Beinschab packt im Karmasin-Prozess aus: "Nicht verrechnen. Darf nichts verdienen"
Eigentlich hätte Sabine Beinschab schon Ende April im Prozess gegen Ex-Ministerin Sophie Karmasin zu Wort kommen sollen - es wäre der erste Auftritt der Kronzeugin in der Öffentlichkeit gewesen.
Doch es kam anders, die Befragung anderer Zeugen verzögerte sich, Richter Patrick Aulebauer wollte auf Nummer sicher gehen.
"Die Befragung von Frau Beinschab wird wohl länger dauern. Ich will nicht bis Mitternacht mit den Schöffen hier sitzen." Und so wurde Beinschab, die sich bereits vor der Großen Schwurgerichtssaal im Landesgericht für Strafsachen in Wien aufhielt, wieder nach Hause geschickt.
Dienstag: Prozess beginnt um 9.30 Uhr
Dienstag, heute, war es allerdings soweit. Beinschab war die einzige geladene Zeugin an dem Verhandlungstag.
Karmasin-Prozess: Kronzeugin Beinschab geladen
Sie sollte Auskunft über die Geschäftspraktiken von Ex-Ministerin und Meinungsforscherin Karmasin geben. Ihr wird schwerer Betrug und Wettbewerbs-Absprache vorgeworfen. So soll unter anderem Beinschab überhöhte Scheinangebote gestellt haben.
Hier der Live-Ticker als Nachlese:
Der dritte Tag im Karmasin-Prozess zum Nachlesen
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Prozess beginnt um 9.30 Uhr
Guten Morgen zum Liveticker am dritten Tag im Karmasin-Prozess.
Kollegin Michaela Reibenwein ist heute vor Ort und berichtet von der Aussage von Kronzeugin Sabine Beinschab.
Hier finden Sie die beiden ersten Prozesstage zur Nachlese:
➤ Tag 1: Karmasin: "Habe mich einspannen lassen"
➤ Tag 2: Befragung von Kronzeugin Beinschab kurzfristig abgesagt
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Der Prozess hat begonnen
Der Großen Schwurgerichtssaal im Landesgericht für Strafsachen in Wien ist bis auf den letzten Platz gefüllt - mit Pressevertretern und Zuhörern. Und natürlich ist auch die Angeklagte Sophie Karmasin anwesend.
Richter Patrick Aulebauer ruft die Verhandlung auf - und der Prozess beginnt.
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Viele Anwälte, aber einer fehlt
Eigentlich wird Sophie Karmasin ja von ihren beiden Anwälten Norbert Wess und Philipp Wolm vertreten. Am heutigen Tag ist allerdings nur Wess vor Ort. Dafür befinden sich jede Menge anderer Anwälte im Saal.
Dieser wurde übrigens verdunkelt, weil ein Dokument gezeigt wird - lesbar ist es aber nicht. Karmasin soll sich trotzdem dazu äußern.
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Karmasin streckte ihre Fühler in die Schweiz aus
Bei dem Dokument handelt es sich offensichtlich um einen Kooperationsvertrag mit Beinschab. Karmasin: "Da gab es sehr viele. Ich kann mich nicht an jeden erinnern."
Außerdem geht es um einen von Karmasin gewollten Einstieg in ein Schweizer Unternehmen - für die Zeit nach ihrer politischen Karriere. Das war 2017. "Ich habe auf eine Zusage gewartet, die haben sie aber leider nicht gemeldet."
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Karmasin über Beinschab
Und wie steht Sabine Beinschab damit in Verbindung?
Karmasin: “Beinschab war sehr interessiert, mit mir wieder in eine Geschäftsbeziehung zu kommen. Sie wollte weiter mit mir arbeiten. Ich habe es ihr aber nicht in der Deutlichkeit gesagt, dass meine Priorität woanders liegt. Das war der Vertrag mit dem (Schweizer; Anm.) Unternehmen.” Beinschab wusste davon laut Karmasin nichts.
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Frustration über geplatzten Deal mit Schweizern
Dass es dann keine Zusage vom Unternehmen gegeben habe, habe sie frustriert, sagt Karmasin. "Daraufhin habe ich Entgeltfortzahlungen in Anspruch genommen."
Und eben den einen oder anderen Vortrag gehalten: "Das gebe ich zu, das war naiv. Das war ein Fehler, das habe ich nicht sorgfältig genug betrachtet. Darum habe ich den Betrag dann auch zurückgezahlt.”
