karnivoren es feucht haben wollen – also ruhig im Wasser stehen dürfen.

Zweitens: Niemals in normale Blumenerde setzen!

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Die Schlachpflanze brauche besonders viel Wasser - aber nie aus der Leitung!

Wie gesagt, Karnivoren haben ein gespanntes Verhältnis zu Kalk, den auch normaler Erde enthält. Perfekt gedeihen sie in Torf, am besten in ungedüngtem Weißtorf (schwierig zu bekommen, weil die Herstellung so umweltschädlich ist). Weil Torf aber leicht verdichtet und es die zickigen Fleischfresser locker möchten, sollte man Sand, Kokosfasern oder Blähton untermischen.

Drittens: Bitte nicht füttern!

Kannenpflanze (tropisch), Venusfliegenfall, Schlauchpflanze & Co. beziehen ihre Nährstoffe zwar aus den Insekten, brauchen aber nicht viel davon. Das Schließen der Falle kostet viel Kraft, daher reicht, was die Pflanze selber fängt.

Alles ganz einfach.

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