Wien und die unendliche Geschichte von der Stadtseilbahn
Es gab in Wien tatsächlich ein Mal eine Seilbahn – genau genommen war es ein Sessellift. Und zwar ab 1964 für nicht ganz 20 Jahre.
1964 war Wien Austragungsort der Internationalen Gartenschau. Dafür wurden in der Donaustadt 1,5 Millionen Blumen, 2 Millionen Stauden, 500.000 Sträucher und 40.000 Nadelbäume – gepflanzt.
Mit dem Sessellift konnten die Besucherinnen und Besucher über die Blumenbeete schweben. Aus der Gartenschau wurde der heutige Donaupark, der Sessellift wurde in den 1980er-Jahren stillgelegt.
Um die Pläne für eine Wiener Stadtseilbahn ist es dadurch aber nicht ruhig geworden. Alle paar Jahre gibt es neue Ideen, Wien zu überfliegen. Jüngst von der ÖVP.
Denn die Wiener ÖVP hält den Handelskai für eine „ästhetische Wüste“ und will ihn deshalb attraktivieren. „Unsere Idee ist es, die Straße zu überplatten und eine schwimmende Insel zu machen“, sagte der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel unlängst im Interview mit dem KURIER.
Auf der Insel soll Kultur, Wohnen, Arbeiten und Gastro möglich sein; der Kai soll mit der Donauinsel und Floridsdorf via Seilbahn verbunden werden.
„Grundsätzlich“, erklärt Andreas Hofer vom Institut für Stadtplanung der Technischen Universität Wien, seien Initiativen, die Visionen für die Stadt diskutieren, begrüßenswert.
Hofer hat sich in seiner Forschung vor allem mit städtischen Seilbahnen in Lateinamerika beschäftigt. „Als reines Verkehrsmittel werden Seilbahnen vor allem dort gebaut, wo es die Topografie erfordert.“
Wenn ein Berg etwa so steil ist, dass kein Bus und keine Straßenbahn mehr hinauffahren könnte. Zur reinen Freizeitgestaltung dienen sie meist nicht.
Sonne und Schatten
Genau das wäre bei einer Seilbahn vom Handelskai nach Floridsdorf aber der Fall. Prinzipiell könne man das schon machen, aber: Die schwimmende Insel würde laut ÖVP-Plan auf der „Nord-Fassade“ des Kais liegen.
„Das ist für so ein Projekt nicht ideal“, sagt Andres Hofer. Denn länger sonnig ist es auf der anderen Seite, wie man auch am Donaukanal gut sehen könnte.
Die Wiener Türkisen sind nicht die ersten, die sich eine Stadtseilbahn für Wien wünschen. 2012 brachte die Wiener Wirtschaftskammer erstmals die Idee von einer Seilbahn auf den Kahlenberg ins Rennen, 2013 folgte eine Machbarkeitsstudie – gebaut wurde nichts.
2017 wurde der nächste Versuch gestartet: Doppelmayr sollte die Seilbahn mit 64 Gondeln bauen. Pro Stunde und Richtung sollten 1.000 Personen in 19 Minuten von der U6-Station Neue Donau in Floridsdorf entlang des nördlichen Donau-Ufers und zum Kahlenberg gebracht werden (oder umgekehrt).
Auch die Neos wollten einst mit einem Seilbahn-Vorschlag reüssieren. Im Frühling 2017 schlugen sie vor, Ottakring und Hütteldorf mit einer Seilbahn zu verbinden.
Beim Bahnhof Ottakring, wo auch U3 und S45 halten, sollte die Seilbahn starten, dann zum Wilhelminenspital führen, am Otto-Wagner-Areal halten und über die Linzer Straße zum Bahnhof Hütteldorf führen.
Dort hätte man – wie in Ottakring – wieder Anschluss zu U-Bahn (U4) und S-Bahn (S45). 2.000 Personen könnten stündlich transportiert werden, erklärte man damals.
Einige Monate später der nächste Vorschlag: Wien soll eine Seilbahn um den Ring bekommen – „Abgehoben!“, titelten die Wiener Boulevardmedien und mussten bald zugeben, einem Scherz aufgesessen zu sein. Die Ring-Seilbahn war ein PR-Gag für den Steirer-Ball in der Hofburg.
Kahlenbergbahn
2013 und 2017 setzte sich die Wiener Wirtschaftskammer für eine Seilbahn auf den Kahlenberg ein: die Kahlenbergbahn. Touristiker und der langjährige Bezirksvorsteher von Döbling, Adi Tiller (ÖVP), waren dafür, eine Bürgerinitiative dagegen. Bis jetzt ist aus den Plänen nichts geworden.
Kommentare