Am Tag ihrer Verhaftung sei sie am Vormittag zu Dr. Wess gegangen und habe ihm gesagt, sie wolle das zurückzahlen. "Am Nachmittag wurde ich verhaftet. Ich hatte dann Corona, war im Gefängnis und hatte keine Möglichkeit, mit irgendwem zu sprechen." Über den Betrag habe sie sich keine Gedanken machen können.
Deshalb habe sie Entgeltfortzahlung beantragt und sich gar keine Gedanken darüber gemacht. "Im Nachhinein war das sicher nicht die richtige Vorgangsweise. Deshalb habe ich den Betrag ausreichend und rechtzeitig zurückgezahlt."
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Keine Antworten auf die Fragen der Staatsanwaltschaft
Wie auch schon in den ersten beiden Prozesstagen ist Karmasin nicht bereit, auf Fragen der Staatsanwaltschaft zu antworten.
Aktueller Anlass: Die Frage von Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic, ob sie BWL studiert habe. Karmasins Antwort: "Wir haben schon besprochen, dass es mir schwerfällt, Ihre Fragen zu beantworten."
Zuvor hatte der Richter eine eMail vorgelesen, der Inhalt: ein Auftrag und ein Honorar. Karmasin sieht keine Berufstätigkeit, weil der Stundenlohn "vielleicht nur 15 Euro" betragen habe.
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Keine Erinnerung ans Studium
Dann will der Staatsanwalt näher auf die Rechnungslegung eingehen. Karmasin dazu: "Sie haben sicher großartig recherchiert. Aber ich hatte zuvor eine große Firma und hatte mit Rechnungen nichts zu tun. Nach meiner Ministerzeit war ich Alleinunternehmerin und das waren meine allerersten Rechnungen, die ich selbst ausgestellt habe.
Hintergrund: Karmasin soll Rechnungen ausgestellt haben, die einige Monate später datiert waren, als die erbrachten Leistunge. Also etwa eine Rechnung aus Juni, obwohl der Vortrag im März gehalten wurde. Ab Juni durfte Karmasin wieder offiziell verdienen.
Karmasin: "An diesem Tag habe ich meine erste Rechnung geschrieben. Und ich habe mich nicht darauf besonnen, was ich vor 15 Jahren in meinem Studium gelernt habe."
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"Musste wieder bei Null anfangen"
Die Angeklagte erzählt über ihre Zeit nach der Politik, in der sie es nicht leicht gehabt hätte: "Das war keinesfalls leicht, wieder Fuß zu fassen, ich musste wieder von Null anfangen. Das ist wirklich, wirklich schwierig. Deshalb wollte ich mich für diesen Weg auch gar nicht entscheiden.”
Angefragt wurde sie für zwei Vorträge, 3.500 Euro sollen dafür bezahlt worden sein - für Karmasin war das eine Ausnahme, "keine Berufstätigkeit".
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Karmasin wird immer genervter
Staatsanwalt Adamovic hält Karmasin zahlreiche Schriftstücke vor, die Angeklagte reagiert darauf zunehmend genervt: "Wollen Sie mir vorhalten, welche Gedanken ich hatte?" - Adamovic: "Nein, das sind Beweismittel."
Unter den Dokumenten ist auch ein eMail von Beinschab an Karmasin. Der Inhalt: "Wegen Studien T. haben wir gestern nicht explizit geredet."
Adamovic will wissen, ob dieser T. etwa Thomas Schmid sei. Aus dem eMail gehe jedenfalls hervor, dass Karmasin eine Provision von 20 Prozent bekommen haben soll. Karmasin antwortet: "Wenn Sie glauben, nach der Politik kommt das Geschäft von ganz allein - dann liegen Sie leider ganz falsch."
Dazu eine kleine Nachlese, wer denn dieser Thomas Schmid ist:
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Emotionen gehen hoch
Weiter geht es mit Fragen des Staatsanwalts zu angeblichen Preisabsprachen bei Studien (Kinder und Jugendliche im Vereinssport; Anm.) für das Sportministerium. Karmasin zog das Angebot allerdings "aus Kapazitätsgründen" zurück. Warum sie das getan habe, will Adamovic wissen, wenn es ja schon fix war?
