Karmasin-Prozess: Befragung von Kronzeugin Beinschab kurzfristig abgesagt
Am zweiten Verhandlungstag gegen Ex-Familienministerin Sophie Karmasin im Landesgericht für Strafsachen in Wien kamen heute mehrere Zeugen zu Wort. Eine Zeugin war mit Hochspannung erwartet worden: Gegen Mittag war Kronzeugin Sabine Beinschab eingeplant. Aus Zeitgründen wurde ihre Befragung jedoch vertagt. Ihre Angaben bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft waren es, die Karmasin massiv in Bedrängnis brachten. Der KURIER berichtete live.
Ausschlaggebend für die Verschiebung der Befragung von Karmasin war, dass die zeugenschaftliche Befragung eines Beamten im Sportministerium mehrere Stunden gedauert hatte. Vor allem Verteidiger Norbert Wess wollte von dem Zeugen Details zur Beauftragung und Vergabe von drei von der Anklage umfassten Studien an Karmasin wissen. Nach einer kurzen Mittagspause verkündete Richter Patrick Aulebauer, dass Beinschab heute nicht mehr vernommen wird. Es sei den Schöffen nicht zumutbar, "dass wir vielleicht bis Mitternacht da sitzen". Die Einvernahme Beinschabs werde "sicher länger dauern", dafür brauche es einen weiteren Termin.
Zuvor war Karmasin, der schwerer Betrug sowie wettbewerbsbeschränkende Absprachen angekreidet werde, von einer Meinungsforscherin belastet worden. Mit deren Hilfe soll Karmasin unrechtmäßig Aufträge aus dem Sportministerium bekommen haben soll.
➤ Mehr dazu hier: Die "Naivität" der Sophie Karmasin
Vorwürfe gegen Karmasin
Karmasin hat am ersten Prozesstag, am vergangenen Dienstag, Fehler eingestanden, sich aber nicht schuldig bekannt.
➤ Mehr dazu hier: Karmasin: "Habe mich einspannen lassen" - erster Prozesstag zum Nachlesen
Die Vorwürfe gegen die Ex-Ministerin beziehen sich auf schweren Betrug und Preisabsprachen.
- So soll sie nach ihrer Zeit als Ministerin zu Unrecht 78.589 Euro vom Staat erhalten haben.
- Zudem soll sie (illegale) Absprachen im Zusammenhang mit Studien für das Sportministerium getätigt haben. Eine derjenigen, die überhöhte Angebote gestellt haben sollen, war eben Beinschab.
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Karmasin vor Gericht: Zweiter Prozesstag
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Zweiter Prozesstag beginnt
Guten Morgen, der zweite Prozesstag beginnt in Kürze. Wir tickern hier live.
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Karmasin betritt Gerichtssaal
Die Angeklagte Sopie Karmasin hat soeben den Gerichtssaal betreten.
Wer alles über den ersten Prozesstag nachlesen möchte, kann das hier tun:
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WKStA legt Dokumente vor
Zu Beginn des zweiten Prozesstages legt WKStA Dokumente vor, die die Kommunikation zwischen Sophie Karmasin und Sabine Beinschab darstellen sollen. Die Dokumente soll belegen, dass Karmasin sehr wohl gearbeitet und Geld verdient hat, während sie Ersatzzahlungen vom Staat erhalten hat.
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Erste Zeugin bei der Anhörung
Die erste Zeugin im Prozess wird gehört: Eine Marktforscherin.
"Beinschab hat mir gesagt, Karmasin sollte einen öffentlichen Auftrag bekommen. Im letzten Moment brauchte sie aber Vergleichsangebote. Sie hat gefragt, ob ich das für sie mache. Es war aber klar, dass Karmasin den Auftrag bekommt. Also es war ein Scheinangebot", sagt die Zeugin.
Die Zeugin selbst wurde in der Causa bereits angeklagt und bekam eine Diversion.
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"War klar, dass Karmasin den Auftrag erhalten soll"
Auch für eine zweite Studie habe die Zeugin ein Angebot gelegt. "Da war ich schon ein bisschen verwundert. Auch hier war klar, dass Karmasin den Auftrag erhalten soll." Direkten Kontakt zu Karmasin habe die Zeugin nicht gehabt. Die Kommunikation sei über Sabine Beinschab gelaufen. -
"Naive Loyalität"
Nach der zweiten Studie habe die Zeugin nicht mehr mitarbeiten wollen. "Bis dahin habe ich aus einer naiven Loyalität mitgemacht. Ich hatte von Anfang an ein schlechtes Gewissen und wusste ja, dass das nicht in Ordnung war"
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Karmasin macht Notizen
Während der Zeugenaussage macht sich Karmasin Notizen.
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Zweite Zeugin: Beamtin aus dem Sportministerium
Die zweite Zeugin am heutigen Prozesstag ist eine Beamtin aus dem Sportministerium. "Ich wurde von meinem Vorgesetzten (dem Zweitangeklagten im heutigen Prozess, Anm.) beauftragt, Vergleichsangebote für eine Studie einzuholen."
Sie habe die Angebotseinladungen an diejenigen verschickt, die schon bei vorherigen Studien Angebote gelegt haben, berichtet die Zeugin. Die Frage des Richters, ob es Thema war, noch weitere anzufragen, verneint sie.
