Ludwig schließt Bündnis mit Blau nicht aus
Nach vier Jahren in Opposition könnte die SPÖ schon bald unverhofft Regierungsverantwortung übernehmen, sollte das türkis-grüne Bündnis in den nächsten Tagen tatsächlich auseinanderbrechen. Eine der roten Schlüsselfiguren sitzt im Wiener Rathaus – mit Bürgermeister Michael Ludwig, mittlerweile einer der mächtigsten Akteure in der SPÖ.
Manche sehen ihn schon als möglichen roten Spitzenkandidaten bei vorgezogenen Neuwahlen – anstelle der glücklos agierenden Pamela Rendi-Wagner, der kaum ein Genosse noch einen Wahlerfolg zutraut.
Zu Gast beim KURIER-Tag am Freitag, wiegelt Ludwig aber ab. Er könne ausschließen, in die Bundespolitik zu wechseln.
KURIER-Tag: Podiumsdiskussion mit Michael Ludwig
Wechsel von Peter Hanke?
Deutlich weniger strikt als bisher – und damit lässt Ludwig aufhorchen – schließt er dies hingegen für seinen Finanzstadtrat Peter Hanke aus, der seit Längerem als Nachfolger von Rendi-Wagner gehandelt wird. Darauf angesprochen sagt der Bürgermeister: „Mit seiner jetzigen Funktion wäre das nicht vereinbar. Es ist seine Entscheidung, ob er in der Stadt- oder Bundespolitik sein möchte.“ Das lässt Raum für Spekulationen: Hanke könnte etwa den Posten des Finanzministers übernehmen, sollte es zu einer Vier-Parteien-Übergangsregierung nach einem Sturz von Sebastian Kurz kommen. Eine zweite Option wäre es, den 57-jährigen früheren Manager der Wien Holding, als roten Spitzenkandidaten in Neuwahlen zu schicken. „Derzeit gibt es aber keine Überlegungen in diese Richtung“, wird in roten Kreisen beteuert.
Wie die SPÖ in den nächsten Tagen vorgehen wird, ob man im Parlament eine Anti-Kurz-Koalition anstrebt, dazu will sich Ludwig nicht festlegen: „Wir sind noch weit von der Sondersitzung am Dienstag entfernt, es wird noch viele Gespräche in den nächsten Tagen geben“, sagt Ludwig. Nicht in Frage kommt für ihn ein fliegender Koalitionswechsel – was bisher auch seitens der SPÖ immer ausgeschlossen wurde. Wichtig seien jedenfalls stabile Verhältnisse, um die aktuellen Herausforderungen – allen voran die Pandemie – zu meistern.
Ludwig will auch nicht ausschließen, dass für ihn ein rot-grün-pinkes Regierungsbündnis unter Billigung der FPÖ denkbar ist. Was insofern bemerkenswert ist, als doch in weiten Teilen der SPÖ eine Zusammenarbeit mit den Blauen nach wie vor tabu ist.
Vorbild Israel
Was auffällt: In SPÖ-Kreisen beginnt man bereits, die Brisanz einer solchen Kooperation herunterzuspielen: Eine mögliche temporäre Zusammenarbeit von Rot, Grün und Pink mit der FPÖ bis zu einer Neuwahl sei ja keine Koalition im engeren Sinne. Außerdem gebe es internationale Beispiele für Konstellationen, die bisher undenkbar waren. Etwa in Israel mit seinem bunten Parteienbündnis, das geschmiedet wurde, um Langzeit-Premier Benjamin Netanjahu zu stürzen.
Kommentare