Daraufhin attackiert Karmasins Anwalt Norbert Wess die WKStA, weil "entlastende Korrespondenz nicht vorgelegt wurde". Wess wird dabei emotional - und wird von seiner Mandantin unterstützt. Die meint nämlich zu Adamovic, er habe die Unterlagen anscheinend nicht gut studiert.
Der antwortet ebenfalls recht emotionsgeladen: "Wir haben die Unterlagen SEHR GUT studiert!"
Das kann ja noch ein heißer Prozesstag werden heute ...
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Zehn Minuten Pause, dann kommt Beinschab
Der Prozess wird für zehn Minuten unterbrochen. Im Anschluss folgt der erste Auftritt von Kronzeugin Sabine Beinschab.
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Beinschab wird aufgerufen
Es geht weiter - mit einem lang erwarteten Auftritt: Die Kronzeugin betritt den Großen Schwurgerichtssaal mit ihrer Anwältin Kathrin Blecha-Ehrbar.
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Die erste Aussage von Sabine Beinschab
In ihrem ersten Statement erzählt die Kronzeugin von ihrem Werdegang, angefangen an der FH Wiener Neustadt und einem dort gehörten Gastvortrag von Sophie Karmasin. Dieser habe sie sehr interessiert, sie seien ins Gespräch gekommen. "Ich war interessiert an einem Job bei ihr", sagt Beinschab. Kurz später habe sie sich bei Karmasin gemeldet, dass sie an einer Tätigkeit interessiert sei - freiberuflich, neben ihrem Masterstudium.
Anfangs habe sie vor allem Protokolle geschrieben. Dann sei eine Kollegin schwanger geworden und sie wurde fix angestellt. Ihre Tätigkeit? Zum Beispiel das Erstellen von Grafiken.
"Ich hatte eine riesengroße Leidenschaft für Marktforschung."
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Stolz auf Arbeit mit Karmasin
“Ich war sehr stolz, dass ich diese Aufgabe bekommen habe", so Beinschab weiter. Sei sei damals ein junges Mädchen gewesen. "Es war großartig, in so einem bekannten Betrieb so eine Position einzunehmen."
Als Karmasin dann 2013 Ministerin wurde, habe das das ganze Unternehmen durcheinander gebracht. Das sei auch für sie schwierig gewesen. "Niemand wusste, wie es mit der Firma weitergeht. Wir waren alle total geschockt, das war ein ziemlich einschneidender Tag für mich."
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Beinschab machte sich selbstständig
2015 hat sich Beinschab dann für die Selbstständigkeit entschieden. Sie gründete das Unternehmen Research Affairs. Kontakt zu Karmasin hatte sie da weiterhin. "In den Medien wird immer von ,beste Freundinnen´ geschrieben. Ja, wir waren befreundet - aber die besten Freundinnen? Karmasin war 18 Jahre älter als ich. Für mich sind Freunde Menschen, mit denen ich gemeinsam aufwachse. Wir haben nicht unsere engsten, persönlichsten Gedanken geteilt", sagt Beinschab über ihr damaliges Verhältnis zur Angeklagten.
Vielleicht alle drei Monate sei man auf einen Kaffee gegangen. Beinschab gibt an, dass Karmasin den Kontakt zwischen ihr und Thomas Schmid hergestellt habe. Karmasin kannte ihn schon länger.
Beinschab sagt, Karmasin wollte 20 Prozent Umsatzbeteiligung von Schmid von jenen Aufträgen, die sie (also Beinschab; Anm.) von Schmid bekommen habe.
"Ich habe ihr (Karmasin, Anm.) einen Preis für eine Studie mit Schmid weitergeleitet. Ihre Antwort: ,Me included, right?`" Inhaltlich habe Karmasin aber nicht bei Studien mitgearbeitet. Man habe sich manchmal über Ergebnisse ausgetauscht. "Aber das war keine beratende Tätigkeit von Karmasin. Sie hatte einfach irrsinnig viel Erfahrung."
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Kronzeugin wirkt entspannt
Kollegin Reibenwein berichtet, dass Sabine Beinschab recht heiter wirkt. Sie lacht zwischdendurch immer wieder und blättert in ihren zahlreichen Unterlagen, die sie in einem schwarzen Rucksack mitgebracht hat.
Karmasin hingegen schüttelt immer wieder den Kopf nach den Aussagen der Kronzeugin und macht sich Notizen.
