Impfbetrug im Austria Center: Sicherheitslücke seit Mai bekannt
Der Impfbetrug im Wiener Austria Center zieht weit größere Kreise als vermutet. Der dieser Tage bekannt gewordene Fall ist nicht der erste dieser Art. Die Polizei ermittelt bereits seit Mai gegen vier weitere Mitarbeiter des Arbeiter-Samariter-Bundes wegen schweren Betrugs, Urkundenfälschung und betrügerischem Datenverarbeitungsmissbrauchs.
Drei Administratorinnen der Impfstraße im Alter zwischen 19 und 21 Jahren sowie ein Mann (24) sollen Impfpässe an sich genommen und weitergegeben oder verkauft haben. Auch die illegale Weitergabe an Familienangehörige steht im Raum.
Obwohl dadurch schwere Mängel bei den Modalitäten in der Impfstraße ans Tageslicht kamen, soll sich der Fall nun wiederholt haben. Vermutlich gegen Bezahlung wurden Impfnachweise an Personen ausgestellt, die gar keine Impfung erhalten haben.
Der Wiener Strafverteidiger Nikolaus Rast vertritt ein junges Pärchen, welches bereits im Frühjahr ins Visier der Ermittler geraten ist. Am 26. Mai wurde die Polizei in die Impfstraße ins Austria Center gerufen. Die Anzeige der verantwortlichen Manager lautete, dass Mitarbeiter gefälschte Impfpässe unter der Hand verkauften. Wie die Ermittlungen seither ergaben, gab es nur mangelnde Sicherheitsvorkehrungen und die Administratoren in der Impfstraße hatten leichtes Spiel.
Freier Zugang zu Blanko-Impfpässen
Der 24-jährige Beschuldigte und andere Mitarbeiter hatten freien Zugang zu Blanko-Impfpässen. „Dies ist nichts ungewöhnliches. Auf meinem Arbeitsplatz war immer ein großer Stapel Blanko-Impfpässe, da es ja meine Aufgabe war, diese an Geimpfte auszustellen. Diese waren nicht abgezählt“, heißt es in der Einvernahme einer Beschuldigten.
So sollen an die 20 Impfpässe abgestempelt und mit der Chargennummer des Impfstoffes versehen aus dem Austria Center verschwunden sein. Die 21-jährige Beschuldigte gibt an, dass sie kalte Füße bekam und die Pässe am Weg zur U-Bahn in einen Mistkübel warf. Die Ermittlungen dazu sind noch nicht abgeschlossen.
Der 24-jährige Administrator soll außerdem sich selbst und eine Mitarbeiterin betrügerischerweise als geimpft ins Computersystem eingetragen haben – allerdings mit einem groben Fehler. Die Frau wurde am 25. Mai um 12.40 Uhr mit dem Erststich und gleichzeitig auch mit der zweiten Impfdosis registriert. Ein sehr auffälliger Fauxpas.
„In Wahrheit zeigt dieser Fall eine ziemliche Sicherheitslücke. Da sind solche Missstände bei der Abwicklung seit Mai bekannt und trotzdem kommt es wieder zu einem Impfbetrug. Wie geht das?“, meint Rast. Der Anwalt spricht von einem peinlichen Kontrollversagen.
Impfzertifikat selbst ausgestellt
Wie diese Woche bekannt wurde, soll sich eine Impfmanagerin des Austria Center im Dezember selbst ein Impfzertifikat ausgestellt haben. „Sie war eine Corona-bedingt angestellte Mitarbeiterin, die befristet war. Aufgrund unserer rechtlichen Möglichkeiten, verlängern wir nur mehr Personen, die auch geimpft sind. Ihre Befristung war kurz vor Ablauf und es ist anzunehmen, dass sie deshalb die Eintragung in den Impfpass und ins System gefälscht hat. Wir haben besagte Dame umgehend fristlos entlassen und Anzeige erstattet“, erklärt Stefanie Kurzweil, Sprecherin des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB).
Auch ein Einsatzleiter wurde gekündigt, er erstattete Selbstanzeige. Er soll eine Art Beihilfe geleistet haben. Die Ermittlungen in dem seit Mai bekannten Fall haben ein weiteres Sicherheitsleck zu Tage gebracht. Eigentlich sind diverse Arbeitsbereiche abseits der Impfkojen im Austria Center videoüberwacht. Zum Zeitpunkt der bekannten Vorfälle existieren allerdings keine Aufzeichnungen.
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