Sie bringt die Liebe nach Favoriten und den Schmäh in den Wienerwald

Barbara Kadletz, Buchhändlerin und Autorin aus Wien.
Barbara Kadletz verkauft, liebt und schreibt Bücher. Ein Porträt der Wiener Autorin, die eben ihren zweiten Roman veröffentlichte.

Was ist eine denkbar untypische Kulisse für eine Liebesgeschichte? Favoriten, sagt Autorin Barbara Kadletz.

Deshalb hat sie ihren Debütroman genau dort angesiedelt: „Im Ruin“ heißen das Buch sowie die fiktive Bar im 10. Bezirk, in der die Wirtin einen geheimnisvollen Gast kennenlernt. Wobei es kein Liebes-, sondern vielmehr ein „Nerd-Roman“ sei, wie Kadletz lachend präzisiert. Eine Geschichte über Freundschaft und Musik, über das Leben und die Liebe in der Stadt und an ihren Rändern.

Und was würde man wohl kaum mit dem Begriff Klimaschutz assoziieren? 

Leichtigkeit und Humor, könnte man hier antworten. Genau diese Kombination ist Kadletz in ihrem zweiten Roman „Schattenkühle“ gelungen, in dem es um die Rettung des Wienerwalds geht.

Der Wienerwald, die Stadt Wien und hier wiederum Favoriten: Sie spielen im Leben der Autorin Barbara Kadletz, geboren 1981, eine zentrale Rolle.

Erinnerungen an das Favoriten der Kindheit

Etwa der Böhmische Prater, der Wienerberg, das Eisgeschäft Tichy: „Ja, es ist ein ambivalenter Bezirk. Aber ich habe auch so schöne Erinnerungen an meine Kindheit dort“, erzählt sie. Einige Zeit habe sie in Frankreich und Berlin gelebt. „Aber die Wienliebe war stärker.“ 

Mindestens so prägend ist ihre Liebe zu Büchern: „Die zieht sich durch mein ganzes Leben.“ Nach der Matura arbeitete Kadletz vier Jahre als Sozialarbeiterin. „Aber da habe ich mich gefragt: Will ich das wirklich ein Leben lang machen? Anderen zu sagen, wie sie zu leben haben?“ 

Daher sattelte sie um, machte eine Lehre zur Buchhändlerin und begann, bei Hartliebs Bücher in der Währinger Straße zu arbeiten – wo sie heute, 17 Jahre später, immer noch tätig ist.

Sie bringt die Liebe nach Favoriten und den Schmäh in den Wienerwald

Hartliebs Bücher in der Währinger Straße in Wien: Hier arbeitet Kadletz seit 17 Jahren. Denn Bücher, sagt sie, sind ihre Leidenschaft.

Kadletz ist also Buchhändlerin und leidenschaftliche Vielschreiberin. Seit Jahren verfasst sie neben ihrem Job Kurzgeschichten, Rezensionen und Theaterstücke. 

Ein Coming-out und eine Auszeit

„Aber mein richtiges Coming-out als Autorin hatte ich eigentlich erst 2018“, sagt sie und lacht. Denn da landete ihr Beitrag beim Kurzgeschichtenwettbewerb von FM4 auf Platz zwei. „Da ist mir bewusst geworden, dass ich etwas mache, was anderen gefällt.“ Der entscheidende Moment: „Ich habe gewusst, jetzt oder nie.“ Kadletz nahm sich drei Monate Auszeit und schrieb ihren Debütroman „Im Ruin“, der 2021 erschienen ist.

"Das lesen die Leute jetzt wirklich"

„Ein absurdes Glück“, fügt sie hinzu. Ohne Kontakte, ohne Agentur habe sie eine Leseprobe an zwei Verlage geschickt – einer sagte zu. „Ich werde nie vergessen, wie ich das eMail vom Verlag bekommen habe.“ 

Noch „ärger“ war der Moment, als sie ihr Buch in Händen hielt: „Da wurde mir bewusst, dass die Leute das jetzt wirklich lesen.“

Wie sie auf ihre Ideen kommt? „Die Themen beider Bücher habe ich schon lange mit mir herumgetragen“, erwidert sie. „Und es macht unglücklich, wenn das nicht rauskommt.“ 

Joseph Schöffel, Wienerwaldretter und Zeitreisender

Während ihr Erstling eine fiktive Geschichte ist, steht im zweiten Roman mit Joseph Schöffel eine reale Person im Zentrum. Der wurde in den 1870ern durch seinen Einsatz gegen die Abholzung des Wienerwalds bekannt. „Ich habe immer erwartet, dass jemand einen Roman über ihn schreibt. Da das niemand gemacht hat, musste ich das halt machen“, scherzt sie. 

Die Hintergründe sind gut recherchiert („ich habe einen Monat lang alte Zeitungen in der Nationalbibliothek gewälzt“), doch die Geschichte ist keineswegs trocken-historische Materie, im Gegenteil: Kadletz lässt Schöffel durch eine Zeitreise im heutigen Wienerwald landen, was für heitere Situationen sorgt.

Kommt, wer so viel schreibt, noch selbst zum Lesen? Absolut, auch das sei ihre Passion, betont Kadletz. Ihre Favoriten? Tove Ditlevsen, Virginie Despentes, Haruki Murakami. Aber auch Georg Büchner, Elfriede Jelinek, Thomas Bernhard, nennt sie nur ein paar Beispiele. 

Und auch von ihr wird es wieder einen Roman geben. Mehr verrät sie noch nicht. „Das Schöne ist: Ich muss nicht schreiben, ich habe da keinerlei Druck, es ist ja nicht mein Brotjob. Vor allem bin ich Fan und verkaufe die Bücher anderer.“ Aber man merkt – Schreiben  ist ihre Leidenschaft. Wie das Lesen und ihr Leben in Wien.

Sie bringt die Liebe nach Favoriten und den Schmäh in den Wienerwald

"Schattenkühle", Barbara Kadletz. Atelier Verlag. 240 Seiten, 25 Euro.

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