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Karmasin wird massiv belastet
Beinschab sagt aus, dass Karmasin Rechnungen teilweise über die Firme ihres Mannes abrechnen ließ. Warum? "Weil sie nichts abrechnen durfte. Sie wusste, dass sie nichts dazu verdienen darf."
Diese Aussage belastet Karmasin massiv und deckt sich mit den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Karmasin hatte diese Vorwürfe immer bestritten.
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20 Prozent Provision und Dokumente am Schirm
Einerseits habe Beinschab an Karmasin 20 Prozent für die Vermittlung von Aufträgen gezahlt, andererseits sei sie als Sub-Auftragsnehmerin für Karmasin tätig gewesen. Dafür sei sie von Karmasin bezahlt worden, habe aber ihrerseits wieder 20 Prozent Provision an Karmasin zahlen müssen.
Wieder werden die bereits eingangs gezeigten Dokumente eingeblendet, leserlich sind sie immer noch nicht. Aber aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass es dabei um mögliche Projekte ging, die gemeinsam umgesetzt werden könnten.
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Beinschab: "Sophie war wie ein Produkt für mich"
In einem der gezeigten Dokumente ist die Rede von Vortragstätigkeiten. Beinschab sagt dazu: "Ich habe früher immer die ganzen Vorträge organisiert. Meine Aufgabe war es, die Verhandlung mit Kunden und die Inhalte grob zu besprechen, Örtlichkeiten einzuteilen und zu managen. Ich habe auch die ganzen Reisen gebucht. Das hat mir riesengroßen Spaß gemacht. Sophie war wie ein Produkt für mich. Das klingt jetzt blöd. Aber ich wusste, was sie kann. Dementsprechend gut habe ich sie als Vortragsprodukt verkaufen können. Ich habe auch immer gute Honorare ausgehandelt."
Karmasin soll auch zu Beinschab gesagt haben, dass es fein wäre, wenn sie diese Tätigkeit nach ihrer Zeit als Ministerin wieder übernehmen könne: "Sie kam auf mich zu und sagte: Vorträge könntest du dann wieder für mich organisieren."
Laut diesen Aussagen waren Vorträge also schon während ihrer Zeit als Ministerin ein Thema für Karmasin - eine weitere Aussage, die die Angeklagte schwer belastet.
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Weiter im Beinschab-Text
Im Gegenzug für die Organisation der Vorträge war laut Beinschab ausgemacht, dass sie von Karmasin 10 Prozent des Honorars erhalten sollte. Das sei Karmasin aber nicht recht gewesen, sagt Beinschab.
Dass Karmasin nach ihrem Ministeramt bei einem Schweizer Unternehmen andockten wollte, wisse sie nur aus den Medien, so die Kronzeugin.
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"Mein Ziel war es nicht, dass ich ihre Buchhaltung mache"
Mit der Rechnungslegung für Karmasins Vorträge habe Beinschab nichts zu tun gehabt: “Ich habe ihr im Vorfeld gesagt, dass ich die Rechnungen nicht schreiben will. Mein Ziel war es nicht, dass ich ihre Buchhaltung mache.” Zu den ausgestellten Rechnungen sagt Beinschab: "Sie (Karmasin; Anm.) hat gewusst, dass das nicht geht. Ich habe im Prinzip gemacht, was mir gesagt wurde."
Auch wenn sie selbstständig gewesen sei, habe sich wenig geändert: "Ich war die Angestellte, sie war die Chefin."
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Beinschab zu den Studien für das Sportministerium im Jahr 2019
Der Richter will von Beinschab wissen, was Karmasin ihr dazu gesagt habe. Beinschab antwortet: "Sie schrieb mir Mail und bat mich um Hilfe. Sie meinte, sie habe das Angebot für das Sportministerium bereits gelegt, brauche aber Vergleichsangebote. Um sicher zu sein, dass sie den Zuschlag auch bekommt, wäre es super, wenn ich auch ein Angebot machen würde. Und sie fragte mich, ob ich noch jemanden kenne."
"Karmasin sagte mir, dass sie gern den Zuschlag vom Ministerium hätte, ich würde dann Subaufträge erhalten." Karmasin hingegen hat ausgesagt, dass sie den Zuschlag zu diesem Zeitpunkt schon hatte.
Dass sie, Beinschab, dann das Angebot gestellt habe, sei ein Fehler gewesen. Verdient habe sie dabei aber fast nichts, führt Beinschab den Erlös von 1.200 Euro für eine Studie an. "Ich war im Prinzip ein Trottel, das war ein Fehler."
