Ulli Sima: Die Frau fürs Grobe – und gegen Hundekot
Drei Wiener Bürgermeister – Leopold Gratz, Helmut Zilk und Michael Häupl – haben ein Problem nicht in den Griff bekommen: den Hundekot in der Stadt. Das soll Anfang der 2000er-Jahre in Wien heute so zitiert worden sein, sagt Ulli Sima.
Warum die jetzige SPÖ-Planungsstadträtin, die heute vor 20 Jahren angelobt wurde, das erzählt? Weil sie es war, die dafür gesorgt hat, dass man in Wien nicht mehr so oft in ein Hundstrümmerl steigt.
„Klar ist, dass die Wiener SPÖ Bollwerk gegen drohende Grauslichkeiten der Bundesebene sein muss“
"Nimm ein Sackerl für mein Gackerl" wurde 2006 eingeführt, zwei Jahre später wurden die Waste Watcher installiert, die Abfall-und Hundekotsünder abmahnen und strafen dürfen. Bei der Klubvollversammlung, dem höchsten Gremium, bei dem die Politikerin ihre Pläne selbst präsentieren musste, sei die Aufregung über die angekündigten Strafen, die laut Sima von Häupl prognostiziert worden war, ausgeblieben. "Die Zeit war einfach reif, um beim Hundekot durchzugreifen."
Gegen "Verkotung" besser als Strache-Volksbegehren
Das Thema hätte die Leute damals aufgeregt – mehr als Migration oder auch die EU. Tatsächlich haben im Jahr 64.000 Personen eine Petition gegen "die Verkotung Wiens" unterschrieben und damit mehr als das damalige Anti-EU-Volksbegehren von Heinz-Christian Strache (FPÖ). Dieses fand 58.551 Unterstützer.
Ein Händchen, Stadtgespräche zum Politikum zu machen, hat Sima bis heute. Trotzdem sei ihre damalige Pressekonferenz die längste gewesen, die sie jemals gehalten habe, erzählt sie. "Ich habe mehr als eine Stunde mit den Journalisten über die Strafen diskutiert."
Vor Strafen und Verboten schreckt Sima generell nicht zurück
Auf ihr Konto geht auch, dass man in der U-Bahn nicht mehr essen darf, und sie kündigte einst an, dass am Praterstern ein Alkoholverbot eingeführt werde. Etwas, das ihr die Zuschreibungen "Verbotsstadträtin" oder "Stadträtin fürs Grobe" einbrachte.
Die Kritik scheint an ihr aber nicht nur abzuperlen, sie scheint viel mehr Gefallen daran zu finden, bei unangenehmen Themen nach vorn geschickt zu werden. Als die Stadt Wien nach der Stadtstraßenbesetzung Anwaltsschreiben an Aktivisten verschickte und diese fast zum Eklat wurden, weil auch Minderjährige diese Briefe erhielten, übernahm Sima die Kommunikation seitens der Stadt.
"Wir Stadträte sind die letzte Verteidigungslinie vor dem Bürgermeister", sagte sie einmal in einem Gespräch. In dieser stand sie eben schon für Häupl und nun für Michael Ludwig. Sie war eine der wenigen, die sich im Streit um Häupls Nachfolge – Ludwig gegen Andreas Schieder – nicht öffentlich für einen der beiden Kandidaten deklarierte.
Sie erwarte sich interne Diskussionen, "welcher Kandidat die Partei am besten einen und erfolgreich durch die nächsten Jahre führen kann", schrieb sie damals auf Facebook. Und: "Klar ist, dass die Wiener SPÖ Bollwerk gegen drohende Grauslichkeiten vonseiten der Bundesebene sein muss."
Einigkeit nach außen: Parallelen zur Linie Ludwigs sind nicht zu übersehen. Der Bürgermeister betont immer wieder die Loyalität zum Bundesparteivorsitzenden Andreas Babler. Dass hinter verschlossenen Türen untereinander diskutiert wird, gilt als evident.
Unkonventionelle Auftritte
Hört man sich bei anderen politischen Fraktionen um, wird Sima das Adjektiv "durchsetzungsstark" zugeschrieben. Setzt sie sich einmal nicht durch, macht sie aus ihrer Verärgerung keinen Hehl – etwa, als die schon mit Niederösterreich paktierte Straßenbahn von Simmering nach Schwechat ins Wasser fiel, nachdem im Nachbarbundesland die FPÖ das Verkehrsressort übernommen hatte.
Liegt eine ihrer Visionen aber in ihrer eigenen Wirkungsmacht, lässt sie sich kaum bremsen, auch wenn ihr Gegenwind von Bürgerinitiativen und Anrainern entgegenweht, wie etwa beim Naschmarkt.
Das mag auch daran liegen, dass sie von ihren eigenen Projekten überzeugt zu sein scheint. Die Hundekot-Problematik habe sie als Mutter selbst geärgert, sagte sie damals.
Ihr jetziges Engagement für Radwege führen Kritiker darauf zurück, dass sie selbst die Liebe zum Radfahren in der Stadt entdeckt habe. Wenn man mit ihr bei Plätzen ist, die sie selbst umgestalten ließ, sagt sie oft "Ich hab’so a Freud", weil sie es schön findet.
Manchmal muss man sich dabei fragen, ob sie mit einem prophetischen Blick gesegnet ist: Oft sehen die angekündigten XXL-Bäume, die für das notwendige Grün sorgen sollen, beim Einsetzen schließlich noch recht kümmerlich aus.
Ob es nach 20 Jahren nicht auch mal reicht?
"Wirke ich so?", antwortet Sima, wohl wissend, dass dem nicht so ist. Es vergeht fast keine Woche, in der es keine Termine mit Vorstellungen neuer Projekte oder Beendigungen von solchen gibt.
Allein in den vergangenen zwei Wochen konnte man sie bei der Verkehrsfreigabe der Westausfahrt, der Eröffnung des ersten Abschnitts der neugestalteten "Sunken City", der Begehung des Tangentenparks und der Vorstellung des Radwegeausbaus in Liesing antreffen.
Was all diese Termine gemein haben? Sima ist sich nie für, manchmal auch schräge, Fotos zu schade. Sie hat so oft verschiedene Dinge in die Kamera gehalten, dass ihr im Internet ein Satire-Blog namens "Ulli Sima holding things" gewidmet wurde.
Öffentlichkeitsscheu ist sie dadurch nicht geworden. Und wenn es nach ihr geht, wird sie auch in der nächsten Legislaturperiode Dinge bei Eröffnungen in die Kamera halten. Sie habe große Lust weiterzumachen, aber: "Das entscheidet der Chef."
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