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Dritter Zeuge
Als dritter Zeuge wird heute ein ehemaliger Beamter aus dem Sportministerium gehört. Davor wird aber eine kurze Pause eingelegt.
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Kampagne mit Karmasins Studie untermauert
Eine Kampagne des Ministeriums sollte mit einer Studie untermauert werden, berichtet der dritte Zeuge. "Diese Art der Befragung war für uns interessant."
Nur einen Tag nach der Konzeptpräsentation habe man Karmasin die fixe Zusage mitgeteilt.
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"Einzigartige Befragung"
Es mussten, so der Zeuge, Vergleichsangebote eingeholt werden. "Was allerdings recht schwierig war, weil die Art der Befragung die sie wollten und Karmasin angeboten hatte, so einzigartig war". Der Vorgesetzte des Zeugen, der Zweitangeklagte, habe ihm den Kontakt zu Beinschab gegeben, die Vergleichsangebote stellen sollte. -
Angebote verglichen
Der Zeuge hat die Angebote dann auch verglichen. "Augenfällig war, dass der Preis von Beinschab günstiger war als der von Karmasin. Aber ich gehe nicht nach dem Billigstbieter-Prinzip", sagt der Zeuge.
Der angeklagte Vorgesetzte soll dazu gesagt haben: "Wenns billiger ist, ist es die Beinschab."
Die Frage des Richters, ob es möglich gewesen wäre, ein anderes Angebot anzunehmen, bejaht der Zeuge.
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WhatsApp-Nachrichten verlesen
Der Richter liest "WhatsApp"-Nachrichten zwischen Karmasin und dem Sektionschef des Sportministeriums vor. "Meinungsforschung hat gerade wenig Nachfrage" - "Da finden wir eine Lösung" - "Echt? Du bist und bleibst spitze"
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Zwei-Tage-Frist
Vor Gericht wird derzeit versucht zu ergründen, warum die Frist für andere Angebote nur zwei Tage war.
"Ich würde keine zwei-Tage-Frist geben", sagt der Zeuge.
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Zeuge hat keine Bevorzugung von Karmasin wahrgenommen
Der Anwalt des zweitangeklagten Abteilungsleiters im Sportministerium fragt den Zeugen: "Haben Sie eine Bevorzugung von Karmasin durch meinen Mandanten wahrgenommen?" Zeuge: "Nein."
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Beinschab-Befragung kurzfristig verschoben
Die für heute anberaumte Befragung von Kronzeugin Sabine Beinschab wurde aus Zeitgründen verschoben. "Sonst sitzen wir bis Mitternacht da", sagt der Richter.
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Vierter Zeuge: Sektionschef Philipp Trattner
Laut Trattner soll Karmasin Kontakt mit dem Ministerium aufgenommen haben und um einen Termin gebeten haben. In einem Gespräch mit Trattner soll sie ihre Arbeit vorgesetellt und gefragt haben, ob Interesse bestehe. "Die Methode war interessant. Und wir hatten ein großes Projekt in Aufbau", sagt Trattner. Weitere Treffen folgten, Trattner selbst sei nicht mehr dabei gewesen. "Es gibt die interne Regelung, dass Vergleichsangebote eingeholt werden müssen. Danach landet das Ganze noch einmal in der Fachabteilung", sagt Trattner. Die Regelung gelte bei Aufträgen ab 5.000 Euro. -
Wer hat die Entscheidung getroffen?
Norbert Wess, der Anwalt von Karmasin, stellte dem Sektionschef die Frage: "Wer hat die Entscheidung getroffen, dass Karmasin die erste Studie durchführen soll?" Trattners Antwort: "Das kann ich Ihnen nicht sagen"
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Kopfschütteln
Karmasin macht sich Notizen zu den Aussagen des Sektionschefs. Manchmal schüttelt sie den Kopf, bläst Luft aus.
Der Sektionschef scheint langsam genervt von den Fragen des Anwaltes. "Soll ich Ihnen alle meine Abendessen aufzählen?", sagt Trattner.
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Karmasin schwer belastet
Der Sektionschef belastete Karmasin bei der Befragung insofern massiv, als er Karmasins Darstellung, wonach von vornherein klar gewesen sei, dass sie Studien-Aufträge bekommen würde, deutlich zurückwies.
Karmasin hatte beim Prozess-Auftakt am Dienstag erklärt, sie habe vom Ministerium jeweils per Direktvergabe den Auftrag bekommen, mehrere Studien durchzuführen. Aus "Formalitätsgründen" habe das Ministerium nachträglich Vergleichsangebote einholen wollen, und nur deshalb habe Karmasin nach scheinbaren Konkurrentinnen gesucht, die ebenfalls ein Angebot stellen könnten. Dem widersprach nun der als Zeuge geladene Sektionschef im Sportministerium deutlich. "Ihr ist nie mitgeteilt worden, dass sie den Auftrag bekommen wird", sagte der Sektionschef. Auch könne er sich "an nichts Gesagtes" erinnern, das so verstanden werden hätte können. "Ich habe ihr nichts versprochen", betonte der Beamte.
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