Beinschab gibt auch an, dass sie von Karmasin teils vorgeschriebene Unterlagen erhalten hätte, unter anderem auch mit alternativen Preisen. Auch den Preis für die von Beinschab gestellten Angebote habe Karmasin vorgegeben. "Ich habe mit dem Sportministerium selber gar keinen Kontakt gehabt. Es gab nie ein Briefing oder ähnliches, ich wusste nichts."
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"Alles, was sie machen kann, kann ich auch"
Was sie denn für Karmasin konkret gearbeitet habe? Beinschab: "Tiefeninterviews zum Beispiel." Dann will der Richter wissen, ob es sich dabei um Spezialstudien gehandelt habe. Beinschab verneint. "Alles, was sie machen kann, kann ich auch. Ich habe jahrelang ihr Wissen aufgesogen." Diese Arbeit hätten auch andere Institute erledigen können. "Das ist nicht Rocket Science." Laut Karmasin habe ja nur sie selbst diese Studien machen können.
Auch als Beinschab einmal den Preis eines Angebots nach oben ausgebessert habe, sei dieser von Karmasin vorgegeben worden.
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Karmasin hat sich selbst beauftragt
Einen Tag vor der Hausdurchsuchung habe sie mit Karmasin telefoniert, am 5. Oktober, sagt Beinschab. Zu diesem Zeitpunkt sei sie schon abgehört worden. Darin ging es um den Verein Zukunft Österreich, wo Karmasin Geschäftsführerin war. Der Verein wollte ein Angebot gelegt bekommen, Karmasin hätte wissen wollen, ob schon eine Anfrage eingelangt wäre.
Dann habe Karmasin ein Angebot verfasst, allerdings unter dem Briefkopf von Beinschab. "Ich habe das dann verschickt." In weiterer Folge habe sie den Auftrag vom Verein bekommen, also von dessen Geschäftsführerin Sophie Karmasin. "Sie hat gesagt: Ich mache das unter deinem Namen. Sie hat sich also selbst beauftragt."
Über ihre damaligen Motive sagt Beinschab: "Sie war meine Chefin, sie war mein Vorbild, ich habe zu ihr aufgeschaut. Und sie hat das ausgenützt."
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Resümee zur Mittagspause
Jetzt geht es in die Mittagspause, eine Stunde ist dafür veranschlagt.
Das erste Resümee des Vormittags: Kronzeugin Sabine Beinschab belastet mit ihren Aussagen die Angeklagte massiv. So soll sich Karmasin etwa selbst beauftragt und Preise für Angebote vorgegeben haben. Ihre Vorwürfe untermauern also die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft.
Beinschab selbst wirkt vor Gericht befreit, sie zeichnet ein Bild von sich, wie sie zu Karmasin aufgeschaut und was sie alles für sie getan habe.
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An einem normalen Tag ohne Verhandlung ...
... sieht es im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Wiens übrigens so aus.
Heute ist natürlich alles anders, die Sitze sind bis auf den letzten Platz gefüllt.
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Gleich geht´s weiter
Der Prozess wird gegen 13.30 Uhr wieder aufgenommen. Am Programm steht weiterhin die Befragung von Kronzeugin Sabine Beinschab (re.), vertreten von ihrer Anwältin Kathrin Blecha-Ehrbar.
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Startschuss für die zweite Halbzeit
Nach der ersten Runde am Vormittag geht es weiter mit der Befragung von Kronzeugin Sabine Beinschab durch die Staatsanwaltschaft.
Eingangs wird gefragt, ob Beinschab jemals persönlichen Kontakt zum Sportministerium hatte. Sie verneint. Kontakt habe es nur telefonisch gegeben, um die Deadline des Angebots zu besprechen. "Ich kenne die Personen aus dem Sportministerium nicht", sagt Beinschab. Sie wisse nicht, was da im Hintergrund gelaufen sei.
Somit bleibt unklar, ob jemand aus dem Sportministerium eingeweiht war. Konkret geht es um den zweiten Angeklagten, einen hochrangingen Mitarbeiters des Ministeriums. Der hat heute aber noch gar keine Rolle gespielt.
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Beinschab zu Geldbuße verurteilt
Sie habe sich über die äußerst kurze Frist bei der Ausschreibung des Ministeriums gewundert, sagt Beinschab. Laut Staatsanwaltschaft würde das ja darauf hindeuten, dass man andere Angebote verhindern wollte.
