Politische Corona-Zahlenspiele um Wien
Bei der Wiener ÖVP schrillten am Dienstag wieder einmal die Alarmglocken: „Die Stadtregierung muss hier endlich gegensteuern“, forderte Stadtrat Markus Wölbitsch angesichts von 65 Corona-Neuinfektionen, die von Montag auf Dienstag in der Bundeshauptstadt hinzukamen. Zum Vergleich: In NÖ gab es nur 15 neue Fälle, in Tirol einen, in den restlichen Bundesländern gar keinen. Seit Monatsbeginn stammen mehr als die Hälfte der österreichweiten Neuinfektionen aus Wien.
Im heutigen Fall war für die hohe Zahl in Wien ein Problem bei der Datenübertragung verantwortlich. Demnach wären die Fälle auf die drei vergangenen Tage zu verteilen. Was aber nichts daran ändert, dass die Zahl der Neuinfektionen seit einigen Wochen in Wien regelmäßig klar über jenen der anderen Bundesländer liegt – wenn auch auf niedrigem Gesamtniveau. Ebenso lange schon tobt zwischen Bund und Stadt, zwischen ÖVP und SPÖ ein Vorwahlkampf-Streit darüber, wie bedrohlich diese Werte sind und wer dafür verantwortlich ist.
Experten entwarnen
Medizinern bereitet die Lage in Wien jedenfalls derzeit noch keine Sorgen. Die Situation in der Bundeshauptstadt sei eindeutig stabil, betonten am Wochenende die Experten der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Seit 17. April habe es demnach in Wien an einem Tag niemals mehr als 40 diagnostiziere Infektionen gegeben. Ende März, am Höhepunkt der Krise, waren es hingegen an zwei Tagen jeweils 200.
Laut AGES seien die neuen Fälle in Wien in Haushalten, Arbeitsstätten und Asyl-Unterkünften aufgetreten. Da in diesen Clustern rasch alle Kontaktpersonen getestet wurden, seien viele Fälle aufgespürt worden, die ansonsten unentdeckt geblieben wären. So würden sich die scheinbar hohen Zahlen erklären.
„Wir testen im Bundesländer-Vergleich am meisten“, betont ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Aktuell steht die Bundeshauptstadt bei mehr als 75.000 Tests, dahinter rangiert Tirol mit rund 61.000.
Minister warnt weiter
Im ÖVP-geführten Innenministerium bleibt man dabei: „Gerade jetzt, wo das Land wieder hochgefahren wird, ist es wichtig, bei den Neuinfektionen genau hinzuschauen und rasch zu handeln“, sagt eine Sprecherin. Deshalb stehe weiter das Angebot, dass Spezialisten der Polizei die Wiener Behörden beim Tracing unterstützen. Dabei geht es um telefonische Interviews, bei denen die Kontaktpersonen von Infizierten ermittelt werden sollen.
„Kein Bedarf“, richteten Hacker wie Bürgermeister Michael Ludwig dem Minister bereits kühl aus. Aktuell seien in Wien 170 Personen für das Tracing im Einsatz, damit würde man das Auslangen finden.
Kommentare