Ludwig will mehr Videoüberwachung in Wien: Ist das sinnvoll?
Wiens erste Versuche einer Videoüberwachung starteten mit einem Desaster. Nach einem Raub am Schwedenplatz wurde per Foto nach dem Täter gefahndet. Doch tatsächlich zeigte das Bild eine andere Person, die Polizei musste sich öffentlich entschuldigen für den Fehler.
Trotz vieler Misserfolge (und nur weniger Erfolge) fordern Politiker immer wieder eine Ausweitung der Videoüberwachung. Aktuell etwa Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): „Überall dort, wo Vorkommnisse registriert werden, kann die Videoüberwachung die Tätigkeit der Wiener Polizei unterstützen“, sagte er im ORF. Mit der Unterstützung durch Videoüberwachung sei es einfacher, Verbrechen aufzuklären, meint der Bürgermeister.
Die Videoüberwachung habe einen entscheidenden Vorteil zu anderen Vorschlägen, hieß es am Montag aus dem Bürgermeisterbüro zum KURIER: Das ebenfalls von Ludwig geforderte Waffenverbot für ganz Wien brauche eine gesetzliche Änderung. Videoüberwachung sei hingegen bei Hotspots derzeit schon möglich und liege im Ermessen der Polizei, sei also leichter gleich umzusetzen.
Polizeiliche Aufgaben der Stadt Wien
Generell bräuchte es aber eine Reihe von Maßnahmen, um die Sicherheit in Wien wieder zu erhöhen. Besonders poche man auf mehr Polizisten für die Bundeshauptstadt, bekräftigte ein Sprecher einmal mehr. Der Bürgermeister ließ schon vor rund einer Woche aufhorchen, als er erklärte, dass er sich vorstellen könne, dass die Stadt Wien die Polizei ganz übernimmt.
Immerhin habe die Stadt habe schon viele polizeiliche Aufgaben übernommen, etwa das Fundwesen oder die Parkraumbewirtschaftung: „Das war immer verbunden mit der Auflage, dass es mehr Polizistinnen und Polizisten auf der Straße gibt. Das ist bis jetzt nicht geschehen“, sagte Ludwig. Berufsrettung und Feuerwehr wären im Verantwortungsbereich der Stadt, selbiges ginge also auch für die Exekutive.
Pannen bei der Videoüberwachung
Doch bereits vor rund zehn Jahren ging eine Ausweitung der Videouberwachung in Wien ziemlich schief. Zu einem Stückpreis von damals rund 20.000 Euro pro Kamera wurden 17 Plätze in der Stadt überwacht und rund um die Uhr überwacht. Das Projekt war teuer, brachte wenig und wurde still und heimlich beendet.
Das "Problem" ist, dass auf einzelnen Plätzen die Kriminalität schlichtweg zu niedrig ist. So wurde der Linzer Hinsenkampplatz 365 Tage überwacht, um die Zahl der Straftaten von einer pro Jahr auf Null zu senken - bei jährlichen Kosten im fünfstelligen Bereich. Und bei dem Projekt in Wien war die Bilanz ähnlich. Selbst bei einem Mordfall in Wiener Neustadt war die Kamera wenig hilfreich, geschah die Tat doch außerhalb des gefilmten Bereichs.
Auch die 2021 gestartete Kamera-Kontrolle am Reumannplatz brachte nur beschränkt etwas. Nach weiteren Vorfällen wurde heuer eine Waffenverbotszone eingeführt, außerdem gab es zahlreiche Schwerpunktaktionen der Polizei um eine wirkliche Verbesserung zu erwirken.
Videoüberwachung verringert Kriminalität nicht, sie verlagert sie lediglich, lautet das Credo der Kriminalsoziologen. Als in Wien erstmals der Schwedenplatz polizeilich gefilmt wurde, wanderte die dort aktive Drogenszene auf den Donaukanal ab. Die Überwachung der SCS in Vösendorf ließ dort die Zahl der Auto-Einbrüche um 80 Prozent einbrechen, allerdings werden sich auch hier die Tatorte nur verschoben haben - aber zumindest blieben die Einkäufer unbehelligt.
Fünf Millionen Kameras in London
In London kann die Polizei auf rund fünf Millionen Kameras zugreifen, dennoch gab es dort immer wieder Terroranschläge und der Numbeo-Kriminalitätsindex führt die englische Hauptstadt als die zwölft gefährlichste in Europa. Also selbst großflächige Überwachung hat nur einen beschränkten Nutzen.
Im Prinzip hat die Videoüberwachung also nur in Einzelfällen tatsächlich einen Mehrwert. Ein Erfolgsmodell etwa sind die knapp 15.000 Kameras in U-Bahnen, Bussen und Straßenbahnen.
Dort gibt es zwar keine Echtzeitüberwachung, allerdings werden dort die Aufnahmen bis zu 120 Stunden rückwirkend gespeichert. So konnten schon Hunderte Verbrechen aufgeklärt werden, wobei die Tatorte häufig auch außerhalb der Öffis lagen.
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