Die Staatsanwaltschaft will wissen, ob Beinschab gesagt wurde, dass die Angebote für die Schublade sind? "Nein", sagt sie. Sie habe aber mit Karmasin besprochen, dass diese den Zuschlag haben will, weshalb sie Angebot und Preis vorgegeben habe.
Staatsanwalt: "Hat sich die Kartellbehörde gemeldet?" Beinschab: "Das ist tatsächlich ein Problem. Und ich bin auch schon zu einer Geldbuße wegen Wettbewerbsbeschränkung verurteilt worden, weil die Preise abgesprochen wurden."
Ob in diesem Fall auch Karmasin belangt worden sei, will die Staatsanwaltschaft wissen? "Ich weiß nicht, was der Status ist. Ich beschäftige mich mit dem Eingestehen meiner Fehler", sagt darauf Beinschab. "Die Geldbuße (6.000 Euro; Anm.) ist höher als das, was ich bei diesen Preisabsprachen verdient habe." Rechtsmittel habe sie keine eingelegt.
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Studien für "Österreich"
Weiter geht es mit Fragen zu den Betrugsvorwürfen. Die Staatsanwaltschaft will wissen, ob die von Beinschab getätigten Aussagen in den Vernehmungen richtig sind. Beinschab berichtet von "69 Stunden Einvernahme. Das war nicht immer lustig. Aber alles, was dort gesagt wurde, entspricht der Wahrheit."
Staatsanwalt: "Ein Teil davon ist, dass Karmasin den Kontakt zu Thomas Schmid und den Brüdern Fellner hergestellt hat?" Laut Beinschab soll es für Studien in "Österreich" keine Provisionen gegeben haben. "Da wäre nichts übrig geblieben."
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Wie war das eigentlich mit "Österreich"?
Beinschab sagt weiter, dass der Kontakt zu den Fellner-Brüdern von Karmasin hergestellt worden sei. Ziel war der Aufbau eines Online-Panels. Und weil "Österreich" eine große Reichweite habe, hätte man so Zugriff auf zahlreiche Probanden haben können.
Ob offen gelegt war, dass Thomas Schmid nur für das Finanzministerium agierte, will die Staatsanwaltschaft wissen. Beinschabs (sinngemäße) Antwort: "Mir war klar, dass eine Beziehung zwischen Österreich, Finanzministerium und Karmasin besteht. Ich wusste, dass hier eine Vernetzung vorhanden war."
Man habe verschleierte Rechnungen gelegt, weil Karmasin zu der Zeit Ministerin war und somit Berufsverbot hatte. "Sie wollte das Geld haben. Die Frage war, wie kann man das entsprechend überweisen?"
Außerdem erzählt Beinschab, dass Johannes Frischmann, früherer Pressesprecher von Sebastian Kurz, ein Mittelsmann bei Umfragen gewesen sei.
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Beinschab stimmte Fragen mit Frischmann ab
Dann geht es um die Kommunikation zwischen Thomas Schmid und anderen Personen aus dem Finanzministerium. Beinschab sagt, sie hätte zu diesem Zeitpunkt im März 2018 bereits informelle Informationen von Karmasin dazu erhalten.
"Fragen mit Frischi abklären", soll Schmid an Beinschab geschrieben haben. Sie habe mit ihm immer die Fragen abgestimmt, gibt Beinschab zu Protokoll. Zum Beispiel: "Wie kompetent wirkte der Finanzminister bei seiner Budgetrede?"
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3.000 Euro Provision
Dann geht es um ein eMail vom 1. Mai 2019 von Beinschab an Karmasin. Der Text: "Nächste Woche kommt Kasseneingang für dich von 3000 Euro von Freunden." Wer damit gemeint sei? "Das Finanzministerium."
Konkret sei es dabei um Provisionsansprüche von Karmasin gegangen: "Ich habe sie immer über den aktuellen Status informiert." Teils habe sich die damalige Ministerin auch aktiv erkundigt. Manchmal habe sie schon vorab gewusst, dass was kommt. "Weil sie ja Kontakt hatte."
Beinschab spricht auch davon, dass sie Kontakt zu Johannes Pasquali hatte bezüglich Studien für das Finanzministerium, für die Karmasin dann auch Provisionen bekommen haben soll.
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"Fehler, in die Politik zu gehen"
In diesem Zusammenhang spricht Beinschab auch über das politische Engagement von Karmasin: "Das war vielleicht ein Fehler von Sophie, in die Politik zu gehen. Das hat dann nicht so funktioniert, wie sie es sich vorgestellt hat."
Und sie packt weiter aus. So habe ihr Karmasin in einer Nachricht geschrieben: "Unbedingt stark leugnen, dass wir etwas miteinander zu tun haben. Das brauch ich dir ja nicht zu sagen, dass das Modell sonst nichts wert ist. Das gilt natürlich auch für deinen Bekanntenkreis."
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"Ich darf nix verdienen"
"Bitte aber noch nichts verrechnen, erst Juni. Ich darf nix verdienen." Diesen Text hatte Karmasin ihr am 4. Februar 2018 geschickt, sagt Beinschab. "Weil sie nichts verdienen darf wegen Minister-Fortzahlungen. Ich sagte ihr aber, dass ich keine Rechnungen ausstelle. Mein Ziel war nicht, ihre Buchhaltung zu machen."
Dennoch schreibt sie im März 2018 im Namen Karmasins an die Auftraggeber, ob es möglich wäre, die Rechnung wegen buchhalterischer Gründe erst im Juni auszustellen. Ab diesem Zeitpunkt durfte Karmasin wieder Geld verdienen.
"Was heißt buchhalterisch?", will die Staatsanwaltschaft wissen. "Das war nur ein Vorwand", antwortet die Kronzeugin.
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Kleines Video für Zwischendurch
Worum es heute eigentlich geht, sehen Sie in diesem kurzen Video. Im Verhandlungssaal werden derweil nur mäßig interessante Dinge besprochen - aber gleich geht´s weiter.
Karmasin-Prozess: Kronzeugin Beinschab geladen
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Karmasins Anwalt ist am Wort
Weiter geht es mit der Befragung von Beinschab, dieses Mal aber durch Norbert Wess, den Anwalt der Angeklagten Sophie Beinschab. Wess will von der Kronzeugin wissen, ob sie beim Meinungsforschungsinstitut Gallup fristlos gekündigt wurde. "Wegen Vertrauensbruch", bestätigt Beinschab. Ob der Vorwurf im Raum stand, Unterlagen entwendet zu haben, fragt Wess. "Nein", antwortet Beinschab. Bekämpft habe sie die fristlose Kündigung nicht, wohl aber habe sie Trost bei Helene Karmasin gesucht, also der Mutter der Angeklagten.
Dann hätten sie beide ein Unternehmen gegründet. "Aber ich war selbstständig und als Sub-Auftragnehmerin tätig", sagt Beinschab dazu.
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Wess fühlt Beinschab auf den Zahn
Der Anwalt von Sophie Karmasin will von der Kronzeugin wissen, ob sie eine unmittelbare Wahrnehmung habe, was Karmasin mit (Thomas; Anm.) Schmid besprochen habe? "Karmasin hat mir gesagt, was zu tun ist. Ich war beim Gespräch nicht dabei, das sie mit Schmid geführt hat. Aber sie hat ja ausgemacht, wie die Dinge laufen sollen. Irgendwann hat das eine Dynamik bekommen mit Frischmann, Pasquali und Co."
Warum sie die 20 Prozent Provision akzeptiert und nicht verhandelt habe, will Wess wissen. "Ich war in einem Abhängigkeitsverhältnis. Was sie (Karmasin; Anm.) zu mir gesagt hat, hätte ich gemacht." Schließlich habe sie zu Karmasin und ihrer Autorität aufgeschaut. "Und ich wollte auch in Zukunft mit ihr zusammenarbeiten."
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Langsam geht´s hier (für uns) dem Ende zu ...
... eine Zusammenfassung der heutigen Ereignisse lesen Sie am Abend auf KURIER.at.
Danke fürs Mitlesen, bis zum nächsten Mal.
Was bisher am dritten Prozesstag geschah
Bevor Beinschab zu Wort kam, konfrontierte Richter Patrick Aulebauer Karmasin mit Unterlagen, aus denen hervorging, dass diese schon Ende 2017 - unmittelbar nach dem Ende ihrer politischen Tätigkeit - ernsthafte Jobaussichten hatte. Dessen ungeachtet beantragte die Ex-Ministerin die gesetzlich vorgesehenen Entgeltsfortzahlungen aus ihrem früheren Ministeramt und nahm diese in weiterer Folge auch in Anspruch.
Zum einen entwickelte Karmasin mit Beinschab schon im November 2017 eine geschäftliche Kooperation, zum anderen hatte sie Mitte Dezember 2017 Aussichten auf einen beruflichen Einstieg bei einem Schweizer Beratungsunternehmen. „Ich bin nicht ganz naiv, es war ja noch kein Vertrag unterschrieben“, meinte dazu die Ex-Politikerin. Sie räumte jedoch ein, „heilfroh“ über dieses Angebot aus der Schweiz gewesen zu sein: „Deshalb habe ich mich in Verhaltensökonomie so spezialisiert.“ Wenn sie von dem Schweizer Kollegen engagiert worden wäre, „hätte ich keine Entgeltsfortzahlung gemacht. Leider hat er sich nicht gemeldet.“
Mit Beinschab wiederum war schon ein Businessplan erstellt worden. „Es gab so viele Möglichkeiten. Das kann ich Ihnen gar nicht mehr aufzählen, was wir alles überlegt haben“, meinte dazu Sophie Karmasin. Es sei aber „nichts davon umgesetzt“ worden.
Ab Anfang 2018 hielt Karmasin - wenn auch nicht in hoher Zahl - entgeltlich Vorträge und bezog weiter Bezüge aus ihrer früheren ministeriellen Tätigkeit. Dazu hielt die Angeklagte fest: „Es ist ja keine berufliche Tätigkeit, um 300 Euro einen Vortrag zu halten. Das ist maximal eine Veranstaltung, um auf sich aufmerksam zu machen. Ich wollte schon einen 40 Stunden-Job in einer gewissen Tätigkeit.“ Sie sei „keine Vortragsrednerin.“ Vorträge seien „eine Möglichkeit, sich zu präsentieren“. Ein Vortrag sei „ein Strohhalm, an eine berufliche Tätigkeit zu kommen“.
3.500 Euro für Vortrag
Für einen Vortrag hätte Karmasin konkret 3.500 Euro plus Spesen bekommen, hielt ihr darauf Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic vor. „Das ist großartig“, gestand Karmasin ein, um zu ergänzen: „Das kriegt man ein Mal in zwei Jahren.“ Die Entgeltsfortzahlungen lukriert und ihre Vorträge nicht gemeldet zu haben, sei „im Nachhinein unbedacht“ gewesen: „Meine Ansicht war, dass die Anbahnung einer Tätigkeit keine berufliche Tätigkeit ist.“
Im Februar 2018 mahnte Karmasin allerdings bezüglich eines Auftrags schriftlich ein, vorerst nichts zu verrechnen, sie dürfe nichts verdienen. Darauf angesprochen, sagte Karmasin: „Es war ein Wegschieben des Themas. Im Nachhinein war es nicht die richtige Vorgangsweise.“
Wann wird es ein Urteil geben?
Die Urteile im Karmasin-Prozess sind für den 23. Mai geplant. Die Ex-Ministerin soll sich laut Anklage nach ihrem Ausscheiden aus der Politik widerrechtlich Bezugsfortzahlungen in Höhe von 78.589,95 Euro erschlichen haben, indem sie Bediensteten des Bundeskanzleramts verschwieg, dass sie ihre selbstständige Tätigkeit nach ihrer Amtszeit als Familienministerin nahtlos fortsetzte.
Von der Anklage umfasst sind weiters drei Studien für das Sportministerium, für die Karmasin nach ihrem Ausscheiden aus der Politik den Zuschlag erhielt, indem sie laut Anklage zwei Mitbewerberinnen - darunter ihre frühere Mitarbeiterin Sabine Beinschab - dazu brachte, „von ihr inhaltlich vorgegebene und mit ihr vorab inhaltlich abgesprochene Angebote an die Auftraggeber zu übermitteln, um sicherzustellen, dass die ihr zuzurechnende Karmasin Research & Identity GmbH die Aufträge bekommen würde“ (Anklageschrift).
Gegen Beinschab wurde in diesem Zusammenhang das Verfahren eingestellt, sie bekam von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Kronzeuginnen-Status zugestanden. Das Verfahren gegen die zweite Meinungsforscherin wurde diversionell erledigt, laut WKStA hat sie bereits gemeinnützige Leistungen erbracht.
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